Kapitel 9

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Wir liefen also in den Wald und tollten herum wie kleine Welpen. Es fühlte sich schön an so mit meinen Freunden zu spielen. Da ich die schnellste von uns war, konnte ich die beiden beim laufen mühelos umrunden und von allen Seiten anstoßen, sodass sie es schwer hatten, normal zu laufen. Wir lachten und hatten Spaß wie schon lange nicht mehr. Zwischendurch blieben wir am Fluss stehen um etwas zu trinken. Ich wollte mir einen Spaß gönnen und Jac rein schupsen aber dann dachte ich an mein nächtliches Abenteuer und ließ es bleiben. Als wir außer Atem waren, legten wir uns auf eine kleine Lichtung und schauten in den Himmel. Vergnügt schaute ich Jac und Chiara an. Sie lagen dicht an dicht nebeneinander und tuschelten. Ich ließ meinen Blick weiter über die Lichtung schweifen und der Anblick, der sich mir bot, war atemberaubend.

Die Wiese und die Blumen leuchteten in der warmen mittags Sonne. Ein Schmetterling flog über ein paar Gänseblümchen. Und in all diesem wunderschönem Zauber lagen ich und meine Freunde. Wir schienen ein Teil dieses Zaubers zu sein und ich wünschte mir, dass dieser für immer anhalten würde.

Ich stand auf und ging die paar Schritte zu meinen Freunden rüber. "Ist es nicht wunderschön hier?", fragte ich die beiden und legte mich genauso dicht an Chiara wie Jac. Sie sahen sich kurz um und nickten dann nahezu gleichzeitig. "Es ist ein sehr schöner Ort. Nur schade, das wir bald wieder zurück zum Lager müssen.", sagte Jacopo. Ich brummte zustimmend und legte meinen Kopf auf Chiara's Rücken ab. "Am liebsten würde ich für immer hier bleiben. Hier auf dieser wunderschönen Wiese mit meinen zwei besten Freunden", sprach Chiara meine Gadenken laut aus. Wir alle drei seufzten gleichzeitig und dann war wieder alles still. Die Sonne erreichte ihren Zenit und wir beschlossen, dass es an der Zeit war nach Hause zu laufen.

Wir rannten wieder durch den Wald, waren aber wehmütig Diesen schönen Ort verlassen zu haben. Wir tollten nicht herum und sprachen auch nicht, während wir nach Hause liefen. Es dauerte noch eine Weile, bis wir zu Hause waren. Wir waren anscheinend auf dem Hinweg ziemlich weit gelaufen.

Als wir die Lichtung erreichten, war die Sonne schon auf halben weg nach unten. Ich erzitterte bei dem Gedanken, dass dies das letzte mal sein konnte, dass ich dies tat. Wenn Shane Blake und Coal nicht akzeptierte und sie weg schickte, war es gut möglich, dass er das selbe mit mir tat. Ich schüttelte den Kopf um diesen Gedanken zu verscheuchen. Ich konnte jetzt nicht daran denken. Ich sprang auf meinen Felsen, wobei sich Jacopo und Chiara wie immer daneben legten.

Wie ich zu meinem Platz auf dem Felsen gekommen bin ist eine lustige Geschichte. Als wir noch ganz kleine Welpen waren und uns dieser Platz zugeteilt wurde haben wir alle drei versucht auf den Felsen zu springen. Aber wir waren zu klein gewesen. Also hatten wir uns geschworen, dass derjenige von uns, der es als erstes schaffen würde auf diesen Felsen zu springen auf ewig auf ihm liegen durfte.

Ich fing an zu über legen, wie ich aus dem Lager raus kommen könnte, ohne das mir jemand folgte. Denn wenn mir jemand folgen würde, würde er mich von meinem Vorhaben abbringen. Wie gesagt durfte ich nicht einmal Jacopo und Chiara davon erzählen. Ich könnte mich versuchen weg zu schleichen. Aber wenn mich jemand dabei erwischte, dann würden sie alle misstrauisch werden. Ich beschloss einfach kein Geheimnis daraus zu machen und zu sagen, dass ich kurz für mich alleine sein wolle und sie dann beim Ritual treffen würde. Ich genoss die letzten Sonnenstrahlen und drehte meinen Kopf so, dass dieser in der Sonne war. Bald würde es wärmer werden und die Sonne wäre dann fast unerträglich. In dieser sehr warmen Zeit lagen wir tagsüber im Schatten und gingen erst nachts jagen oder auf Patrouille.

Es dauerte nicht lange, bis es dunkel wurde. Als es so weit war, sprang ich vom Felsen runter und sagte zu meinen Freunden: „Ich gehe etwas spazieren. Ich brauche was Zeit für mich. Wir sehen uns beim Ritual." und ging dann langsam los. Ich fühlte ihre Blicke auf meinem Rücken aber ich war mir sicher, dass sie mir nicht folgen würden. Als ich im Wald und außer Hörweite des Rudels war, rannte ich los. Ich musste mich beeilen um rechtzeitig zurück zu sein. Zumal ich nicht wusste, wie schnell Blake und Coal waren. Ich rannte immer schneller, sodass meine Pfoten kaum das sie den weichen Waldboden erreichten schon wieder in der Luft waren. Ich hatte mir glücklicherweise den Weg genau eingeprägt. So konnte ich schnell laufen und dabei musste ich noch nicht einmal an den Weg denken. Ich dachte an Shane, der mir gegenüber in letzter Zeit sehr sanft war. Ich hoffte, dass er Blake und Coal nicht verstieß sondern ihnen eine Chance gab sich ins Rudel zu integrieren. Ich hoffte, dass er mich nicht verstieß.

An der Grenze unseres Territoriums wurde ich langsamer. Hier musste ich besonders vorsichtig sein. Wenn mich jemand sah, wie ich über die Grenze ging, würde ich nicht alleine zu Blake und Coal, geschweige denn mit ihnen zum Neumondritual gehen können. Ich versteckte mich in einem Busch, bis ich mir hundert prozentig sicher war, dass niemand da war. Dann lief ich geduckt hinüber und hinter den nächsten Busch. Ich hatte lange für den Weg gebraucht. Viel länger als ich es in Erinnerung hatte. Nun hoffte ich wirklich, dass wir rechtzeitig wieder da sein würden. Ich lief wieder los. Diesmal nur nicht ganz so schnell, da ich auf fremden Gebiet wandelte. Ich ging zu der Stelle zurück, an der ich die beiden fremden Wölfe zurück gelassen hatte. Ich konnte sie nicht sehen. "Blake? Coal? Ich bins Zeyna. Wo seid ihr?", fragte ich leise. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass jemand anderes, vielleicht feindlich gesinntes mich hörte. Ich blickte mich um konnte jedoch nichts anderes als den dunklen Umrissen des Waldes erkennen. Plötzlich war hinter mir das knacken eines zebrechenden Zweiges zu hören. Blitzschnell drehte ich mich um doch es war nichts zu sehen. Ich schaute noch genauer hin. Wenn es doch nur nicht so dunkel wäre. Eine dunkle Silhouette löste sich aus dem Wald. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ein leises Knurren breitete sich in meiner Kehle aus.

Zeyna - die Geschichte einer Wölfin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt