Shadow 6

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Ich wachte langsam wieder auf, die Kopfschmerzen pochten immer noch hinter meiner Stirn. Der kleine Drache saß vor mir und stupste mich mit seiner Nasenspitze an. Mir huschte ein angestrengtes Lächeln über das Gesicht. Ich schlug die Decke zurück und sofort wurde mir eiskalt, erst jetzt bemerkte ich, dass ich meine Klamotten komplett nassgeschwitzt hatte. Ich wollte mich aufsetzen und mir neue Kleidung holen, doch ein Schwindelanfall kam mir dazwischen.

Ich bemerkte nicht, dass der kleine Drache aus meinem Zimmer flog, aber nach ungefähr einer Minute kam Shadow in mein Zimmer gestürzt. Er hob mich hoch und trug mich aus meinem Raum. Ich hatte die Augen geschlossen und drückte mich soweit es ging an ihn, denn ich zitterte und fror wie verrückt. Schließlich hielten wir an und er setzte mich auf irgendetwas warmes und glattes. Ich hörte Wasser rauschen, aber ich interessierte mich mehr dafür, die verschwitzten Sachen loszuwerden, die waren verdammt ekelhaft. Meine Arme fühlten sich jedoch allmählich taub an und ich war froh, als Shadow mir half.

Dann hob er mich wieder an und setzte sich mit mir in eine Badewanne oder etwas ähnliches, ich spürte nur, dass mich eine Menge warmes Wasser umgab. Ich rollte mich an Shadows Brust zusammen und versuchte, die Kopfschmerzen zu ignorieren, aber sie wurden immer stärker und ich fing wieder an zu weinen. Er umarmte mich schützend und streichelte über meinen Rücken, aber es half alles nichts, irgendwann pochten sie so stark, dass ich regelmäßig ein Wimmern unterdrücken musste. Anstelle des Wimmerns zuckte ich nur zusammen.

"Alles in Ordnung?", fragte mich Shadow besorgt und ich schüttelte den Kopf, was ein großer Fehler war, denn dadurch wurden die Schmerzen nur noch mehr verstärkt und ein Wimmern kam nun doch über meine Lippen. Er löste eine Hand von mir und ich hörte, wie irgendetwas ins Wasser fiel und es ein wenig zischte. Dann lehnte er seinen Kopf vorsichtig an meinen.

"Alles wird gut", flüsterte er. "Schlaf jetzt"

Und ich spürte, wie ich langsam wieder in Dunkelheit versank.

Stups. Ich wischte mit meiner Hand über mein Gesicht. Stups. Ich stöhnte genervt und drehte mich um. Stups. Stups. Stups. Ich grummelte und schlug die Augen auf. Auf meiner Schulter saß der Drache. Stups.


"Ich bin ja schon wach", murmelte ich. Verschlafen blinzelte ich. Ich lag in einem weichen, gut riechendem und warmen Bett, den Raum erfüllte ein blaues Glimmen. Ich versuchte mich zu erinnern, wie ich hier hergekommen war, aber ich konnte es nicht. Ich erinnerte mich nur an Schmerzen, Schweiß und noch mehr Schmerzen. Ich fasste mir an den Kopf. Sie waren weg. Mir war auch nicht mehr überl oder schwindelig, mir ging es wieder einigermaßen gut. Ich atmete erleichtert aus. Doch dann sah ich in der Ecke gegenüber vom Bett einen Schatten stehen, der dort nicht hingehörte und ich schrie auf.

"Hey, nicht erschrecken, ich bins doch nur", sagte Shadow und trat an das Bett. "Geht es dir besser?", fragte er mich und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich nickte und er lächelte sichtlich erleichtert.

"Wo bin ich hier?", fragte ich ihn.

"Du liegst in meinem Bett." Ich starrte ihn verwirrt an.

"Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber während du am Sonntag geschlafen hast, hast du dich mitsamt deinem Haus in meine Welt gebracht. Du warst so krank die letzte Zeit, weil der Wechsel von einer Welt in die Andere viel zu überraschend für deinen Körper kam und ohne jegliche Vorbereitung. Menschliche Körper sind nicht sehr stark und es ist schon fast ein Wunder gewesen, dass die Medizin endlich angeschlagen hat."

"Oh...", konnte ich daraufhin nur erwidern. Ich war also nicht mehr zuhause ich war bei Shadow, in seiner Welt. "Dein Schlafzimmer ist ... wunderschön"

"Danke", grinste er, bevor seine Miene wieder ernst wurde. "Ich bin froh, dass du wieder gesund bist, Skylar."

"Ich auch", flüsterte ich. Dann fiel mir etwas ein. "Wo ist mein Block? Ich habe etwas gezeichnet und es ist nicht real geworden, glaube ich zumindest" Er nahm meinen Block vom Nachttisch und reichte ihn mir. Ich blätterte schnell zu dem Bild von dem Mädchen hin und es war tatsächlich noch da.

"Warum ist sie nicht real geworden?", fragte ich ihn.

"Nun ich denke mal, weil sie in dieser Welt schon existiert. Alles, was du zeichnest, kommt aus dieser Welt, wenn du aber nun hier bist, ist sie ja auch schon hier und deswegen bleibt sie auf Papier."

Ich wollte grade antworten, da flog die Tür auf und ein weiterer Gargoyle, der in meinem Alter zu sein schien, kam hereingerannt.

"Shadow, Shadow, komm schnell, ich habe es endlich fertig, das musst du dir ansehen"

"Nicht jetzt, Kleiner, ok? Ich habe hier zu tun."

"Ach komm schon, bitte, bitte, bitte, es dauert auch nicht lange, versprochen."

Shadow seufzte ergeben und angesichts des begeisterten Lächelns, das über das Gesicht des Gargoyles huschte, konnte ich mein Lachen nicht länger zurückhalten. Erst jetzt schien er mich zu bemerken und sah mich mit großen Augen an.

"Ist sie deine neue Ehefrau?", fragte er Shadow aufgeregt. Das brachte mich noch mehr zum Lachen. Shadow stand auf und tätschelte den Kopf des Gargoyles.

"Nein ist sie nicht, das ist Skylar, sie wird unser Gast sein. Und du bist nett zu ihr, verstanden? Keine Streiche und Fallen, so wie letztes Mal." Er sah etwas enttäuscht aus, aber dann nickte er eifrig und hielt mir eine Hand hin.

"Du musst auch mitkommen und es dir ansehen", sagte er noch begeisterter, als er mir aus dem Bett half. Shadow hatte mir eine gemütliche Hose und einen riesigen Hoodie angezogen, der mir fast bis zu den Knien reichte. Ich war noch etwas wackelig auf den Beinen, aber der Gargoyle stüzte mich ein wenig und wir gingen langsam aus dem Raum. Die Flure sahen ähnlich aus, wie Shadows Schlafzimmer, aber die Tür vor der wir stoppten leuchtete grün und nicht blau. Das Grinsen auf dem Gesicht des Gargoyles wurde riesig, als er die Tür aufstieß und wir sehen konnten, was er uns zeigen wollte. Ich riss die Augen auf.

Denn das, was ich sah, war mit Abstand das Schönste, das ich je gesehen hatte.

ShadowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt