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Odette

Kräftig schlucke ich unter seinen wachsamen Blick. Mit nur ein paar Wörtern hat er mir den Wind aus den Segeln genommen und mich entblößt. Vielleicht wollte ich ja, dass er uns entdeckt. Ich weiß nicht, wieso, ich kann es mir ja noch nicht einmal selbst erklären. Doch tief im Inneren weiß ich, dass ich seine besitzergreifende Ader wecken wollte, wieso auch immer.  Er sieht unserem Vater zum Verwechseln ähnlich und doch sind beide so unterschiedlich. Seine Lippen sehen verdammt noch mal einladend aus, jedoch sind sie für mich verboten. Er ist mein Bruder und nichts Weiteres. 
Corentín nähert sich mir ein Stückchen weiter, sofort schließe ich die Augen in der Hoffnung, dass er mich küssen wird. Jedoch berühren mich seine Lippen nicht, nein, sie streifen meine Wange, ehe sein heißer Atem mein Ohr streift. ⋙Steig in den Wagen. ⋘, jede Hoffnung, die sich in mir breitgemacht hat, starb mit einem Mal aus. Peinlich berührt öffne ich die Augen und starre sofort in seine Augen, in denen ich mich verguckt habe. 
Ich trete einen Schritt von ihm zurück, versuche mein schnell schlagendes Herz zu beruhigen, das dank Corentín wie verrückt zu schlagen scheint und sich nicht beruhigen möchte. Schluckend schaue ich in seine Augen, die mich wissend betrachten und wissen, was in mir vorgeht.
Im Handumdrehen wende ich mich von ihm ab und halte nach seinem Wagen Ausschau. Ihn weiterhin in die Augen zu schauen ist pure Folter. Allerdings kann ich seiner einnehmenden Präsenz nicht aus dem Weg gehen. ⋙Wo steht dein Wagen? ⋘, frage ich schlussendlich, als ich ihn selber nicht entdecken kann. Wir leben in einer misslichen Lage und dennoch verstehe ich nicht, woher er das Geld für solch einen Wagen herhat. 
Direkt um die Ecke. ⋘, seine Stimme ist ganz nah, direkt hinter mir. Ich habe nicht mitbekommen, dass er direkt hinter mir zum Stehen gekommen ist. Tief atme ich ein, als sich ein Kribbeln an meiner Wirbelsäule entlang schlängelt, die mich am ganzen Körper erzittern lässt. Ich habe mir schwer beim Klang seiner Stimme ein Keuchen verkneifen können.
Hektisch nehme ich meine Beine in die Hände und laufe los und suche das Weite. Alles ist besser als die Nähe meines Bruders, die mich verrückt werden lässt. Auch wenn wir gleich im selben Auto sitzen werden, möchte ich dennoch einen Abstand zwischen uns bringen, damit ich mein wild schlagendes Herz beruhigen kann.
Vielleicht sollte ich ja genau darüber mit dem Therapeuten sprechen. Über meine Gefühle, die ich nicht haben sollte.
-

Wenn was ist, wirst du mich anrufen! Ohne Wenn und Aber! ⋘, besteht Corentín darauf, als er vor dem Gebäude ankommt, in dem ich meine Sitzung haben werde. Ich weiß seine Sorge zu schätzen, doch an manchen Tagen übertreibt er maßlos. Seufzend nicke ich, als ich seine steinharte Miene einen Augenblick zu lange betrachtet habe und verlasse das Auto. Die Tür werfe ich mit Schwung hinter mir zu, ehe ich zur Eingangstür eile.
Die warme Sommerluft weht durch die Straßen, erfrischt die Seelen der Menschen, die fix und fertig von der penetranten Hitze sind, die auf den Asphalt der Straßen knallt.
Die Schiebetüren öffnen sich und ich betrete die kühle Eingangshalle, die von den Klimaanlagen kühl gehalten wird. Seufzend streiche ich mir über meine nackten Armen, auf denen sich eine Gänsehaut gebildet hat. Die plötzliche Kälte ist dann doch nicht so angenehm.
Verloren schaue ich mich um. Ich sollte meine Anwesenheit bei der Empfangsdame anmelden, doch all meine Instinkte raten mir davon ab und möchten, dass ich davonrenne. Wieso musste Corentín auch ein Termin ausmachen? Mir geht es doch gut. Ob es bei einer Sitzung bleiben wird, ist fraglich.
Tief atme ich die kühle Luft ein und laufe zögernd auf die Empfangsdame zu. Auch wenn mir dabei nicht so wohl ist und mir all meine Instinkte dagegen raten, muss ich mich anmelden. Wenn ich es nicht tue, werden sie Corentín Bescheid geben, dass niemand erschienen ist und einen neuen Termin zu bekommen würde Ewigkeiten dauern. 
Innerlich bete ich zu Gott, dass nicht wieder dasselbe Thema angesprochen wird wie das letzte Mal. Ich möchte nicht mehr darüber sprechen. Jedes Mal fühlt es sich so an, als würde es erneut geschehen. Direkt vor meinen Augen, der einzige Unterschied, ich kann nicht eingreifen und kann nur zuschauen 
Guten Morgen. ⋘, meine Stimme ist kaum zu hören, ich zweifle daran, dass mich die Frau am Tresen gehört hat, doch innerlich bete ich dafür. Meine Finger haben sich bereits in meinem luftigen Sommerkleid verfangen. Hat die Lady mich nicht gehört? Oder wieso reagiert sie nicht? Sie ist in ihrer Arbeit vertieft, bis sie sich plötzlich mit ihrem Drehstuhl vom Tisch kickt und euphorisch aufspringt.  Verdattert gehe ich einen Schritt zurück, als würde sie jeden Augenblick über diesen Tresen springen wollen. ⋙Guten Morgen, wie kann ich ihnen helfen? ⋘, erkundigt sich die freundliche Lady, die ich immer noch verdattert anstarre. Wie kann ein Mensch beim Arbeiten so gut gelaunt sein? ⋙Ich habe einen Termin. ⋘, murmel ich kleinlaut, hoffe innerlich, dass sie mich gehört hat. Denn mich noch mal zu wiederholen wäre schrecklich. Allerdings muss sie mich verstanden haben, denn sie schaut mich aus hochgezogenen Augenbrauen an, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. ⋙Name und Nachname. ⋘, bittet sie freundlich
Odette Morel

Habe das Kapitel gestern nicht mehr posten können! Dafür aber heute! ^^✨

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