Kapitel 11

290 30 4
                                    

"Wie konntest du nur Zeyna?", fragte Shane mich leicht angewidert. Ich schaute ihn geschockt an. Ich hatte mit allem gerechnet. Er hätte mich sofort von der Lichtung jagen können. Er hätte uns den Befehl geben können die beiden zu töten. Er hätte Freude strahlend die beiden aufnehmen können. Aber das? Nein damit hatte ich echt nicht gerechnet.
"Wie... Wie meinst du das?", fragte ich ihn. "Wie konntest du nur diese beiden Wölfe herbringen?", fragte er mich so leise, dass keiner außer mir es hören konnte. Blake und Coal hatten uns mittlerweile erreicht. Sie senkten den Kopf noch ein wenig mehr. "Hallo mein Name ist Blake. Und das ist mein Bruder Coal. Wir erbitten höflichst um eine Unterkunft und eine Möglichkeit uns dem Rudel anzuschließen.", seine Stimme war sehr demütig. Shane sah die beiden Hasserfüllt an. Ich ahnte schon, dass dies nicht gut enden würde. "Tretet zurück ich muss mit Zeyna sprechen, ohne das es jemand hört.", sprach er und seine Stimme klang so kühl und distanziert. So klang er immer, wenn er richtig wütend war. Blake und Coal sahen sich kurz verwirrt an. Dann nickte Blake zustimmend und die beiden traten wieder einige Schritte zurück.

Shane wartete, bis die beiden wirklich außer Hörweite waren. Er sah mich eindringlich an. "Was in aller Welt meinst du hat dich befugt, die beiden hierher zu bringen?", fuhr er mich sehr leise an. Ich sah ihn nur mit schräg gelegtem Kopf an. Was genau musste passiert sein, dass Shane die beiden Wölfe schon hasste, bevor er sie überhaupt kannte? "Ich erwarte eine Antwort von dir Zeyna!", flüsterte er bestimmt. Ich überlegte kurz, wie ich es am besten ausdrücken sollte. "Ich habe diese Wölfe gefunden. Sie haben kein Zuhause, kein Rudel dem sie angehören können. Sie hätten mich problemlos töten können. Doch das haben sie nicht getan. Sie hätten dafür sorgen können, dass wir hier heute gar nicht mit einander sprechen können, da sie mich auch heute hätten töten können. Sie bewegen sich so lautlos, dass ich sie nicht hören kann, selbst wenn sie hinter mir stehen. Sie sind schnell und klug. Sie baten mich um eine Möglichkeit sich uns anschließen zu können und ich wollte ihnen diese Möglichkeit sich zu beweisen gewähren.", schloss ich meine Rede. Shane sah mich abschätzend an.

"Das erklärt allerdings nicht, was dich dazu befugt haben soll sie hierher zu bringen. Das erklärt nur, weshalb du sie her gebracht hast.", sagte er scharf zu mir. "Was denkst du hat dich dazu befugt Zeyna?", fragte er erneut. "Lunea. Lunea hat mich dazu befugt. Es ist Neumondritual und Lunea sagt, dass wir in dieser Nacht dem Fremden gegenüber aufgeschlossen sein sollen. Egal ob wir Angst davor haben oder es nicht mögen. Shane bei allem Respekt. Du kennst die beiden nicht und hasst sie dennoch. Warum hasst du die beiden so sehr?", hakte ich nach. Diesmal sah ich ihn abschätzig an. Er zog die Nase kraus. "Du hast recht ich sollte sie zumindest anhören.", gab er mir nur als Antwort. Ich kniff die Augen zusammen. "Warum antwortest du nicht auf meine Frage Shane?", brachte ich heraus, während ich ihn weiter fixierte. Bei meiner Frage wurde sein Gesicht dunkel vor Trauer. "Weil es zu schmerzhaft ist.", sagt er so leise, dass ich es beinahe nicht gehört hätte. Ich trat einen Schritt auf ihn zu. In wollte ihn trösten. So traurig hatte ich ihn lange nicht mehr gesehen.

Shanes Gesicht hellte sich plötzlich wieder auf. "Tretet näher ich höre euch an.", sagte er laut und deutlich. Blak und Coal kamen mit gesenkten Köpfen wieder auf Shane und mich zu. Ich stand neben Shane und blickte sie aufmunternd an. "Hallo. Mein Name ist Blake und das ist mein Bruder Coal. Wir erbitten höflichst um Unterkunft und eine Möglichkeit uns eurem Rudel anzuschließen.", wiederholte er noch einmal sein Anliegen. Shane sah erst ihn und dann mich an. "Da Zeyna eure Fürsprecherin ist, hat sie zusammen mit euch einen Monat Zeit um euch auszubilden und euch an ein Rudelleben zu gewöhnen. Ich werde eure Loyalität und euren Seelischen Befund beim nächsten Neumondritual prüfen und wenn sich herausstellen sollte, dass ihr zu uns passt, werde ich euch aufnehmen.", sagte er und mir viel ein Stein vom Herzen. Auch Blake und Coal wirkten sichtlich erleichtert. Blake machte eine tiefe Verbeugung und Coal tat es ihm nach. Shane fuhr mit fester Stimme fort. "Sollte sich allerdings herausstellen, dass ihr nur Unsinn macht und euch nicht dem Rudel und mir beugen könnt, sollten ihr euch nicht unterwerfen, wenn es an der Zeit ist. So werde ich euch töten. Ich persönlich werde diese Aufgabe dann über nehmen und euch und jeden der versucht euch zu beschützen zur Strecke bringen.". Bei seinen letzten Worten sah er mich eindringlich an. Blake und Coal sahen beide kurz geschockt zu Shane. Dann jedoch legten sie sich flach auf den Boden und unterwarfen ihm sich so. "Du wirst deine Entscheidung nicht bereuen großer Alpha. Wir werden uns integrieren und dem Rudel so gut es geht dienen.", kam es leise über Blakes Lippen. Ich wandte den Blick von meinen neuen Schützlingen ab und richtete ihn auf Shane. "Ich werde sie unterrichten und ihnen die Regeln des Rudellebens nahe bringen. Ich werde mich für ihre unwissentlich gemachten fehltaten verantworten und ich werde sie den Glauben an unsere Göttin lehren.", sagte ich mit fester Stimme zu Shane.

Shane nickte mir zu und ich ging wieder in Richtung meines Platzes. Neben Blake und Coal blieb ich kurz stehen. "Kommt mit", sagte ich zu ihnen. Sie erhoben sich, verbeugten sich noch einmal tief vor Shane und dankten ihm noch einmal. Dann folgten sie mir auf meinen Platz und stellten sich links und rechts von mir auf. Wir alle setzten uns und meine beiden Schützlinge taten es dem Rudel nach.

Shane sammelte sich kurz und fing dann die altbekannten Wörter an zu sprechen. "Nun lasst uns den Rest der Nacht in Harmonie mit Lunea, unserer großartigen Göttin, leben. Möge ihr Segen mit euch allen sein und danken wir ihr, dass sie uns zwei neue potentielle Rudelmitglieder gesandt hat. Hoffen wir, dass sie sich als wahre Freunde herausstellen und das sie die beiden auf ihrem Weg ins Rudelleben begleitet.". Mit einem weiterem gemeinschaftlichem Heulen beendeten wir das Ritual und mein Rudel ging in kleinen Gruppen von der Lichtung. Ich beschloss auf Jacopo und Chiara zu warten.

Zeyna - die Geschichte einer Wölfin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt