Kapitel 4

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Zusammengekauert saß ich in der Ecke und schaute ins Leere. Mein ganzer Körper zitterte und ich wusste nicht wie lange es heute gedauert hatte, doch irgendwann hatte er aufgehört. Zwischenzeitlich war ich kurz bewusstlos, wofür ich dankbar war, denn in diesen Sekunden oder Minuten habe ich keine Schmerzen gespürt. Dies war leider nur für ein paar Sekunden bis die Schläge mich wieder ins hier und jetzt gebracht hatten. Vorsichtig stand ich auf und belastete meinen rechten Fuß. Er schmerzte ziemlich, aber ich konnte ihn belasten. 

Als ich in meinem Zimmer ankam, ging ich ins Bad, um zu sehen, wie ich es verstecken konnte. Langsam zog ich meinen Pulli aus. Mein ganzer Körper war übersät von alten sowie neuen Hämatomen und Narben. Meine Rippen taten ehrlich gesagt ziemlich weh und auf meinem Rücken konnte man die Striemen von seinem Gürtel sehen. Er schlug mich nie ins Gesicht, denn dort konnte ich es nicht sehr gut verstecken. Ich wusste, dass ich es nicht mehr lange aushalten konnte, doch ich konnte es ihnen nicht erzählen. Er hat mir gedroht ihnen genauso wehzutun, wie mir und auch wenn die beiden stärker als er wären, konnte ich es nicht riskieren. Dafür liebte ich meine Brüder zu sehr. Nachdenklich schaute ich mein Spiegelbild an. Vielleicht konnte ich es ihnen davor nicht sagen doch jetzt haben sie noch die anderen Jungs also kann ihnen doch eigentlich nichts passieren, oder? Seid fast 3 Monaten schlägt er mich täglich, wenn Noah und Mike nicht zuhause sind, doch ich halte das nicht mehr aus. Ich will wieder das glückliche Mädchen werden, dass ihre Brüder nervt, offen für neues ist und keine Angst in ihrem eigenen Zuhause haben muss. Es ist komisch, aber ich sehe die Jungs inzwischen schon fast als Brüder und ich glaube ich kann ihnen vertrauen, denn Noah und Mike tun es auch. Aber was ist mit Emely? Sie ist so glücklich mit meinem Vater und es wird ihr das Herz brechen, wenn sie sich trennen würden. Ich habe schon lange keine Angst mehr um mich selber, aber um meine Brüder. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass mein Vater gegen sie ankommen würde, aber das Risiko ist  zu hoch. Da soll er lieber mich schlagen als, dass meinen Brüdern irgendwas passiert.

Ich lag auf meinem Bett und las mein Buch weiter, als es an der Tür klopfte. "Kommst du runter? Mum und euer Vater wollen uns etwas erzählen", hörte ich Lukes Stimme von der anderen Seite der Tür. "Ja, ich komme", antwortete ich schnell und legte mein Buch weg. Es war schon 16Uhr und anscheinend sind alle wieder zurück. Ich hatte etwas Angst, als ich nach unten ging. Was wollten sie uns wohl ankündigen? Ich betrat das Wohnzimmer und mein Blick streifte den genervten Blick meines Vaters. Schnell lief ich zum Sofa und setzte mich auf Mikes Schoss. Er schlang seine Arme um meinen Körper und drückte leicht auf meine bereits schmerzenden Rippen. Ich unterdrückte ein Schmerzensschrei und verzog nur ganz kurz das Gesicht, was anscheinend nur mein Vater mitbekommen hatte, denn er starrte mich mit scharfem Blick an. "Also was sind die großen Neuigkeiten?", fragte Milo, welcher seine Mutter gespannt ansah. "Wir wollten euch nur Bescheid sagen, dass wir bis morgen Abend weg sind. Vielleicht auch etwas länger", erzählte Emely und schaute meinen Vater mit einem Lächeln an. "Okay, wann fahrt ihr?", fragte Vincent. "Wir haben schon gepackt und wollen gleich los", erwiderte mein Vater. Das waren doch mal gute Nachrichten. Vielleicht kann sich mein Körper etwas erholen und ich halte es doch noch etwas aus? 

Nachdem wir die beiden verabschiedet hatten, liefen wir zurück ins Wohnzimmer. "Okay, also ich weiß nicht wie das bei euch immer so läuft, aber bei uns hat eigentlich niemand die Verantwortung. Haushalt erledigen wir älteren und so einfache Sachen wie kochen macht jeder mal oder zusammen. Jeder schaut nach jedem, vor allem nach den jüngeren. Wie immer eigentlich", fing Vincent an. "Finde ich gut", meinte Mike und Noah nickte zustimmend. "In der Küche hängt ein Einkaufszettel, da könnt ihr einfach drauf schreiben, was ihr braucht" fügte Luke hinzu. 

"Deckst du bitte schonmal den Tisch?", bittet Jake mich. Ich nickte und lief in die Küche und wollte die Teller aus dem Schrank holen. Plötzlich rutschte mir ein Teller aus der Hand und landete mit einem lauten Knall auf dem Boden, wo er in tausend Teile zersprang. Erschrocken schrie ich auf und trat einen Schritt zurück. Shit, shit, shit, sie werden mich umbringen. Wie dumm kann man denn sein? Schnell stellte ich die restlichen Teller ab und versuchte die Scherben aufzusammeln. Eine Scherbe schnitt in meine Handfläche, doch ich konnte nur daran denken was passiert, wenn sie es mitbekommen. Tränen rannen mir über die Wangen und ich hörte schnelle Schritte, die den Raum betraten. Zwei starke Arme zogen mich vom Boden hoch und drückten mich an sich.  Ich merkte, dass die Person nicht Noah oder Mike waren, allerdings ließ ich die Umarmung zu. "Es tut mir leid. Es tut mir so leid", wiederholte ich panisch. "Shh, alles gut", hörte ich eine sanfte Stimme. Langsam löste die Person die Umarmung und hob mich vorsichtig auf die Küchentheke. Durch meinen Tränenschleier erkannte ich Jake sowie Luke, die vor mir standen und mich besorgt anschauten. Luke nahm vorsichtig meine zitternden Hände in seine und schaute sich meine Handflächen an.  "Es tut mir leid", flüsterte ich leise. "Hey, es ist alles gut. Mach dir darum keine Sorgen, es war nur ein Teller", sagte Jake mit sanfter Stimme. Plötzlich hob Luke seine rechte Hand. Reflexartig zuckte ich zurück und schloss meine Augen. Doch der erwartete Schmerz trat nicht ein. Vorsichtig öffnete ich meine Augen und sah in zwei geschockte Gesichter. Scheiße...

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