Shadow 11

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Ich fühlte mich, als schwebte ich in einer schwarzen, öligen Flüssigkeit, die mir jegliche Sinne und jeglichen Wunsch, diese wiederzuerlangen raubte. Gelegentlich gelang es mir, an eine Art Oberfläche zu stoßen, durch die ich stark verzerrt erkennen konnte, dass ich nicht allein war, einmal hörte ich sogar gedämpfte Schreie, aber ich versank jedes Mal aufs Neue, wenn das Bild an Schärfe zuzunehmen begann.

Als ich erwachte, war ich so schwach, dass ich es lange Zeit nicht einmal schaffte, die Augen zu öffnen, geschweige denn irgendein anderes meiner Körperteile zu bewegen. Nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte ich es dann, meinen Kopf zu drehen und mich umzusehen. Ich lag in einem Zimmer, das ganz nach meinem Schlafzimmer aussah. Draußen war es dunkel und meine Vorhänge waren zugezogen. Erst als ich unter meiner Decke hervorkroch bemerkte ich, dass ich nackt war. Ich hatte noch nie nackt geschlafen. Was war denn bloß mit mir passiert?

Ich brauchte ziemlich lange, um mich in einen Bademantel zu wickeln und mich in die Küche zu schleppen. Die Kopfschmerzen begannen, als das Telefon klingelte. Ich musste unbedingt den Klingelton wechseln, das schrille Gepiepse war ja nicht auszuhalten.

Ich ließ das Telefon zu Ende klingeln, dann öffnete ich meinen Kühlschrank und nahm mir den erstbesten Joghurt, den ich zu fassen bekam. Ich öffnete ihn und wollte ihn grade im wahrsten Sinne des Wortes verschlingen, als mir der grünliche Pelz auffiel, der ihn überzog. Angewidert warf ich ihn in den Müll. Bei näherer Inspektion meines Kühlschrankinhalts musste ich dann gezwungenermaßen fast alle Lebensmittel wegschmeißen. Verdammt, ich brauchte dringend Energie, ich war schon öfters wegen Unterzuckerung umgekippt und konnte die Symptome schon viel zu stark spüren. Zum Glück fand ich noch eine halb volle Packung Müsli-Riegel, eine Packung Cracker und einige Stücke Würfelkandis, die ich verputzte. Danach ging es mir ein wenig besser und ich schlurfte ins Bad um mir ein heißes Bad einzulassen.

Während sich die Wanne füllte, ging ich zum Telefon und sah nach, wer angerufen hatte. Da ich die Nummer nicht kannte, drückte ich die Rückruf-Taste und rieb mir überrascht übers Gesicht, als sich die Sekretärin meiner Schule am anderen Ende meldete.

"Ähm, hallo. Sie hatten vorhin versucht mich zu erreichen ... ?", fragte ich sie. Meine Stimme klang ungewohnt rau und ich räusperte mich.

"Skylar? Sind Sie das?"

"Äh, ja."

"Wo sind Sie die ganze letzte Zeit geblieben? Sie waren nicht in der Schule, ich bin froh, dass ich Sie erreiche, ich habe schon überlegt, mich an das zuständige Jugendamt zu wenden, aber da Sie ja nun schon eine Weile lang nicht mehr minderjährig sind, wusste ich nicht, ob das was bringen würde."

"Ich ... ich bin ziemlich krank, mir geht es wirklich nicht gut und ich denke, dass es noch etwas dauern wird, bis ich wieder gesund werde. Ich werde also vorerst nicht zur Schule kommen."

"Dann besorgen Sie sich aber bitte ein Attest vom Arzt und schicken Sie wenigstens eine Kopie davon an die Schule. Immerhin fehlen Sie ja jetzt schon seit über einem Monat. Wie dem auch sei, gute Besserung."

Und damit hatte sie aufgelegt. Ich starrte das Telefon und das Datum, was es anzeigte an. Der letzte Schultag, an den ich mich erinnern konnte, war zwei Tage vor meinem Geburtstag gewesen. Und der war laut meinem Telefon 6 Wochen her. 6 verdammte Wochen und ich konnte mich an fast nichts aus dieser Zeit erinnern. Nur an höllische Schmerzen und verzerrte Bilder in grellen Farben. Der Versuch mich zu erinnern, verursachte stechende Kopfschmerzen und ich schob die Bilder beiseite. Langsam schlürfte ich zu meiner Wanne und ließ mich mit einem erleichterten Stöhnen in das eigentlich etwas zu heiße Wasser gleiten. Ich hatte das Gefühl, dass jeder Muskel meines Körpers von der Anstrengung schmerzte und schloss daher seufzend die Augen, als ich mich zu entspannen begann.

Ich hatte nicht bemerkt, dass ich eingeschlafen war, aber aufwachen tat ich, als das Wasser schon eiskalt war. Schnell stieg ich aus der Wanne, rubbelte meinen zitternden Körper trocken und zog mir etwas an. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es 3 Uhr Nachmittags war, also schnappte ich mir mein Portemonnaie und ging erst einmal einkaufen. Als ich dann eine Stunde später mit drei riesigen Tüten voller Lebensmittel zurückkam, war es für die Frage, ob es tatsächlich so gut gewesen war, mit leerem Magen einkaufen zu gehen, schon zu spät, also verstaute ich schnell die Sachen und fing an, mir etwas zu kochen. Bei dem Geruch von frisch zubereitetem Essen wurde mir ziemlich schwindelig, aber ich schaffte es bei Bewusstsein zu bleiben und alles, was ich gekocht hatte mit einem Mordshunger zu verschlingen.

Plötzlich überfiel mich eine Müdigkeit, wie ich sie noch nie zuvor gekannt hatte und nachdem ich noch bei meinem Arzt anrief, um einen Termin für morgen nachmittag zu vereinbaren, schlürfte ich ins Bett und war schon eingeschlafen, als ich gerade mal das Kissen mit meinem Kopf berührte.

Am nächsten Tag wurde ich circa zwei Stunden vor meinem Arzttermin wach. Ich aß, machte mich fertig, schnappte mir meine Sachen und fuhr zu seiner Praxis. Bis auf eine leichte Unterernährung und Dehydrierung konnte er nichts feststellen, er schrieb mich dennoch, nachdem ich in seiner Gegenwart das Bewusstsein verlor für eine weitere Woche krank, verordnete mir strikte Ruhe, viel Esse und  rief mir ein Taxi, das mich nach Hause brachte. Dort angekommen konnte ich nur noch ein Glas Saft trinken, bevor ich wieder so müde wurde, dass ich es nicht einmal schaffte, meine Klamotten auszuziehen, bevor ich ins Bett fiel. 



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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 07, 2016 ⏰

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