James hatte mich zu seinem Stellvertreter ausgerufen und wir mussten nun die einzelnen Schüler bewerten und uns entscheiden, wer in die Mannschaft aufgenommen werden würde. „Dieses Jahr werden wir nur Stress haben“, seufzte ich gerade, als eine der Jägerin auf die Torringe zu flog. „Quidditch, ZAGs und Remus kleines haariges Problem.“ James nickte, nur um gleichdarauf den Kopf über den unglaublichen schlechten Wurf der Jägerin zu schüttelten. Unser Ersatz-Hüter Jaereth spielte heute und hatte den Quaffel ohne Probleme gefangen. „Liegt es an mir, oder wird die Auswahl von Jahr zu Jahr schlechter?“, fragte James genervt. Ich zuckte mit den Schultern. Endlich, nach geschlagenen drei Stunden, hatten wir uns geeinigt und saßen jetzt bei Sirius, Peter und Remus im Gemeinschaftsraum. „Heute Abend treffen wir uns im Gemeinschaftsraum. Nach dem Abendessen“, erklärte Sirius. Remus sah nicht sehr glücklich aus.
„Seid ihr sicher, dass ihr bleiben wollt?“, fragte Remus zum wiederholten Mal. „Ja!“, kam es auch vier Kehlen. Wir hatten uns in den verboten Wald geschlichen und standen jetzt auf einer kleinen Lichtung. Der Mond ging langsam auf. Remus sah uns warnend an. „Niemand verwandelt sich zurück in einen Menschen, während ich ein Werwolf bin, verstanden?“ Wir nickten folgsam. „Gut, dann werdet jetzt zu Tieren.“ Gleichzeitig standen an unserer Stelle ein Hirsch, ein Hund, ein Wolf und eine Ratte vor Remus. Peter quietschte aufgeregt und kletterte auf meinen Kopf um besser sehen zu können. Was jetzt geschah, war das grauenvollste, was ich jemals mitansehen musste. Remus krümmte sich zusammen und schrie unter Qualen. Sein Schädel zog sich in die Länge, während tausende von kleinen Härchen durch seine Haut brachen. Knochen verschoben sich, zogen sich zusammen oder verlängerten sich, bis von unserem gutmütigen Freund nicht mehr viel zu erkennen war. Vor uns stand nun ein Werwolf, der uns wütend anknurrte und dann mit großen Sprüngen im Wald verschwand. Sofort folgten wir ihm. Zuerst schien der Werwolf uns lästig zu finden und machte immer wieder Anstalten uns anzugreifen, doch dann überlegte er es sich anders. Langsam kam er näher, immer noch knurrend. Peter piepste ängstlich. Wir anderen standen ganz still da. Der Werwolf schnüffelte vorsichtig, dann durchschnitt ein Heulen die ruhige Nacht.
„Habe ich jemanden verletzt? Geht es euch allen gut?“ Remus war bleich und zittrig. „Allen geht es gut, Moony“, beruhigte ihn Sirius. Erleichtert seufzte Remus. Wir hatten uns zurück zum Schloss aufgemacht und hatten den Gemeinschaftsraum gerade erreicht. So ging es jetzt jeden Monat zu. Nie verletzte Remus jemand schwer, aber wir trugen alle etliche Kratzer und Schürfwunden. Neben unseren nächtlichen Streifzügen, Quidditch, kamen jetzt auch die ZAGs hinzu. Ich war nicht unbedingt gut in der Schule und brauchte jede Hilfe, die ich kriegen konnte. Remus half mir immer, so gut es ging. Er betrachtete es als eine Art Gegenleistung, dafür dass ich jeden Monat mein Leben für ihn riskierte. Wir saßen in der Bibliothek und lernten für Zauberkunst. „Sehr gut“, lobte mich Remus gerade und ich grinste ihm zu. „Ich habe es nur hinbekommen, weil ich so einen tollen Lehrer habe.“ Remus wurde rot. „Quatsch, das hast du ganz alleine hinbekommen.“ Er lächelte mir zaghaft zu und ich erwiderte es. Eine gefühlte Ewigkeit starrten wir uns einfach an, bis ich sichtlich verwirrt wieder auf mein Buch blickte. „Hier in Kapitel acht steht etwas, was ich nicht ganz verstehe.“ „Zeig mal her.“ Remus beugte sich über meine Schulter und las den Satz aufmerksam durch. „Das ist gar nicht schwer. Wichtig ist nur, wie du deinen Zauberstab schwingst. Es muss aus dem Handgelenk kommen. Ungefähr so.“ Er machte es vor und ich wiederholte die Bewegung. „Nur etwas behutsamer. Darf ich?“ Ich nickte und Remus umfasste sanft mein Handgelenk. „So“, sagte er leise. Ich versuchte es erneut. „Perfekt!“ Verlegen fuhr ich mir durch die Haare. Wieder ein Schweigen, während wir uns ansahen. „Ähmm… Kommst du eigentlich auch zu dem Quidditchspiel am Wochenende?“, fragte ich das erste, was mir einfiel. „Natürlich.“ Er lächelte. „Ich will doch dich und James spielen sehen. Immerhin ist er Kapitän und du die beste Hüterin, die wir seit langem hatten.“ „Na na. Stelle dein Licht mal nicht unter den Scheffel. Du bist immerhin Vertrauensschüler. Fast noch besser, als Quidditchkapitän. Aber nur fast.“ Remus lachte. „Wenn du das sagst, fühle ich mich gleich viel wichtiger. Eigentlich passe ich nur auf Erstklässler auf. Und die Kleinen sind ziemlich frech.“ Ich stimmte in sein Lachen ein. „Ich kann mir dich sehr gut umringt von kleinen Kindern vorstellen“, gestand ich und Remus lief wieder rot an. „Wirklich?“ „Ja.“ Ein schiefes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Es macht mir schon Spaß auf die Erstklässler aufzupassen“, murmelte er dann. Ich wollte gerade antworten, als James und Sirius zu uns kamen. „Wollt ihr heute gar nichts mehr essen?“ „Das Abendessen ist bald vorbei.“ „Ach stimmt, das habe ich ganz vergessen!“ Ich sprang auf, warf beinahe meinen Stuhl um und folgte gemeinsam mit Remus, James und Sirius in den Speisesaal.
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