14. Leben oder Tod

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Lebende: Felix/ Dner; Tim/ Herr Bergmann

PoV: Tim/ Herr Bergmann

Ich hatte panische Angst. Ich wollte schlafen, konnte aber nicht. Wann immer mir die Augen zufielen, öffnete die Angst sie wieder. Obwohl das kaum einen Unterschied machte. Um mich herum war es so oder so dunkel, wenn man mal von dem schwachen Mondschein absah, der sich sehr schwer damit tat, die Baumkronen zu durchdringen. Ich hatte Hunger, ich hatte Durst. Ich konnte kaum noch geradeaus laufen. Ich würde gerne sagen, dass ich es bereute, mich von Taddl getrennt zu haben, aber das wäre gelogen. Zumal ich mich ja genau genommen gar nicht von Taddl getrennt hatte. Er hatte mich mit einer Pistole bedroht und ich hatte flüchten müssen. Und ich sage das nicht gerne, aber für mich wäre es besser gewesen, wenn ich Taddl hinter dem Haus liegen lassen hätte. Ich wäre schneller voran gekommen und ich hätte kein Trauma bekommen.

Ich stieß mir meinen Fuß an einer Wurzel und fluchte. Ich konnte langsam verstehen, warum Taddl so ausgerastet war. Er war von Felix verraten worden, ich von Taddl. Er war total fertig von dem langen Weg gewesen, jetzt war ich es. Seine Füße hatten geschmerzt und jetzt war ich damit an der Reihe. Der Unterschied war, dass Taddl mich gehabt hatte. Ich hatte ihn hochgezogen und dazu angespornt weiter zu laufen. Ich hatte niemanden, der das für mich tat. Ich war allein und wollte schreien. Aber ich konnte nicht schreien, weil dann vielleicht der ein oder andere Traitor auf mich aufmerksam sein könnte. Und auch wenn es mir scheiße ging, sterben wollte ich nicht. Dürfte verständlich sein, oder?

Ich versuchte in meinem Kopf eine Karte zu erstellen. Ich hatte versucht immer geradewegs nach Norden zu laufen. Tagsüber hatte ich mich an der Sonne orientieren können und jetzt war es der Polarstern. Ich blieb stehen, schloss meine Augen und lauschte. Ein weiteres Mal fiel mir auf, wie Still es war. Ich war oft im Wald. Köln war eine laute, moderne Stadt. Da war es gut manchmal einfach durch den Wald zu spazieren und den Lauten, des natürlichen Lebens zu lauschen. Am Anfang erscheint es einem ruhig, doch je länger man zuhört, desto mehr hört man. Doch genau diese Geräusche fehlten jetzt. Man hörte nichts, abgesehen von meinen ruhigen Atemzügen. Und irgendwie machte mir das mehr Angst als Felix von der Laden und Thaddeus Tjarks zusammen.

Ich öffnete meine Augen wieder. Einen großen Unterschied machte das nicht. Die Silhouetten der Bäume ragten unheilvoll vor mir auf. Ich kniff die Augen zusammen und veränderte meine Position, sodass ich den klaren Sternenhimmel sehen konnte. Ich machte den Polarstern aus und orientierte mich nach Süden. Ja, nach Süden. Wenn meine Erinnerungen stimmten, dann musste ich nur nach Süden, um zu dem Haus zu kommen. Ja, da würde Felix sein. Aber ich wusste mehr als er. Er wusste nicht, wo ich war. Ich war mir fast sicher, dass er tagsüber auf der Suche nach Innos sein könnte, um diese auf seine Seite zu ziehen und abends zu dem Haus oder zumindest in die Nähe des Hauses zurück zu kehren. Im Haus war essen gewesen. Und fließendes Wasser. Auf dem Weg dorthin dürfte ich sogar noch mal an dem Bach vorbei kommen, um nicht erbärmlich zu verdursten. Dann würde ich solange in der Nähe des Hauses herumlungern, bis ich mir sicher über Felix' Pläne war und dann würde ich ihn töten und mich mit Essen und Trinken ausstatten. Oder ich würde mich erst mit Essen und Trinken ausstatten und ihn dann töten. So oder so, Felix würde sterben und ich könnte mich mit Verpflegung den verbleibenden Traitor (Traitors/ Traitoren?) widmen.

Klang nach einem guten Plan. Für mich. Jetzt musste ich beten, dass ich irgendwoher die Stärke bekam, um den Weg bis zum Haus durchzuhalten. Und dann bräuchte ich noch das entsprechende Glück, um gegen jemanden wie Felix zu bestehen. Ich atmete bewusst langsamer, versuchte mich zu sammeln und machte dann meinen ersten Schritt in Richtung Süden. Ich hatte erwartet, dass eine ungeahnte Motivation mich durchschießen würde. Vielleicht ein Ardenalinschub oder so. Aber die Richtung machte keinen Unterschied. Es war genauso wie vorher, nur dass ich jetzt ein Ziel hatte. Vielleicht hätte das sogar motivierend sein können, wäre da nicht die verfluchte Angst. Ich wusste, dass Angst lähmte. Ich hatte es gespürt, als ich neben Taddl auf dem kalten und feuchten Boden gelegen und darauf gewartet hatte, dass Felix uns fand und ich hatte es gespürt, als ich weg von Taddl taumelte, weil er seine Waffe auf mich richtete. Und jetzt spürte ich es wieder. Man konnte nicht vor, weil man Angst hatte und man konnte nicht zurück, aus Angst davor, alles erneut zu durchleben. Genau das spürte ich jetzt. Ich hatte Angst vor dem nächsten Schritt, weil er mich näher zu Felix bringen würde. Und so stand ich da, in diesem unechten Wald und wartete auf etwas, dass mir sagte in welche Richtung ich zu gehen hatte.

Trouble in Terrorist Town - Caught in a simulationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt