Elias

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Meisner führte das Duo in ihr großräumiges Büro mit wunderschönem Blick auf die Stadt und nahm eine Mappe aus der Schublade ihres Schreibtisches. „Wie gesagt, ich habe noch mehr Beweise, dass die Drohung mehr als ernst zu nehmen ist. Ich habe alles gesammelt.", begann sie und bat die Beiden, bei den Stühlen um einen Tisch sich zu setzten, „bitte!" Sie reichte Robert die Mappe und dieser öffnete sie so, dass auch Joschi reinblicken konnte. Zu sehen waren lauter Drohbriefe und Fotos, eines adretten Mannes in Roberts Alter.

„Ich nehme an, das ist ihr Chef Max Freier?", schlussfolgerte Joschi und Meisner nickte. „Man sieht deutlich, dass er nicht wusste, dass er fotografiert wurde. Sein Blick richtet sich niemals gegen die Kamera. Vor allem sind das unterschiedliche Szenarien. Hier beim Bau, bei einem privaten Essen, in der Stadt...", murmelte Robert und Meisner rieb nervös ihre Hände. „Das und die unzähligen Drohbriefe. Ich habe Freier darum gebeten, immer und immer wieder, die Polizei zu rufen, doch er will es einfach nicht ernst nehmen!", seufzte sie und Joschi nickte verstanden.

„Jedenfalls gibt das der E-Mail grad einen anderen Eindruck. Jede Drohung ist ernst zu nehmen und dies verhärtet den Verdacht. Unsere Kollegen sind bereits daran, noch mehr Spuren zu finden. Wir gehen der Sache auf jeden Fall nach.", versprach Robert und auf seinen Blick hin, nahm Joschi ihre Visitenkarte hervor und reichte sie Meisner.

„Sollten weitere Drohungen eintreffen, oder Ihnen weiteres auffallen, können Sie mir gerne anrufen. Wir werden Sie auch beizeiten informieren!" Meisner nahm die Karte entgegen. „Ich danke Ihnen. Es fühlt sich zwar nicht gut an, hinter dem eigenen Chef Eigeninitiative zu ergreifen, doch es lässt mir einfach keine Ruhe!", erklärte sie und Robert schloss die Mappe.

„Sie tun das einzig richtige, Frau Meisner", begann er und lächelte ihr zu, „wir werden die Mappe mitnehmen."

„Sicher!", nickte Meisner eifrig und stand zusammen mit Joschi und Robert auf. „Ich danke Ihnen wirklich. Das Projekt Fortuna liegt mir inzwischen auch sehr am Herzen. Ich will, dass alles gut über die Bühne geht!"

Nach einem Händeschütteln, begleitete Meisner sie zur Türe und wollte ihnen folgen, doch Robert winkte ab. „Wir finden alleine raus, danke!", lächelte er und ging mit Joschi gemeinsam hinaus, wo sie direkt von dem Mann auf den Fotos abgefangen wurde.

„Das ist momentan noch ein privates Gebäude", begann er mit ruhigem, aber forschen Ton, „darf ich fragen, wer Sie sind?"

Auf diese Frage hin, nahmen Robert und Joschi ihre Dienstausweise hervor. „Schimke und Ritter. K11 München. Wir wurden von Ihrer Sekretärin benachrichtigt, da Sie sich große Sorgen um Ihr Werk macht, Herr Freier!", antwortete Joschi und der Angesprochene, seufzte kurz.

„Ach die gute Meisner. Sie ist sehr feinfühlig. Ich glaube diesen Drohungen nicht. Ich bin zu lange im Bankgeschäft: Ich weiß, dass diese Drohungen leere Versprechen sind. Das sind wahrscheinlich Menschen, die sich, anstatt Ihrer traurigen Situation stellen, sich aufregen und ihre Wut einfach irgendwo rauslassen wollen!"

„Herr Freier", atmete Robert tief durch, „von Ihnen wurden Fotos gemacht. Beunruhigt Sie das nicht?" Freier grunzte vergnügt.

„Wenn Sie wissen würden, wie oft schon solche Fotos von mir gemacht wurden. Eifersüchtige Ehemänner von Mitarbeiterinnen, Konkurrenten, verflossene Affären. Ich bin's gewohnt."

„Wir würden der Sache trotzdem gerne nachgehen. Es liegt schließlich auch im Interesse der Stadt, dass die Eröffnung des Projekts gelingt und ich denke, dass möchten Sie doch auch, oder?", entgegnete Joschi ruhig und diplomatisch und Freier verrührte die Arme. „Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Bitte, unterbrechen Sie aber die Arbeiten nicht. Wir wollen in zwei Tagen eröffnen. Dieser Plan soll auch eingehalten werden!", schnaubte Freier und latschte davon, woraufhin Robert die Augenbraue hochzog. „Entweder ist er wirklich so taff und glaubt dem allen nicht, oder er ist wirklich ein guter Schauspieler! Oder einfach ein arroganter Fatzke", fügte er seiner Geste hinzu und Joschi nickte zustimmend. „Schräg ist es trotzdem. Ich meine, wenn ich so ein Lebensprojekt aufbaue, sorge ich doch dafür, dass alles einwandfrei abläuft, oder?"

„Im Normalfall schon", antwortete Robert und nickte zum Ausgang, was Joschi verstand und die Beiden verließen das Gebäude.

„So jetzt aber mal Butter bei die Fische meine Werteste", begann Robert beim Gang zum Wagen und setzte sich nun ebenso die Sonnenbrille auf, „wieso warst du vorhin so weggetreten? Besonders, weil dein Blick einem Mann gegolten hatte. So kenne ich dich nicht!"

„Eifersüchtig?", stichelte Johanna zuerst zurück, atmete danach aber tief durch und zuckte mit den Achseln, „Keine Ahnung, ich dachte, ich kenne da jemanden, kann mich aber auch täusche..." Joschi kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden, denn sie und Robert sahen, wie der großgewachsene, junge Mann mit dem blonden Haar an ihrem Wagen stand und am schwarzen Cardigan zupfte, den er trug.

„Chefin, es ist lange her", grinste der Mann, als er die Beiden erblickte und nahm seine Sonnenbrille ab, die er auf der Nase hatte, „Sorry, dass ich dich vorhin nicht angesprochen habe, aber die Arbeit, du kennst es ja. Man kann sie einfach nicht so unterbrechen!"

„Chefin?", fragte Robert ungläubig und Joschi verschränkte die Arme. „Also habe ich mich doch nicht verguckt. Ich nehme an, du bist undercover?", sagte Joschi an den Mann gerichtet, was Roberts Irritation nur noch weiter steigerte.

„Ich bin inzwischen Kommissar in Ausbildung an der LKA in Dortmund, dank meiner guten Partnerin und Ausbildnerin, die ein super Empfehlungsschreiben an den Dienststellenleiter weitergereicht hatte. Sie hat aus der Lusche wirklich den Vorzeigeschüler gemacht."

Auf das schelmische Grinsen des Mannes her, konnte sich auch Joschi ein Lächeln nicht verkneifen und schüttelte mit dem Kopf.

„Elias Winter. Du hast dich wirklich nicht verändert!" 

Aus der Asche - K11 die neuen FälleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt