Kapitel 3

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Wieder hatte ich den selben Traum. Ich lief und lief. Und wieder hörte er auf, bevor ich das fremde Geheul erreichen konnte. Langsam hatte ich echt die Schnauze voll. War es echt zu viel gelangt, dass ich mal eine Nacht in Ruhe schlafen konnte? Grimmig schaute ich hoch zum Mond. „Warum lässt du mich nicht schlafen? Was ist an diesem Traum so wichtig? Warum lässt du es mich nicht wissen?“, fragte ich den Mond und damit unsere Göttin Lunea. Natürlich kam keine Antwort. Wie denn auch. Ich rappelte mich auf die Pfoten, blickte kurz hinter mich, ob jemandem mein Erwachen aufgefallen ist. Diesmal allerdings, schlief noch alles. Ich entschloss mich, die Lichtung zu Verlassen und ein wenig über meinen Traum und seine mögliche Bedeutung nachzudenken. Außerdem wollte ich den Bach besuchen, um mein Fell vom getrocknetem Brombeersaft zu befreien. So ging ich so leise wie möglich in den Wald und trottete gemütlich in Richtung Fluss. Die Nachtluft füllte kühl meine Lungen. Das Wasser war um diese Jahreszeit schon eiskalt und es graute mich jetzt schon davor baden zu gehen. Am Fluss angekommen, ging ich so langsam wie möglich hinein. Als das Wasser meine Pfoten berührte, sog ich vor Schreck die Luft ein. Auf so eine große Kälte war ich dann doch nicht vorbereitet. Schnell zog ich meine Pfoten wieder aus dem Fluss. Ich nahm mich zusammen und versuchte mich auf die Kälte vorzubereiten. Ich ging noch einige Schritte zurück um Anlauf zunehmen. Ich zählte innerlich bis drei und lief dann los. Mit einem Sprung war ich dann im Wasser.

Meine Pfoten erreichten nicht den Boden und ich bekam Panik. Eigentlich war der Fluss nicht so tief. Verzweifelt versuchte ich gegen die Strömung an zu schwimmen, damit ich nicht zu weit weggetrieben wurde. Ein verzweifelter Laut entrang meiner Schnauze. Ich konnte mir auch nicht erklären, aus welchem Grund der Fluss auf einmal so tief war. Meine Schnauze ging unter Wasser. Meine Panik steigerte sich noch mehr und fälschlicherweise atmete ich ein. Meine Lungen füllten sich mit Wasser und alles in meinem Kopf begann sich zu drehen. Als ich wieder an die Oberfläche kam, spuckte und hustete ich. Endlich bekamen meine Pfoten einen Stein zu fassen und ich konnte mich über Wasser halten. Mit meinem gesamten Gewicht stemmte ich mich gegen die Strömung.

Das war jetzt ein echt waghalsiger Badeversuch. Mir wurde klar, dass ich echt Glück hatte und ich schaffte es mühevoll ans Ufer. Ich schüttelte mich um trocken zu werden. Ich fror unheimlich und mein ganzer Körper bibberte. Erschöpft legte ich mich an Ort und Stelle hin. Ich konnte nur ganz flach atmen, da immer noch ein wenig Wasser in meinen Lungen war. Wie sie dort so lag, musste sie wieder an ihren Traum denken. Es könnte ja sein, dass er gar keine Bedeutung hatte sondern nur zufällig seit einer so langen Zeit erschien. Wahrscheinlich hatte sie sich zu sehr da hinein gesteigert und erwachte aus Schock immer so früh.

Die Sonne weckte mich unsanft. Ich stand auf und schüttelte mich. Ich war noch schlaftrunken und bemerkte erst gar nicht, dass ich nicht im Lager war. Doch als ich es bemerkte, lief mir ein kalter Schauer den Rücken runter. Chiara und Jacopo machten sich bestimmt schon Sorgen um mich. Ich versuchte mich am Geruch des Waldes zu orientieren, da ich ja in der Nacht vom Fluss weggetrieben worden bin. Ich lief einige Schritte vom Fluss weg, um eventuell eine Fährte aufzunehmen. Als ich nichts fand, beschloss ich einfach stromaufwärts zu laufen, bis ich an meiner Ausgangsposition an gelange.

Als ich so eine Pfote vor die andere setzte, viel mir auf, dass ich, als ich das zweite mal eingeschlafen bin, gar nicht geträumt hatte. Irgendwie fühlte ich mich jetzt leer. Ich konnte mir nicht erklären warum. Ich lief nun schon eine ganze Weile und bemerkte erstaunt, dass ich sehr weit weg getrieben worden bin. „Scheint so, als wäre sie hier in den Fluss gesprungen“, vernahm ich Jacopos Stimme. Und einen Moment später sah ich ihn auch schon. Auf der anderen Flussseite. „Jac, ich bin hier“, rief ich zu ihm rüber. Neben ihm standen Chiara und Ämara. Ämara war eine Wölfin mittleren alters, allerdings noch keine Mutter. Sie war eine der wenigen, die keine allzu große Abneigung gegen mich hegte. Jacopo blickte auf und seine Mimik ging von ernst über überrascht zu erfreut. „Zeyna rief er aus und ging einige Schritte in meine Richtung. „Nicht die Strömung ist zu stark!“, rief ich ihm panisch zu, da ich wusste, dass er noch schlechter schwimmen konnte als ich.

Er blieb wie angewurzelt stehen und schaute auf den Fluss. Dann sah er wieder zu mir und fragte : „ Warum bist du dann hineingesprungen?“. Beschämt senkte ich meinen Blick auf den Boden. „Ich hab nicht darauf geachtet, bevor ich rein gesprungen bin.“. Ämara sah nun entgeistert aus. „Wann bist du überhaupt weg?“, fragte sie kühl. Ich wusste nicht, wie ich darauf antworten sollte. Als junger Wolf darf man das Lager nachts nicht verlassen, es sei denn in Begleitung eines Ausgewachsenem Wolfes. „Ähm … also ich … ich wollte baden gehen, weil ich doch gestern in den Brombeerstrauch gefallen bin und ähm … mich hat … mich hat der Geruch beim schlafen gestört und nun ja … ich hab mich dann raus geschlichen um ihn im Fluss abzuwaschen...“, sagte ich stotternd. Ich musste ihr ja nicht unbedingt von meinem Traum erzählen.

„ Zeyna das war sehr leichtsinnig von dir!“, entgegnete sie scharf, „ am besten kommst du jetzt rüber und wir gehen ins Lager. Ich nickte und ging in den Fluss hinein. Schon nach ein paar Schritten waren meine Beine ganz im Wasser und ich musste meine ganze Kraft aufwenden um mit meinen von gestern Nacht geschwächten Beinen, gegen die Strömung ankämpfen zu können. „Ich schaff das nicht“, rief ich entsetzt und ging ans Ufer zurück.

„Chiara geh und hol Shane!“, sagte Ämara. Mir viel auf, dass sie noch gar nichts zu mir gesagt hatte. Sie nickte nur und ging schweigend davon. Fragen schaute ich zu Jacopo rüber doch auch er wich nun meinem Blick aus. Wir mussten nicht lange warten, da kam Shane auch schon angerannt. Er sah irgendwie besorgt aus. „Zeyna was machst du bloß“, rief er mir rüber, bevor er in den Fluss ging und zu mir rüber schwamm. Ich konnte seine enorme Kraft nur bewundern. Bei ihm sah das so leicht aus. Auf meiner Seite angekommen, stellte er sich vor mich und blickte mir tief in die Augen. „Mach das ja nie wieder verstanden?“, sagte er so leise , dass nur ich er hören konnte. Ich nickte kaum merklich und wir gingen in Richtung Fluss. Er ging so neben mir, dass ich, wenn ich nicht gegen an schwimmen konnte, gegen ihn gestützt war. So gelangen wir auf die andere Seite. Meine Beine zitterten stark als wir aus dem Fluss raus waren. Ich drohte zusammen zu brechen, so schwach war ich. Shane dagegen war immer noch so kraftvoll wie eh und je.

Ich setzte mich hin um nicht noch wirklich ein zu sacken. Jacopo kam zu mir und leckte aufmunternd meine Schnauze. „Würdet ihr mich mit Zeyna allein lassen“, sagte Shane kalt und blickte Ämara und Jacopo dabei streng an. Die beiden nickten und drehten sich wortlos um. Als beide außer hör weite waren, drehte er sich zu mir und sah wieder für sorglich aus. Er kam auf mich zu und rieb seinen Kopf an meinem. „Wie konntest du mir nur so Sorgen bereiten? Weißt du nicht, was du damit anrichtest?“, er klang fast trostlos dabei. Geschockt blieb mir nichts anderes übrig als stocksteif dazusitzen.

Ich hatte noch nie gesehen, dass Shane so eingebrochen war. Nicht einmal bei seiner Tochter. „Geht es dir gut?“, fragte er und setzte sich vor mich. „Ja soweit schon“, sagte ich mit einem zögerlichem Lächeln. „Das freut mich“, sagte er und sein Blick wurde sehr ernst. „So und jetzt kommen wir zur Standpauke.“, sagte er, „Junges Fräulein wenn du es noch einmal wagst Nachts aus dem Lager zu gehen ohne irgendeine Begleitung, dann darfst du einen Mondzyklus lang alten Dienst machen. Weißt du, was hätte passieren können?Du hättest bei dieser Strömung ertrinken können. Oder du hättest auf dem Weg hierhin zurück einem feindlichem Wolf begegnen können. Ich will mir gar nicht vorstellen, was dann passiert wäre! Ich hätte es nicht ...“. Mit diesen Worten hörte er auf zu reden und stand auf. „Kommst du hoch?“, fragte er. Ich sammelte all meine Kraft und stemmte mich auf meine Pfoten. „Gut. Heute wirst du im Lager bleiben und darüber nachdenken, was du falsch gemacht hast!“, seine Stimme klang nun wieder so kalt.

Als würde ihm erst jetzt klar, dass er noch immer nass war, schüttelte er das Wasser aus seinem Fell. Ich tat es ihm nach und schwankte danach wieder auf meinen Pfoten. Langsam gingen wir in Richtung Lager und mit jedem Schritt merkte ich, wie Shane sich immer mehr anspannte. Ich hoffte dass nicht das ganze Rudel in Aufruhr wegen mir gebracht worden war. Als wir dann im Lager waren, ging Shane voran und beachtete mich keines Blickes mehr. Alle starrten mich an. Sie sahen sehr wütend aus. Mit gesenktem Kopf ging ich rüber zu meinem Felsen und legte mich darunter. Jacopo und Chiara lagen schon da. „War er sehr streng mit dir?“, fragte Jacopo zaghaft. Ich zuckte mit den Schultern, da ich mich dazu nicht äußern wollte. Er und Chiara legten sich eng an mich und versuchten mir so Trost zu spenden. „Jetzt ruhe dich erst mal aus und dann kannst du uns sagen, weshalb du wirklich aus dem Lager raus bist“, sagte Jacopo Verständnisvoll.



Zeyna - die Geschichte einer Wölfin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt