Kapitel 24 - Zeremonie

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Du siehst wunderschön aus, Ella", sagte Melissa, während sie meine Haare locker zu einer schicken Frisur hochsteckte. Einige Haarsträhnen fielen trotzdem hinaus und ließen mich nicht zu streng aussehen. Eher wild, wie meine Frisur auch normalerweise war. „Ich habe das Gefühl, dass du wirklich zu einer Frau geworden bist, seit dem du mit Aiden zusammen bist."
„Ich bin immer noch ich, Mel", protestierte ich und zog mein langes, grünes Kleid zurecht. Ich war froh, dass ich mir wieder ein Kleid aus Melissa's Kollektion leihen durfte. Dieses Mal war es knöchellang, trägerlos. Der Stoff war weich und bildete jede Kontur meines Körpers nach. An der Seite zierte wieder ein langer Schlitz, bis hoch zu meiner Taille. Melissa hatte mir versichert, dass sich der Schlitz nicht weiter öffnen würde. So konnte man also erkennen, dass ich keine Unterhose trug, aber der Schlitz würde an Ort und Stelle bleiben. Schwarze High Heels rundeten mein Outfit perfekt ab.
„Wow", Jeremy lehnte sich in den Türrahmen. „Wo ist meine jugendliche Schwägerin hin?"
„Pass auf was du sagst, Jer, ich bin schon lange erwachsen", witzelte ich mit ihm. „Außerdem bin ich deine zukünftige Alphafrau."
Jeremy lachte und nahm Melissa in den Arm, die sich an seine Seite kuschelte. Der Gedanke daran, dass ich einen Witz über etwas machte, was eigentlich eine große Lüge war, verpasste mir einen Schlag in die Magengegend.
„Stimmt was nicht?", fragte Melissa.
„Alles okay, ich bin nur etwas nervös", gab ich zu. Melissa umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
„Das brauchst du nicht sein." Aiden's tiefe Stimme erklang in Melissa's Ankleidezimmer.
„Oh", räusperte ich mich. „Hey, wie kommst du hier rein?"
„Deine Eltern haben mir die Tür aufgemacht." Aiden zuckte mit den Achseln und sein schwarzer Smoking glänzte im hellen LED Licht.
„Hey Aid", begrüßte Jeremy ihn und gab ihm die Hand.
„Mein Alpha", sagte Melissa förmlich und machte einen kleinen Knicks. Ich vergaß oft, dass Aiden der Ranghöchste aller Wölfe war und ließ mich dadurch schnell einschüchtern. Aiden kam auf mich zu und legte eine Hand auf meine Wange.
„Hey", flüsterte er. Ich umfasste seine Hand an meiner Wange und fühlte mich unsicher. Er küsste mich leicht und sah wieder auf mich herab. „Du siehst soll aus."
„Danke, du auch", sagte ich so leise, dass ich hoffte, dass meine Schwester und ihr Mann es nicht hörten. Doch als ich das breite Grinsen in Melissa's Gesicht sah, wurde mir klar, dass sie es genau gehört hatte.
„Ihr seht so toll zusammen aus", platzte es aus Melissa heraus. „Wir wünschen euch viel Spaß und genießt den Abend!"
„Danke Mel", sagte ich, während Aiden und ich die Treppe hinunterliefen. Meine Mom und mein Dad sprangen ebenfalls auf, als sie mich sahen.
„Wow, Ellanie", klatschte meine Mom fröhlich in ihre Hände. „Du solltest sowas öfter tragen."
„Auf keinen Fall", sagte ich überrascht und mein Dad fing an zu lachen.
„Wir kommen dann gleich nach." Meine Mom strich über meine Wange und wir gingen hinaus. Wieso waren alle so übertrieben nett und ein wenig aufgedreht? Ich blinzelte meine Gedanken weg und ließ mir von Aiden die Tür seines AMG's aufhalten. Er hatte dazu gelernt und ließ die G Klasse zuhause, wenn ich Kleider trug. Ich schenkte ihm ein Lächeln und konnte meine Augen dabei kaum von ihm lassen.

„Hallo ihr Zwei", begrüßte Caroline uns und gab mir und Aiden einen Kuss auf die Wange. Ich verkniff es mir meine Augen dabei zu verdrehen und schenkte ihr stattdessen ein kleines Lächeln. „Ich freue mich so sehr, dass es geklappt hat."
„Vielen Dank für die Organisation", sagte ich, Aiden zu liebe.
„Das hat meine Frau sehr gerne übernommen, liebe Ellanie." Gordon hatte ebenfalls einen sehr teuren, schwarzen Smoking an.
„Wieso gehen wir nicht hinein?", fragte Aiden, als er meine Gänsehaut bemerkte. Ich hatte mir nicht mal eine Jacke angezogen und das mitten im Winter.
„Wir treffen uns hier draußen mit Ellanie's Eltern", antwortete Caroline. Ich verdrehte nun doch meine Augen, jedoch nur in Aiden's Richtung. Ich umschloss meine kleine Clutch.
„Möchtest du wieder ins Auto?", fragte Aiden mich und zog mich an meiner Taille nah zu sich.
„Nein, ich halte das schon aus." Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust und Aiden strich mit seinem Finger über die nackte Stelle, an der sonst mein Slip liegen würde. Ich atmete tief ein und spürte das kribbeln auf meiner Haut.
„Vielleicht hilft dir das ein wenig", flüsterte er in mein Ohr und küsste danach vorsichtig meinen Kopf. All das, was wir hier taten, wirkte so Echt. Ich wollte jeder dieser Berührungen, die er mir schenkte und sehnte mich nach neuen, sobald er aufhörte. Caroline und Gordon waren in ein Gespräch vertieft, also kam ich Aiden näher und richtete seinen Schlips, während er seine rechte Hand behutsam auf meinen Po legte. Genau auf die Stelle, auf der Josh sich für ein paar Tage verewigt hatte. Ich legte meinen linken Arm in seinen Nacken und zog ihn an der Krawatte näher zu mir.
„Ella", warnte er mich und lächelte mich amüsiert an.
„Was ist?", fragte ich verunsichert, ließ meinen Griff jedoch nicht von seiner Krawatte.
„Ich habe keine Lust hier mit einer Erektion vor unseren Eltern zu stehen."
„Oh", sagte ich gekünstelt und sah hinunter in seinen Schritt. Ich biss mir auf die Unterlippe, doch bevor ich mein Schauspiel weiterführen konnte, drückte er seine Lippen auf meine. Wir küssten uns ohne uns dabei erwischt zu fühlen hier auf dem Parkplatz, vor dem teuren Restaurant. Ich griff fester in seinen Nacken und drückte ihn noch stärker zu mir, während ich meinen Mund öffnete.
„Hey ihr Turteltauben!", rief meine Mom plötzlich direkt hinter mir. Ich ließ Aiden los und drehte mich abrupt von ihm weg. Aiden griff dabei nach meiner Hand und umschloss sie fest. Meine Mom und mein Dad begrüßten Aiden's Eltern, als hätten sie sich schon mal gesehen. „Lasst uns rein", sagte meine Mom und deutete auf den rustikalen Eingang des Restaurants. Aiden und ich gingen Vorweg und wurden direkt in den großen Speisesaal geführt. Er hielt immer noch meine Hand und drückte sie fester zusammen, als wir den unerwartet vollen Raum betraten. Ich sah in die Menschenmasse, die auf und blickte.
Was zum Teufel ist hier los?
Aiden sah mich mit einen Ausdruck an, den ich vorher noch nie an ihm gesehen hatte. Er sah mich überrascht und gleichzeitig entschuldigend an. Als würde sein Blick mir sagen wollen, dass er genau wüsste, was hier heute passieren sollte, er es jedoch niemals erwartet hätte. Uns wurde applaudiert und zugejubelt. War ich in einem Traum? Alle unsere Familienmitlieder und Freunde waren hier, aber auch eine menge Leute, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Umso länger ich in die Runde sah, umso weniger Leute schien ich plötzlich zu kennen.
„Aiden, Ellanie", sagte Caroline. „Herzlich willkommen zu eurer Paarungszeremonie."
Aiden ließ nicht den Blick von mir. Er wollte mir seine Gedanken mitteilen, doch natürlich funktionierte dies nicht. Er hob unsere umschlossene Hand und küsste sie zärtlich. Ich hatte immer noch nicht verstanden, was sich hier abspielte und konnte keine Worte fassen. Aiden war es, der dieser Situation mehr gewachsen war.
„Wir freuen uns und sind sichtlich überrascht, dass ihr uns heute dieses besondere Fest organisiert habt."
„Es ist uns eine Ehre, dass wir alle dabei sein dürfen", sagte meine Mutter und schmiegte sich an meinen Vater, der jedoch nicht wirklich begeistert aussah. Ich schenkte ihnen ein Lächeln. Ich hatte diesen Ausdruck der Paarungszeremonie schon mal gehört, jedoch interessierte es mich damals nicht und ich habe nichts weiter darüber in Erfahrung gebracht.
„Bitte nehmt platz und genießt das Essen, bevor wir zu dem wichtigen Teil übergehen", sagte Caroline und führte uns zu unseren Plätzen. Ich begrüßte meine Mädels, die an einem runden Tisch neben uns saßen. Meine Eltern, Melissa und Jeremy saßen mit Aiden's Eltern an unserem Tisch.
„Wie seid ihr so schnell hier her gekommen?", fragte ich meine Schwester während Aiden mir meinen Stuhl zurecht schob.
„Frag nicht. Es war eine Horrorfahrt!", lachte Melissa und sah Jeremy danach vorwurfsvoll an. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Aiden beugte sich nah zu seiner Mutter und sprach mit ihr. Sein ernster Gesichtsausdruck dabei machte mich noch nervöser.
„Ma'am', was darf ich Ihnen zu trinken bringen?", fragte mich eine sehr freundliche, zierliche Frau. Sie war in meinem Alter.
„Bitte ein Glas Champagner." Aiden bestellt gleich einen doppelten Whiskey hinterher.
„Schatz, vielleicht solltest du nicht so viel trinken, damit du...",  sagte Caroline warnend. Aiden warf ihr einen bösen Blick zu, der sie dazu brachte nichts weiter dazu zu sagen.
Was ist so schlimm an dieser Zeremonie? Wieso benimmt Aiden sich so?
Als wir unser Essen serviert bekamen, diskutiere Aiden immer noch mit seiner Mutter. Durch den lauten Geräuschpegel in diesem Raum konnte ich absolut kein Wort verstehen.
„Ella Schatz, wenn du irgendwas brauchst oder reden willst, wir sind für dich da", sagte meine Mom und legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel.
„Du kannst es auch jederzeit abbrechen", fügte mein Dad hinzu.
„Alles gut, macht euch keine Sorgen." Ich lächelte meine Eltern unsicher an. Während Aiden sich nicht mehr seiner Mutter widmete, sondern mit seinen Löffel gegen sein Weinglas schlug um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er stand auf und wirkte so professionell in dem, was er tat.
„Liebe Familie, liebe Freunde und liebe Rudelmitglieder, Ellanie und ich haben den ersten Überraschungsmoment verdaut und können uns nun dem schönen Teil dieser traditionellen Zeremonie widmen. Doch bevor wir damit beginnen, möchten wir uns bei unseren Eltern für die Ausrichtung dieses Festes bedanken. Wir haben tatsächlich nichts mitbekommen und zu keiner Zeit damit gerechnet. Lasst uns zusammen anstoßen und dann das leckere Essen genießen!" Aiden hob sein Glas in die Höhe und sah mich dabei an. „Prost!"
Die Menge folgte ihm und auch ich. Die Stille war wieder gebrochen und die Stimmen prasselten nur auf meinen Kopf ein. Ich versuchte mich einfach nur auf das Essen zu konzentrieren, doch es gelang mir nicht die ganze Zeit.
„Sie sieht viel zu brav aus, um diesen Akt zu vollziehen", lästerte eine mir unbekannte Frau.
„Gerade weil sie so brav ist, wird sie sich den Traditionen nicht trotzen, Jessica." Wer war Jessica? Ich schob eine Gabel des leckeren Menü's in meinen Mund und schenkte dem Gespräch, welches ich belauschte, nun doch mehr Aufmerksamkeit als eigentlich gewollt.
„Dabei habe ich gehört, dass sie ganz schön aufmüpfig sein kann und dem Alpha schon so manches mal die kalte Schulter gezeigt hätte."
„Ich glaube der Lügenpresse eh nichts. Für mich sieht sie einfach aus wie jemand, der es genießt, dass der mächtigste Mann in unserem Rudel sie begehrt und dafür würde sie alles tun."
Wenn ich wüsste, wer du bist, würde ich dir gerne persönlich erzählen, was ich von deiner Meinung halte.
Ich führte einen innerlichen Kampf gegen diese Lästerei, doch es half mir nicht weiter. Ich hatte mehr damit gerechnet herauszubekommen, was hier heute Abend unsere Aufgabe war. Aiden legte seine Servierte von seinem Schoß auf die weiße Tischdecke vor sich.
„Ella, folgst du mir bitte kurz?", fragte er mich förmlich und viel zu nett. Ich zögerte, doch dann griff ich nach seiner mir ausgestreckten Hand und hatte Mühe mit ihm Schritt zu halten. Die Gäste bemerkten unseren Ausflug natürlich. Er zog mich in ein Nebenzimmer des Saals. Für eine kurze Sekunde dachte ich, dass Aiden mich hier nur für sich haben wollte. Doch dem war nicht so. Er sah mich immer noch besorgt an und schwieg, während er mich stehenließ. Ich spürte wie die Wut langsam in mir überkochte.
„Wenn du diese alberne Zeremonie nicht willst, dann lass uns diesen Schwindel nun aufdecken!", flüsterte ich mit viel Nachdruck. „Wir können das hier immer noch beenden und gehen einfach nach Hause. Aber bitte behandle mich nicht weiter wie Luft."
„Ella, du hast keine Ahnung was hier heute Abend passieren muss, oder?" Aiden blieb ruhig und sprang nicht auf meinen wütenden Zug auf.
„Nein", gab ich zu. Er holte tief Luft und schloss seine Augen.
„Verdammt was weißt du denn überhaupt von unseren Traditionen?", raunte er mich plötzlich an. Auf diese emotionale Wendung war ich nicht vorbereitet. Ich blieb wie erstarrt stehen. Er atmete tief durch und zog mich noch mal etwas näher zu sich. Nicht, weil er mich berühren oder küssen wollte. Er hatte Angst, dass jemand dieses Gespräch mitbekam. „Ich als Rudelführer bin verpflichtet einen Vollzug mit meiner Rudelfrau vor dem gesamten Rudel zu vollziehen. Früher fand diese Zeremonie in der Öffentlichkeit statt. Jeder konnte dabei sein. Mittlerweile ist es der engste Kreis, der eingeladen wird."
„Und?", fragte ich nichtsahnend nach.
„Ella", sagte er nun und schloss seine Augen. „Ich muss dich vor ihnen nehmen."
Ich riss meine Augen auf und schüttelte meinen Kopf.
„Was?", ich konnte nicht glauben, was er mir da gerade gesagt hatte. War das ein Scherz?
„Es bekundet die Verbundenheit vor dem gesamten Rudel. Es ist eine Tradition." Aiden versuchte mich zu beruhigen.
„Verstehe ich das richtig, dass du mich vor all' diesen Leuten, inklusive unserer Eltern... du musst mich...?"
„Ja", preschte er hervor. „Das hast du richtig verstanden."
„Ich...", ich war den Tränen nahe und umfasste meine Stirn.
„Ellanie", sagte er ruhig und hob meinen Kopf an. Seine wunderschönen blauen Augen strahlten mich an. „Es ist nun der Zeitpunkt gekommen. Du kannst das hier heute Abend beenden. Diese Zeremonie muss nicht stattfinden."
„Heißt das, wir geben unsere Trennung jetzt bekannt?", fragte ich leise und spürte wie sich tausende Messer in meine Brust bohrten.
„Mir fällt keine andere Lösung ein, wieso wir das hier absagen sollten", gab Aiden zu. Ich spürte wie mir eine Träne über die Wange lief. Aiden wischte sie mit seinem Daumen weg und umfasste mein Gesicht. Die Messer drehten sich und schnitten weiter in mein Fleisch. Ich hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können. „Es tut mir Leid", sagte er voller Mitgefühl. Ich ließ meinen Blick auf den Boden wandern.
„Ich kann nicht...", sagte ich leise.
„Ich weiß." Aiden schluckte hörbar. Er zog mein Gesicht zu sich und küsste mich. Ich drückte ihn von mir um mit ihm reden zu können.
„Ich kann nicht ohne dich", ergänzte ich meinen Satz. Aiden zog seine Augenbrauen fragend zusammen. „Du hattest recht. Die Markierung ist mit ihrer Macht schon längst verblasst. Ich bin nicht hier, weil etwas magisches aus unserer Wolfstradition uns anzieht. Ich bin bei dir, weil du mich anziehst. Nicht dein Status als Alpha, nicht irgendeine Paarungszeit. Ich bin hier, wegen dir." Meine Hände zitterten, als ich sie auf seine Brust legte. Heute war der Tag gekommen. Heute gab es keinen Rückzieher. Alles oder nichts.
„Bist du dir sicher, Ella? Wenn das hier vollzogen ist...", seine Augen glänzten. Er glänzte. Er wirkte vor mir so machtvoll und schön. Seine langen, wilden Haare fielen in sein Gesicht.
„Es ist an dir das jetzt zu entscheiden, Alpha", sagte ich und unterbrach unseren Blickkontakt. Aiden legte seine Hand auf meine, die immer noch auf seiner Brust lag. Er legte sie auf die Hand, die von seinem wunderschönen Ring geziert war. Es fühlte sich so an, als würde er versuchen meine Gedanken zu lesen. Er umgriff meine Hand und zog mich aus dem Nebenraum. Er hielt meine Hand fest umschlungen und trat als Alpha zurück in den Saal. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Mom und meine Freundinnen sich zusammen getan hatten. Sie trugen alle beigefarbene kurze Kleider. Genau so wie die Männer auf der anderen Seite des Saals. Sie trugen beigefarbene Hemden mit langen Leinenhosen. Aiden hatte sich entschieden. Er wusste, was hier auf uns wartete. Er sah mich an und zog mich noch mal zu sich.
„Ich habe mich längst entschieden", flüsterte er in mein Ohr und küsste mich dann ein weiteres Mal. Vor all unseren Gästen. Ich spürte meine wackeligen Beine und dann kam Michelle auf mich zu.
„Ihr könnt gleich weitermachen, versprochen. Aber jetzt, haben wir unsere Show", sie zwinkerte Aiden zu und riss mich aus seinen Armen. Aiden wurde von Josh mitgezogen und die Frauen brachten mich in einen weiteren, großen Nebenraum. Sie knieten sich alle in einen Kreis um mich herum. Nur Mom, Marissa und Caroline setzten sich dicht zu mir und bereiteten verschiedene Sachen vor.
„Schatz, zieh das hier an" bat meine Mutter mich. Sie reichte mir zwei winzige Fetzen Leinenstoff. Ich hielt den Stoff fragend hoch und meine Mom verkniff sich ein Lächeln. Sie öffnete mein grünes Kleid und ließ mich vor all' den Frauen nackt stehen. Auch meine Schuhe sollte ich's ausziehen. Ich dachte an die zwei Mädchen, die eben noch über mich hergezogen hatten und schaute in die Runde. Ich hatte kein Gesicht zu den Beiden, doch ihre Stimmen würde ich sofort erkennen. Ich zog das eine Tuch über meine Brüste, während Mom es vorsichtig feststeckte. Das andere Tuch wurde um meine Hüfte gebunden. Es bedeckte gerade eben meine intimsten Zonen. Ich spürte die Nervösität in mir aufflammen. Es war soweit. Ich würde das hier tatsächlich durchziehen. Mein Herz pochte wie wild. Nun stand ich hier, nackt, mit so wenig Stoff wie möglich bedeckt.
„Liebe Ella", sagte Melissa, die im Gesicht eine wunderschöne braune Bemalung trug und mit einem Gefäß zu mir kam. „Wir Frauen werden dich als unsere Rudelführerin annehmen." Sie kniete sich vor mir. „Wir werden dir folgen." Der Pinsel in ihrer Hand wurde mit der braunen Farbe in dem Gefäß getränkt. Sie zeichnete mir eine zarte Linie durch mein Gesicht. „Wir werden dir glauben." Ein erneuter Strich zierte mein Gesicht. Ich spürte die zarte Kälte der nassen Farbe auf meiner Wange. „Wir werden dir vertrauen." Noch ein schwungvoller Strich. „Wir werden deine Entscheidungen niemals in Frage stellen." Ich fühlte mich wie eine Leinwand. Ich schämte mich, dass ich von dieser Tradition keinen blassen Schimmer hatte. Die Frauen um mich herum, sprachen jeden Satz meiner Schwester nach, als sie mich bemalte. „Hoch lebe die Alphafrau!" Die Farbe auf meinem Gesicht Trockene langsam, als Melissa mir einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn gab.
„Ellanie, du wirst meinen Posten bald ablösen und als meine Schwiegertochter an der Seite meines Sohnes stehen", sagte Caroline so stolz, dass ich es mir nicht verkneifen konnte meine Stirn zu runzeln. Sie hatte hier gar keinen Posten mehr in der Rudelelite, nach dem sie ihren Sohn sitzen gelassen hat. „Dafür gebe ich dir unser Erbstück der Alphafrauen weiter." Sie kam auf mich zu und gab mir eine Kette, die nicht schwerer hätte sein können. Unglaublich viele Diamanten zierten das Schmuckstück, welches wahrscheinlich hunderte Jahre alt war. Sie legte es um meinen Hals. Ich umfasste sie mit meinen Fingern. Das kalte Metall ließ eine Gänsehaut über meinen Körper fliegen. Sie küsste ebenfalls meine Stirn und setzte sich zurück.
„Meine Tochter. Du bist nun bereit", sagte meine Mom, den Tränen nahe.
„Danke Mom", sagte ich leise und hatte das Gefühl in einem Traum zu sein, aus dem ich gleich erweckt werden würde. Meine Mom griff nach meiner Hand und half mir hoch.
„Ich werde dich jetzt zu Aiden bringen, damit ihr die Paarungszeremonie vollziehen könnt", sie lächelte mich mit Tränen in den Augen an und umfasste meine linke Hand. Die Frauen, die eben alle noch um mich herum knieten standen auf und beugten sich vor mir. Ich sah zu Michelle, die mir ein vertrautes Lächeln schenkte. Dann öffnete sich die Tür und meine Mom schob mich hinaus. Plötzlich zitterten meine Beine und Hände unkontrolliert. Ich spürte den warmen, weichen Teppichboden unter meinen nackten Füßen und sah in das Gesicht meines zukünftigen Mannes. Auch sein Gesicht war bemalt. Aber auch sein nackter Oberkörper. Noch nie hatte ich Aiden so gesehen. Seine Muskeln wirkten hart und brutal. Er trug nur ein wenig Stoff um seine Hüfte. Ich schluckte ängstlich, während meine Mom meine Hand in seiner übergab. Aiden gab meiner Mom einen Kuss auf die Wange, eher er sich mir widmete. Er küsste meine Hand und dann meine Stirn. Er sah mich besorgt an. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Mein Herz raste wie wild. Er holte sich noch einmal ein kurzes Nicken von mir ein bevor er mich zu der Bühne führte, auf der die Paarung vollzogen werden sollte. Die große Bühne, die an diesen Raum grenzte, war für uns hergerichtet. Alles war mit wunderschönem Bärenfell ausgelegt. Das Licht wurde gedimmt. Meine Füße wurden von dem weichen Fell gekitzelt. Es sah wunderschön und gemütlich aus.
„Schau nur zu mir", flüsterte Aiden, während wir uns voreinander knieten. Ich saß mit meinem Rücken zu der Menschenmenge, während alle Aiden anstarren konnten. Diese Position erleichterte es mir. Ich hatte das Gefühl, dass uns trotzdem kaum jemand sehen konnte. Mein Herz raste wie wild. „Wir haben alle Zeit der Welt", versicherte er mir, während er seine Hand an meine Wange legte. Es herrschte Totenstille in diesem Raum, bis plötzlich jemand begann auf einer Trommel zu spielen. Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. Aiden bemerkte meine Belustigung und biss sich auf die Unterlippe. Er öffnete die Zwei Klammern in meinen Haaren, sodass meine Haare nun meinen nackten Rücken bedeckten. Er öffnete ebenfalls seinen wilden Dutt und beobachtete mich. Ich nahm seine Hand und legte sie auf mein Herz. Er spürte, wie stark es schlug und genoss diesen Moment. Noch nie in meinem Leben war ich so mit jemanden verbunden, wie jetzt gerade mit diesem Mann vor mir. Aiden's Muskeln glänzten im Licht der Kerzen. Er fuhr mit seiner Hand hinauf in meinen Nacken und zog mich plötzlich zu sich. Ich richtete mich ein wenig auf, da ich in dieser knienden Position viel kleiner als er war. Ich hörte leichtes aufstöhnen in der Menge hinter mir. Wir küssten uns, so leidenschaftlich wie wir es sonst alleine, in einem um uns geschützten Raum taten. Ich legte meine Hände behutsam auf seine Brust. Während unsere Zungen sich erfühlten, strich ich über seine starken Oberarme. Aiden legte seine Hände unter meinen Po. Ich löste meine Beine und saß nun so vor ihm, dass meine Beine für ihn geöffnet waren. Aiden lehnte sich auf mich und schob sich noch weiter zwischen meine Beine. Mein Rücken berührte das weiche Bärenfell und entblößte so für alle einen neuen Blick auf uns. Aiden hatte aufgehört mich zu küssen und betrachtete mein Gesicht. Er strich mit seinen Fingern über die Linien, die meine Schwester in meinem Gesicht gezaubert hatte. Die Trommel hallte in meinem Kopf, doch ließ mich nicht von meiner aufflammen Lust ablenken. Aiden schloss kurz seine Augen, während ich mein Unterleib weiter an ihn schon. Er atmete tief ein. Als er seine Augen wieder öffnete, waren sie strahlendweiß. Die Menge hinter mir raunte auf. Ich war mir sicher, dass kaum jemand davon wusste. Aiden strich über meinen Bauch, hinauf zu meinen Brüste. Doch er ließ den Stofffetzen auf mir liegen. Ich spürte die Hitze in mir kochen. Meine Nippel hatten sich schmerzhaft verhärtet, während meine Beine sich anfühlten, als wären tausende Armeisen in meinen Adern. Der dünne Stoff, der unsere Geschlechter noch trennte, fühlte sich wie eine Last zwischen uns an. Aber war ich wirklich bereit? Aiden küsste meinen Nacken und ich grub meine Fingernägel tief in seinen Rücken. Ich drückte ihn damit noch näher zu mir. Er sah mich noch mal an und küsste meine Stirn.
„Bist du bereit?", fragte er und mein Herz machte einen großen Aussetzer. Ich atmete zitternd ein und schloss meine Augen. Aiden's Hand führte meinen Bauch hinunter zu dem dünnen Stoff zwischen uns.
„Ich bin Jungfrau", flüsterte ich so leise, dass ich einen Moment dachte, dass Aiden es nicht gehört hätte. Er bewegte sich nicht mehr und starrte mich an. Ich schluckte und spürte die Wucht, die ich gerade losgetreten hatte. Er senkte sich noch einmal zu mir hinab und kam ganz nah an mein Ohr.
„Verdammt Ella", sagte er leise und voller Nachdruck.
„Tu es", bat ich ihn und war mir nicht meiner Konsequenzen bewusst. „Bitte."
Aiden sah mir wieder in die Augen und schloss sie, ehe er sich vor mir aufrichtete.
„Die Paarungszeremonie wird heute nicht vollzogen." Der Schmerz in seiner Stimme ließ mich wie versteinert vor ihm liegen. Ich spürte wie die Tränen aus meinen Augen schossen. Die Leute hinter uns fingen laut an zu diskutieren. Aiden stand auf und wartete nicht auf mich.
„Wir treffen uns gleich im Elitehaus", sagte er zu seinen Eltern, die sofort auf ihm zukamen. „Auch du wirst dabei sein, Ella." Sein Ton ließ mir keine Wahl. Er gab mir als Alpha den Befehl und ich spürte plötzlich die Welle der Verzweiflung und Enttäuschung auf mich einbrechen. Würde Aiden mich verraten? Ich sah ihn flehend an, doch er widmete sich nicht mehr meiner Person. Ich spürte die warmen Hände meiner Mutter. Ich sah, wie sie mir mit sprach, doch konnte nichts verstehen. Sie warf mir einen langen Bademantel über und zog mich aus der Menschenmasse. Weg von allen. Weg von Aiden.

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