Epilog: Begründung - Technisches Versagen

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PoV: Felix/ Dner

Als ich aufwachte, schrie ich. Ich schrie, riss meine Augen auf und schnappte nach Luft. Ich versuchte das Gefühl des Ertrinkens loszuwerden, das ich nur zu gut von dem Beginn der Simulation kannte. Dann konnte ich endlich meine Augen öffnen. Obwohl das, was ich sah, nicht viel besser war, als dieses unendliche Schwarz.

Ich hatte nichts besonderes erwartet. Um genau zu sein hatte ich erwartet, dass die junge Frau, die mich bis hierher betreut hatte, mich erwarten würde und sich mit mir über die Ergebnisse und Erfolge des Spiels zu unterhalten. Und ja, sie stand vor mir. Nur war sie kreidebleich und wurde von einem Polizisten flankiert.

„Was ist passiert?“, fragte ich, noch ehe ich die anderen beiden Polizisten an der Tür und die kaum getrockneten Tränen auf den Wangen der jungen Frau sah. Dann erstarrte ich und realisierte, dass etwas entsetzlich schief gelaufen sein musste.

„Felix von der Laden?“, fragte der Polizist und schenkte mir ein Lächeln. Er versuchte nett zu wirken, aber es offensichtlich, dass er sich sehr unwohl fühlte.

„Ja?“, brachte ich heraus und überlegte panisch, was passiert sein könnte. Aber mir fiel nichts ein. Schließlich ging es mir gut und auch wenn das Spiel vielleicht ethisch ein bisschen schwierig war, hatte ich zu allem meine Einwilligung gegeben. Es gab also keinen ersichtlichen Grund, warum das Ganze von der Polizei gestürmt werden könnte.

„Ich muss Sie bitten mit mir zu kommen.“ Ich sah ihn an. Er mochte etwas kleiner als ich sein. Seine Haare trieften nur so von Gel und die Uniform hob seinen Bauch hervor. Vermutlich war er Anfang vierzig oder zumindest Ende dreißig. Ich wusste nicht warum ich mit ihm kommen sollte und eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen.

„Selbstverständlich, Officer“, sagte ich mit einer erschreckend monotonen Stimme und hoffte einfach, dass Officer die richtige Anrede für den Polizisten war. Er nickte und schien dankbar zu sein, dass ich nicht nach dem „Warum“ fragte. Aus der Frisur der jungen Frau hatten sich ein paar Strähnen gelöst.  Sie beugte sich über mich und zog mit einem kleinen Ruck die Kabel aus meinem Arm. Dann beugte sie sich vor, schnappte sich ein Wattepad und tupfte die kleine Wunde geübt ab. Dann nickte sie und ich sah, wie ihr eine weitere Träne aus dem Auge lief. Und das machte mir mehr Angst, als alles andere zusammen.

„Es tut mir Leid“, hauchte sie mir zu. Ich warf ihr noch einen verwirrten Blick zu, bevor ich aufstand, um dem Polizisten zu folgen.

Mir wurde nicht gesagt, was ich tun sollte. Oder ob ich überhaupt etwas tun sollte. Und ich wagte es natürlich nicht mich zu widersetzen. Ohne ein einziges Wort zu sagen, setzte ich mich in den Polizeiwagen. Ich fühlte mich wie ein Verbrecher. Und dass, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, was überhaupt geschehen ist. Irgendwann reichte es mir. Außerdem hatte der Polizist mir bisher keinen Anlass gegeben zu vermuten, dass  er ein Arschloch war. Und ich brauchte jetzt wirklich Ruhe. Ich wollte nach Hause und brauchte Ruhe. Denn auch wenn das Ganze nur ein Spiel war, änderte das nichts daran, dass ich Projektionen von meinen Freunden umgebracht hatte und wenn ich etwas tun wollte, dann jetzt mit diesen Freunden reden. Damit ich eine Bestätigung dafür hatte, dass ich niemanden getötet hatte. Und ich wollte schlafen. Denn auch wenn die Simulation nur ein paar Stunden und nicht mehrere Tage gedauert hatte, war ich physisch am Ende.

„Entschuldigung? Ich will jetzt nicht anmaßend klingen, aber könnten Sie mir vielleicht sagen, wo wir hin fahren?“ Ich hatte meine Frage bewusst so höflich wie möglich formuliert. Ich hatte einen unnatürlichen Respekt vor Polizisten und dem Gesetz und wollte keine Probleme machen. Auf meine Frage folgte Schweigen. Irgendwann schien dem Polizisten klar zu werden, dass er mir zumindest das sagen durfte. Es war aber auch wirklich keine besonders schwere Frage.

Trouble in Terrorist Town - Caught in a simulationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt