Kapitel 21

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Katelyn Sanchano

Ich lief in den Raum herein und bekam noch am Rande mit, wie Ivar die Türe hinter sich zu zog. Danach war meine volle Aufmerksamkeit einzig und allein auf Ramon gerichtet, der ebenso nicht wusste, was er nun tun sollte.

Er stand hinter seinem Schreibtisch und blickte einfach zu mir herüber. In seinem Gesicht lag ein Ausdruck von Ungläubigkeit und Verwunderung. Anscheinend hatte er wirklich nicht damit gerechnet, dass ich ihn wieder sehen würde. Oder er hatte nicht gedacht, dass ich von selbst wieder zu ihm kam. Dafür brauchte es bei mir auch einen riesigen Haufen an Überwindung, die sich nun auch hoffentlich gelohnt hatten.

Sekunden die sich anfühlten wie Minuten vergingen, in denen wir einander nur still schweigend ansahen. Ich wusste schlichtweg nicht, wie ich anfangen sollte mit meiner Frage. Generell wie ich ein Gespräch mit ihm beginnen sollte. Schließlich hatte ich ihn schon seit dem Vorfall nicht mehr gesehen.

"Querido...", hauchte er, während sich ein erfreutes Lächeln auf seine Lippen schlich, das mir zumindest ein Stück weit die Angst vor dem Reden nahm.

"I-", wollte ich beginnen, war mir dann allerdings unsicher, ob ich überhaupt sprechen durfte oder sollte.

"Du darfst sprechen.", kam es sofort von ihm, als er mein Zögern bemerkte. "Du darfst alles sagen, das dir auf dem Herzen liegt. Ich erlaube dir sogar mich anzuschreien.", lächelte er aufrichtig und zeigte mit seiner Hand auf den Stuhl vor seinem Tisch.

Etwas verunsichert trat ich auf diesen Stuhl zu und setzte mich dort hin, ohne einen Moment unseren Blickkontakt zu unterbrechen. Ich verschränkte meine Hände und legte sie zwischen meine Oberschenkel die zusammengepresst waren. Mein gesamter Körper war angespannt und ich konnte nichts dagegen tun. Leicht senkte ich meinen Kopf, da ich es einfach gelernt hatte, ihm nicht ohne Erlaubnis ins Gesicht sehen zu dürfen. So zeigte ich ihm, das ich mich ihm unterworfen hatte und Respekt vor ihm hatte.

Vielleicht war es nicht das, was er wollte, jedoch hatte ich es so gelernt und konnte es nicht wieder so leicht verlernen.

"Du weißt doch, wie ich es finde, wenn du mir nicht in die Augen schaust, wenn wir reden.", kam es von meinem Gegenüber. Er klang nicht sauer. Seine Stimme war sanft und freundlich. Ramon hatte nicht die Absicht mir Angst zu machen oder etwas derartiges. Ich sollte mich in seiner Nähe sicher fühlen.

Tief durchatmend hob ich zaghaft meinen Kopf und versuchte erneut Blickkontakt mit ihm aufzubauen. Sobald ich meinen Kopf wenige Zentimeter gehoben hatte, schaute ich auch schon wieder in die giftgrünen Augen, die ich einst so verehrt hatte. Und genau wie damals hatten sie genau jetzt wieder exakt den gleichen Ausdruck wie damals.

Es war wirklich zum heulen, wenn man darüber nachdachte, dass alles nur eine Lüge war und er mich nun wieder versuchen konnte, um den Finger zu wickeln, damit ich ihm wieder richtig gehorchte.

"Es ist schön dich wieder zu sehen, Kate.", sprach er meinen Namen wieder so unglaublich schön aus, dass ich am liebsten die Zeit wieder zurückgedreht hätte, zu dem Punkt, wo ich noch nichts von seinem Verrat gewusst hatte.

"Tut mir leid, dass ich für so viel Stress gesorgt habe. Das war nicht meine Absicht.", gab ich leise von mir und musste mich wirklich dazu zwingen, ihm weiter in die Augen zu sehen.

Er riss die Augen auf und beugte sich über den Tisch ein bisschen weiter zu mir herüber. "Du hast für keinen Stress gesorgt, Querido.", es hörte sich ehrlich an. "Auch wenn ich dich anflehe, es nicht mehr zu tun. Ein weiteres Mal würde ich das nicht ertragen können."

Wieder einmal war das ein Satz, der mein Herz höher schlagen ließ. Gleichzeitig jedoch auch für mehrere Nadelstiche darin sorgte, da ich es einfach nicht glauben konnte, so gern ich es auch hätte.

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