Kapitel 9

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-3.Person POV-

Milo starrte regungslos auf den Boden. Das, was seine Brüder ihm gerade erzählt hatten, musste er erstmal verarbeiten. Mike und Noah hatten Amy inzwischen ins Bett gebracht und beschlossen diese Nacht bei ihr zu bleiben. Die Brüder wussten, dass Milo von ihnen die stärkste Bindung zu ihrer Mutter hatte und Vincent versprach sich selbst in den nächsten Wochen seinen jüngsten Bruder im Blick zu haben. Schon länger hatte er das Gefühl, dass Milo sich verändert und er bereute es, nicht früher mit seinem jüngeren Bruder geredet zu haben. Den Tod ihres Vaters haben alle Brüder relativ gut verarbeiten können, da sie, wie zu ihrer Mutter, kein enges Verhältnis zu ihm gehabt haben. Doch Milo wurde in letzter Zeit immer ruhiger und nicht nur einmal hat er dieses Thema mit Luke und Jake besprochen, doch sie kamen zu dem Entschluss ihn nur etwas genauer zu beobachten, falls es nur eine Phase ist. Als dann der Einzug von Noah, Mike und Amy kam, hatte er seinen jüngeren Bruder etwas aus den Augen verloren. Ein Fehler, der noch ernsthafte Folgen haben sollte.

   Luke kniete sich vor seinen jüngsten Bruder und hob sanft seinen Kopf, damit Milo ihn anschauen musste. "Ich weiß, dass du und Mom schon immer ein gutes Verhältnis gehabt haben und wir werden dir auch die Entscheidung überlassen, ob du mit uns kommen willst oder bei unserer Mutter bleiben willst, aber unser Entschluss steht fest. Es geht hier einfach um die Sicherheit von Amy und vielleicht auch um unsere. Wir verstehen das vollkommen, wenn du bei Mom bleiben willst, Milo. Sie war abgesehen von uns immer deine Bezugsperson und obwohl es sich schrecklich anfühlt das zu sagen, aber wenn du hierbleiben willst, dann ist das okay." "Es ist deine Entscheidung, aber vergiss nie egal wie du dich entscheidest, wir lieben dich genauso wie vorher, okay? Es gibt bestimmt auch eine Lösung, wenn du hier bleiben willst", fügte Jake hinzu.

 Milo hatte immer noch nicht realisiert, was seine Mutter ihnen angetan hat. Wie konnte er sich so in ihr täuschen? Zugegeben, sie war nicht die perfekte Mutter, aber Milo hat es nie anders gekannt. Seine Brüder hatten ihn eigentlich großgezogen. Sie haben ihm die Welt gezeigt, waren da für ihn, als er zum ersten Mal eine schlechte Note in Mathe geschrieben hat und heulend nachhause kam. Sie waren da, als er zum ersten Mal Fahrrad gefahren ist und kurze Zeit später in dem Schuppen des Nachbarn lag. Mit aufgeschürften Knien, aber lachend und stolz, dass er es geschafft hatte alleine zu fahren. Wenn auch nur für eine kurze Strecke. Doch seine Mutter war nie da. Das wurde ihm erst jetzt klar. Milo ging die letzten Jahre in seinem Kopf durch und alles, an was er sich erinnert, waren Momente mit seinen Brüdern. Er dachte immer, dass er ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter hatte, doch erst jetzt bemerkte er, dass sie nie da war. Sie hatte sich lediglich nie für ihn interessiert. Ihre Ausrede, sie müsste arbeiten, dass war alles gelogen.  Sie hatte vor einem Jahr ihren Job verloren und seine großen Brüder waren diejenigen, die das Geld verdienen. 

Milo blinzelte die Tränen weg, die sich während den Erinnerungen gebildet hatten. Er wusste, dass er gleich anfangen würde zu weinen und vor seinen Brüdern wollte er das absolut nicht. Er konnte jetzt nicht schwach werden. Milo zuckte zusammen und hob den Kopf, als plötzlich jemand seine Hand nahm. Liam kniete vor ihm und sah ihn besorgt an. "Bist du okay?" Milo hatte gar nicht bemerkt, dass er so in seinen Gedanken war. Als er sich umschaute, merkte er, dass seine Brüder immer noch in dem Zimmer standen und ihm besorgte Blicke zuwarfen. Liam sah ihn abwartend an. "Sorry, was hast du gesagt?", fragte Milo. Er war so verwirrt, dass er die Frage nur halbherzig mitbekommen hatte. "Ob du okay bist?", wiederholte Liam seine Frage. Seine Augen waren voller Besorgnis. Milo hasste es, wenn sich seine Brüder Sorgen um ihn machten. Ihm ging es gut. Sie sollten sich lieber Sorgen um Amy machen, denn sie hat viel mehr durchgemacht als er. "Ja, ja klar, alles gut, ich... ich muss nur das alles kurz... sortieren", versuchte Milo einen einigermaßen sinnvollen Satz rauszubringen. Plötzlich wurde ihm alles zu viel. Die Berührung von Liam, die alleinige Anwesenheit seiner Brüder. Das Zimmer war zu klein! Er musste raus hier. Raus und alleine sein. Abrupt riss er seine Hand aus Liams und stand auf. "Ich...ich geh kurz eine Runde spazieren", murmelte er und wollte das Zimmer verlassen, als sich eine Hand um sein Handgelenk legte. Wieder zuckte er zusammen und versuchte sich der Berührung zu entziehen. "Milo, bitte zieh dich nicht so zurück. Rede mit uns! Du weißt, dass du mit uns über alles reden kannst, aber friss das nicht alles in dich rein", versuchte Luke seinen jüngeren Bruder zu beruhigen.

-Milo POV-

Sie wussten alle, wie es mir gerade geht. Natürlich wussten sie es, denn sie waren ja nicht seit gestern meine Brüder. "Ich muss nur kurz nachdenken", flüsterte ich fast lautlos. "Allein!", fügte ich hinzu, als Vincent seinen Mund aufmachen wollte. "Ruf an, wenn etwas ist okay? Und wenn du wieder da bist, reden wir darüber", meinte Luke und ließ mich widerwillig los. So schnell es ging, lief ich nach unten und zog die Haustür hinter mir zu. Erst als ich den Waldrand, der sich keine 300 Meter weg von unserem Haus befand, erreichte, konnte ich durchatmen. Ich lief zu meinem Lieblingsplatz. Ein wunderschöner See, welcher mitten im Wald lag. Kyle und ich hatten ihn entdeckt, als wir als Kinder immer in diesem Wald gespielt hatten und ihn als unseren Platz bezeichnet. Ich glaube, dass Kyle schon lange nicht mehr hier war, denn er ging anders mit seinen Problemen um, als ich. Generell sind wir ziemlich verschieden, was unseren Charakter angeht. Kyle ist sehr extrovertiert, für jeden Spaß zu haben und eigentlich immer gut gelaunt. Im Gegensatz zu mir macht er Sport, um seine Probleme zu verarbeiten. Ich dagegen sitze oft hier und denke einfach nach. Es hilft mir meine Gedanken, welche oft viel zu viele sind, zu sortieren. Manchmal habe ich einfach das Gefühl, mein Kopf ist ein einziges Chaos, da es zu viele Sachen sind, über die ich nachdenken muss. Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Jahren hier saß und nachgedacht habe. Über meine Familie, über mich, über die Schule... 

Meine Gedanken schweiften zu dem Umzug, welchen meine Brüder geplant hatten. Sie wollten, zusammen mit Mike, Noah und Amy, ausziehen. Weg von unserer Mutter, weg von der Stadt, einfach weg von den Erinnerungen hier. Ich wusste, dass es meinen Brüdern sehr schwerfällt überhaupt daran zu denken, mich zurückzulassen, denn für uns ist Familie die wichtigste Sache in unserem Leben. Und doch kann ich es nicht verstehen ,dass ich ihnen so wichtig bin. Über meine Entscheidung muss ich ausnahmsweise nicht viel nachdenken, denn ich habe sie bereits getroffen bevor Luke mich überhaupt gefragt hat...

Das letzte Mal war, als ich erfahren habe, dass Noah, Mike und Amy zu uns ziehen würden. Ich muss zugeben, ich hatte Angst. Angst, das ich mich nicht mit ihnen verstehen würde. Angst, dass ich kein guter großer Bruder sein kann. Bisher war ich immer der jüngste und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es mag oder nicht. Natürlich ist es cool, der jüngste zu sein, aber ich mag es nicht, wenn sich meine Brüder Sorgen um mich machen. Sie haben selber so viele Probleme, da muss ich doch nicht auch so kompliziert sein. Ich habe das alles nicht verdient. Ich bin einfach eine riesige Belastung für sie und ich kann nichts dagegen tun. Und genau das meine ich mit dem riesigen Chaos in meinem Kopf. Ich kann nichts gegen diese Gedanken tun. Sie kommen einfach und verfolgen mich schon seit längerer Zeit. Ich habe das Gefühl, sie werden immer mehr und mehr und erdrücken mich.  Diese Gedanken kontrollieren mein Leben, aber meine Brüder sollen sich keine Sorgen um mich machen. Mir geht es doch gut, oder?



Hey,

Tut mir leid, dass so lange nichts kam, aber ich hatte sehr viel mit der Schule zu tun. Da ich jetzt aber Ferien habe, versuche ich wieder öfters zu schreiben. Ich bin mit diesem Kapitel absolut nicht zufrieden, aber hoffe natürlich, dass es euch trotzdem gefällt. :) Auch vielen Dank für die Votes, Kommentare und für 800 Reader. Dankeee ich freu mich soo darüber :D

Wir sehen uns beim nächsten Kapitel :D

They will never knowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt