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Endlich fertig. Ich klettere durchs Fenster auf einen starken Ast. Das Geäst im Palast ist praktisch, auch wenn es auf den ersten Blick verwirrend aussieht, kann man überall hin. Mir macht es keine Probleme mehr leichtfüßig über diese zu laufen, die Balance habe ich mir schwer antrainiert, denn wenn man hier fällt, dann fällt man lange und tief. Was dort unten ist, im Abgrund, haben wir als Kinder erforscht. Legolas und ich sind Zwillinge, weswegen wir uns immer an die Grenzen unseres Könnens gedrängt haben. Nachdem wir entdeckt wurden, war Vater natürlich rasend vor Wut. Bis heute bin ich mir nicht sicher, was dort unten ist, aber es kümmert mich ja auch nicht mehr, denn ich habe nicht vor zu fallen.

Legolas trainiert die Wachen, seine Eliteeinheit der Kämpfer jeden Morgen auf der Lichtung hinter dem Palast. Alle Lichtungen sind jedoch von Bäumen umringt und auf diesen trainiere ich. Weit über ihnen kann ich ihre Bewegungen noch sehen, doch ich muss aufpassen, dass wenn ich sie nachmache, ich sie lautlos ausführe, denn sonst würde man mich entdecken. Durch dieses Ganze aufpassen, bin ich vielleicht nicht die Beste der Elbenkämpferinnen, doch ich bin eine der Leisesten. Zumindest möchte ich das annehmen.

An meiner üblichen Stelle angekommen, lege ich mein Waffenarsenal ab. Ich möchte mich auf einzelne Waffen konzentrieren, um den Umgang mit ihnen zu verbessern. Das Geäst vor mir ist zu meinen Füßen etwas dichter, wodurch ich so etwas wie Boden habe, jedoch sind auch einige Löcher vorhanden, es sind nach wie vor Äste und wenn man bei einem Manöver nicht aufpasst, kann man fallen, sich den Fuß verletzen oder stecken bleiben. Auf mittlerer Höhe haben die Bäume mir einen Gefallen getan, denn es ist recht viel Platz. Auf Kopfhöhe jedoch sind die Äste wieder dichter. Des Öfteren habe ich mich zu sehr auf meine Füße konzentriert und vergessen, was direkt vor mir war. Ich habe mir dann Schrammen, Kratzer und hin und wieder sogar kleine Platzwunden geholt, aber alles halb so wild, solange es Ada und Legolas nicht mitbekommen.

Heute entscheide ich mich für den Degen, meine Hauptwaffe. Mein Degen ist kein Kunstwerk. Er ist einfach geschmiedet, aus der Waffenkammer der Wachen. Doch ich habe ihn personalisiert. Am Griff habe ich ein kleines A eingraviert. Wenn Waffen speziell für jemanden geschmiedet wurden oder eine persönliche Verbindung zu seinem Kämpfer hat, dann harmonieren diese auf eine ganz andere Art und Weise, zumindest bin ich dieser Überzeugung.

Meine Hand umschlingt geschmeidig den Griff und ich fange an zu trainieren. Erst ganz einfache Schritte, die Grundlagen müssen exakt sitzen, um aufzubauen. Dann Schrittfolgen. Anschließend Kombinationen dieser Schrittfolgen. Irgendwann verliere selbst ich den Überblick, was noch zusammengehört. Mein Körper fließt in den einzelnen Bewegungen und ich denke kaum noch darüber nach, wo meine Hand als nächstes sein muss und wie genau ich mein Ziel erledige. Es wird einfach getötet.

Mein Atem geht gleichmäßig. Ein weiterer wichtiger Faktor. Wer seine Atmung nicht kontrolliert, hat keine Kontrolle über seinen Körper und findet sich tot auf einem Schlachtfeld wieder, oder beim sticken, dort, wo ich wahrscheinlich jetzt sein sollte. Die Sonne stand zwar noch nicht sehr hoch am Himmel, jedoch wusste ich genau welche Zeit es war. Legolas wird jeden Augenblick mit seinem Training fertig sein und zur ersten Patrouille aufbrechen. Ich wagte einen kurzen Blick nach unten, um zu sehen, ob sie schon weg sind.

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