Kapitel 6

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Ich ging aus Shanes Bau und lief direkt in Chiara rein. Sie hatte wohl davor auf mich gewartet. "Zeyna!", rief sie aus und stockte einen Moment bevor sie fortfuhr. "Wir haben uns solche Sorgen gemacht, als du nicht wieder aufgewacht bist". Sie sah aus, als wolle sie anfangen zu heulen. "Chiara.", stieß ich leise aus," Ich hab das doch nicht mit Absicht gemacht. Ich ... Ich ... Wo ist Jacopo?". Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, deswegen fragte ich nach meinem bestem Freund. Er wusste immer, was ich sagen wollte, bevor ich es wusste. "Zeyna hörst du mir zu?", hörte ich durch meine Gedanken hindurch Chiara sagen. "Ähm ja natürlich. Was hast du gesagt?", antwortete ich ihr. Sie gluckste leise. "Ich sagte, dass Jacopo noch unterwegs ist. Er dürfte aber jeden Moment hier sein.", wiederholte sie sich. "Ah das ist gut.". Sie hatte mich anfelogen. Jacopo lag doch eben noch unter dem Felsen. Ich ging um sie herum. Dann roch ich irgendetwas fremdes an Chiara. Ich drehte meinen Kopf zu ihr und schnupperte noch einmal ausgiebig. "Du riechst irgendwie anders", sagte ich zu ihr. Sie drehte sich zu mir um und scharrte nervös im Boden. "Ähm ich weiß nicht, was du meinst.", sie klang nicht sehr glaubwürdig. Aber ich musste es so hinnehmen. Ich hatte schließlich auch meine Geheimnisse. Ich ging weiter zu unserem Felsen. Das Gras unter meinen Pfoten fühlte sich feucht an und kitzelte mich am Ballen. Chiara folgte mir bis zum Felsen und ich sprang hoch. Ober legte ich mich hin. Sie legte sich zu meiner linken Seite allerdings nicht wie üblich auf, sondern neben den Felsen. "Chiara, ich muss mein Zeitgefühl verloren haben, weil ich so lange geschlafen habe. Wann ist Neumond?", fragte ich an meine 'Freunde' aus dem Wald denkend. Sie sah etwas verwirrt aus dennoch antwortete sie mir Augenblicklich "Neumond ist morgen Zeyna.".

In diesem Moment stieß Jacopo zu uns. Er hatte ein Kaninchen in der Schnauze, welches er vor Chiara legte, bevor er zu mir auf den Felsen sprang. Er drückte seinen Kopf in einer freundschaftlichen Geste in meine Flanke und schob mich damit fast vom Felsen runter. "Zeyna wehe du bereitest mir noch einmal solche Sorgen. Ich schwöre dir, dann sorge ich dafür, dass du nie wieder aufwachst.", murmelte er durch mein Fell. Der Atem, der dabei mein Fell durchfur, fühlte sich sehr warm an. Er musste sehr schnell gerannt sein, damit sich seine Körpertemperatur so gesteigert hatte.

Ich schob ihn mit der Pfote von mir und sah ihm in die Augen. Seine Pupillen waren erweitert und er sah gehetzt aus. "Jacopo ist alles in Ordnung bei dir?", fragte ich besorgt. Kurz fror sein Gesicht ein. Dann blinzelte er und antwortete "Ja außer, dass ich am anderen Ende des Reviers war, als ich Shanes Ruf hörte und so schnell wie möglich versucht habe herzukommen. Sonst ist alles okay.". Er log mich also auch an. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass mir beide irgendetwas verheimlichten. Aber ich war ja nicht besser.

"Also warum bist du wirklich in den Fluss gesprungen?", fragte Jacopo mich direkt. Er hatte anscheinend nicht vergessen, dass er das von mir wissen wollte sobald ich wieder 'Wohlauf' war. Ich gerade aus, da ich nicht in ihre Augen sehen konnte, während ich sie anlog. "Ich bin in einen Brombeerstrauch gefallen und wollte mich waschen. Habe ich euch doch schon gesagt.". Dann sah ich wieder zu ihnen. Sie sahen sich an und Chiara schüttelte den Kopf. "Na gut, wenn du das sagst.", sagte Chiara schnippisch und drehte ihren Kopf weg. Anscheinend glaubte sie mir nicht. Jacopo sprang seufzend vom Felsen runter und legte sich neben Chiara. Ich hatte mir mein erstes Gespräch mit den beiden anders vorgestellt, als ich eben aus Shanes Bau getreten war. Ich seufzte ebenfalls und legte meinen Kopf auf die Pfoten.

Eine Weile lang lag ich einfach nur so da. Doch dann konnte ich nicht mehr einfach so da liegen. Ich hob zuerst meinen Kopf und dann stand ich langsam auf und streckte mich. "Ich geh jagen. Will mich einer von euch begleiten?", fragte ich während ich anmutig von unserem Felsen herunter stieg. Meine Freunde blickten müde auf und sahen sich an. "Nein wir kommen nicht mit.", sagte Jacopo seufzend und legte seinen Kopf wieder auf Chiara ab.

Also ging ich alleine los. Ich lief durch den Wald und versuchte eine Witterung von irgendeinem Wild aufzunehmen. An einem kleinem Bach trank ich etwas, um meinen Durst zu stillen. Drei Tage ohne Wasser hatten meinem Körper mindestens genauso viel abverlangt wie der Sturz in den Fluss. Nach dieser kurzen Verschnaufpause, beschloss ich wieder nach Hause zu laufen. Außerdem wurde es auch langsam dunkel und ich sollte ja noch mal bei Shane vorbei schauen.

Wieder auf der Lichtung anzukommen, ging ich geradewegs zu Shane. "Ah Zeyna ich hatte dich schon erwartet.", begrüßte er mich. Er stand fast an der hintersten Wand seines Baus. Er hatte sein Moosbett verschoben und ein zweites lag neben der Stelle, an der er stand. "Du hattest ja gesagt, dass ich heute noch mal wieder kommen soll.", antwortete ich, da ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. "Du fragst dich bestimmt, weshalb hier ein zweites Bett ist.", sagte er und trat ein paar Schritte auf mich zu. "Ja in der Tat". Ich schaute mich um. Nicht nur Zwei Moosbetten lagen in seinem Bau. In der einen Ecke lagen auch zwei halbe Kaninchen. "Was ist hier los Shane?", fragte ich verwirrt. Er kahm noch ein paar Schritte auf mich zu. Unmittelbar vor mir blieb er stehen. "Zeyna, ich will, dass du erstmal bei mir im Bau schläfst. Deine Schlafstörungen und so weiter beunruhigen mich. Ich dulde kein nein. Das ist ein Befehl.", sagte er laut und deutlich und sah mich dabei streng an.

Zeyna - die Geschichte einer Wölfin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt