Good boy

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Es war ein nebeliger Morgen, als George sich in seiner Drachengestalt in Richtung Stadt bewegte. Die Luft war angenehm kalt, was er durch seine blaue Schuppen allerdings nicht wirklich wahrnahm. Einige Tiere erwachten durch das Geräusch der gleichmäßig schlagenden Flügel, jedoch hatte etwas anderes die Aufmerksamkeit des jungen Drachenwandlers geweckt.

Ein Mann, gekleidet in einem grünen Gewand und mit mehreren Waffen ausgestattet, streifte unter ihm durch den Wald. Nach näherem Betrachten bemerkte George, dass der Mann eine Schusswaffe auf ihn gerichtet hatte und nur auf den perfekten Moment wartete, um diese abzufeuern.

Wäre der blaue Drache nun in seiner Menschengestalt, hätte er vermutlich gelacht. Er ist schon oft Jägern entkommen ohne einen Kratzer ab zu bekommen. Doch etwas an dem Jungen faszinierte ihn, weswegen er ihn einfach nur anstarrte, statt zu fliehen.

Was war nur an ihm?
War es sein selbstbewusstes Auftreten?
Oder sein interessantes, an die Umgebung angepasstes Aussehen?

George wusste es nicht. Aber er wusste, wenn er jetzt gehen würde, würde er es bereuen. Also bewegte er sich stattdessen langsam in Richtung Boden, in dem Wissen, dass der Jäger jede seiner Bewegungen genaustens beobachtete.

Nachdem er gelandet war, bewegte der Drache sich nicht weiter. Stattdessen analysierte er den Jungen, der in einigen Metern Entfernung stand und es ihm gleich tat.

"Ihr werdet auch immer dümmer", erklang es von dem in grün gekleideten Mann.

"Und ihr immer dreister", erwiderte George ruhig und atmete etwas Dampf aus. Er war angespannt, war darauf bedacht, dass der Jäger ihn jede Sekunde angreifen könnte.
Doch überwog die Neugier schlussendlich, weswegen er seinen Kopf leicht senkte und somit zeigte, dass er keine Gefahr darstellen würde.

Ein leises "Tsk" entkam dem Menschen, welcher ebenfalls seine Waffe senkte. "Was ist falsch mit dir? Bist du verletzt oder einfach nur gestört?"

Perplex betrachtete der Drache den Jungen.

"Bitte was?"

Ein Augenrollen war die Antwort auf diese Frage, bevor der Junge in grün seinen Mund erneut öffnete.

"Kein Wesen ist so dumm, sich einem Jäger ohne jegliche Verteidigung entgegen zu stellen. Ich könnte dich jetzt sofort umbringen, wenn ich wollen würde"

"Versuchs doch", erwiderte das Reptil stumpf, woraufhin der Mensch sich in Bewegung setzte.

Aufmerksam beobachtete George diesen, bereitete sich auf jede Art eines Angriffes vor und-

Im nächsten Moment war der Jäger aus seinem Sichtfeld verschwunden. Nur wenige Sekunden später verspürte der Drache ein Pieksen in seiner Brust, woraufhin er seinen langen Hals zu dieser bewegte.

Der grün gekleidete Junge hatte ein Schwert gegen die Brust des Wandlers gedrückt und grinste diesen siegessicher an.

"Ich hab dein Herz durchbohrt, ohne dass du reagieren konntest. Du hast mich nicht einmal gesehen. Ich gewinne, du verlierst, Drache"

Kurz darauf stand an Stelle des Drachen ein braunhaariger Junge, welcher zierlich gebaut, aber trotzdem sichtbare Muskeln hatte. Ein anerkennendes Grinsen lag auf seinen Lippen.

"Beeindruckend. Du bewegst dich schnell und lautlos. Das können die wenigsten", er drückte das Schwert mit einer einfachen Bewegung von sich, bevor er begann, den größeren in grün gekleideten Jungen zu umrunden.

Der Jäger bewegte sich nicht, ließ allerdings seine Hand am Schwert, sodass er sich jederzeit verteidigen könnte. Nachdem der Drachenwandler seine Inspektion abgeschlossen hatte, befand er sich wieder vor dem größeren und sah zu ihm hoch.

"Du hättest mich mehrmals töten können. Wieso tust du es nicht? Du bist doch Jäger, nicht?"

Der Blonde ließ sich Zeit zu antworten. Er betrachtete das Gesicht des kleineren intensiv, während seine Miene gefühlskalt war. Dann erschien ein Lächeln auf seinen Lippen.

"Du bist interessant. Ich hab noch nie ein Wesen wie dich getroffen. Jeder andere wäre geflohen und jetzt schon tot"

Der braunhaarige verschränkte seine Arme vor seiner Brust.

"Also hättest du mich getötet wenn ich geflohen wäre?"

"Richtig erkannt"

"Gut, dann mach ich das einfach ab jetzt bei jedem Jäger so. Wenn ihr-"

Bevor George weitersprechen konnte, wurde ihm eine Hand auf den Mund gepresst und er wurde in einen Busch gezerrt. Geschockt weiteten sich seine Augen. Gerade, als er sich wehren wollte, erklang eine Stimme neben seinem Ohr.

"Psst, sei still. Da sind andere Jäger, die würden dich sofort abknallen", wisperte diese, welche der Drachenwandler kurz darauf als die des größeren Jungen erkannte.

Also hörte er auf, sich zu wehren und konzentrierte sich auf die Umgebung. Ein ungutes Gefühl machte sich in seinem Magen breit; er hatte niemanden kommen hören. Zu sehr war er auf den Menschen fixiert gewesen, was in jedem anderen Fall seinen sicheren Tod bedeutet hätte.

Jemand, der eigentlich sein größter Feind sein sollte, hatte ihn gerettet- und war ihm auch jetzt noch sehr nah. George spürte die leichte Wärme, die vom Körper des anderen ausging. Er hörte sein Atmen, seinen erhöhten Herzschlag und das leise Rascheln seiner Kleidung, welche sich durch das Atmen bewegte. Ansonsten war der Junge vollkommen still, wagte es nicht, einen Mucks von sich zu geben, der sie verraten könnte.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis die anderen Jäger wieder weiterreisten. Dennoch blieben die beiden Männer in dem Gebüsch hocken und lauschten nach weiteren Geräuschen. Leise atmete der größere aus, bevor er zu dem Drachenwandler blickte.

"Solltest du nicht eigentlich ein besseres Gehör haben als ich?", fragend hob der Mensch eine Augenbraue, woraufhin George beschämt wegsah.

"Schon.. Ich hab nicht aufgepasst"

"Wie lautet dein Name?", ehrlich interessiert betrachtete der in grün gekleidete Jäger den kleineren, der nun überrascht zu ihm blickte.

"George. Und deiner?"

"Nenn mich Dream. Es freut mich, dich kennenzulernen, Drachenwandler"

"Die Freude liegt ganz meinerseits, Jäger", grinsend nahm der braunhaarige die ausgestreckte Hand seines Gegenübers und schüttelte diese. Doch als er sie wieder los lassen wollte, hielt der größere Junge sie fest in seiner eigenen und sah dem Wesen in die Augen.

"Versprich mir, dass du nie wieder etwas so leichtsinniges machst wie heute und dich einfach so einem Jäger gegenüber stellst. Ja, vielleicht konntest du in der Vergangenheit immer entkommen, aber die Zeiten haben sich geändert. Die Jäger werden von Tag zu Tag immer mehr und immer stärker. Du darfst deinen Gegner niemals unterschätzen. Versprich es mir"

Es dauerte ein paar Sekunden, bis der kleinere die Worte verdaut hatte und langsam nickte.

"Okay, ich verspreche es dir"

"Guter Junge"

On the hunt - A Dnf FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt