JAKE
Seufzend starrte ich die Villa vor mir an und versuchte mich zu überwinden dieses Höllenhaus wieder zu betreten. Kopfschüttelnd erinnerte ich mich an die gestrigen Ereignisse und unwillkürlich tauchte wieder das Bild von Amandas unglücklichen, traurigen Augen. Ich erschauderte und wunderte mich ein weiteres Mal darüber wieso die 17 Jährige mich ständig so beeinflusste und vor allem wieso ich plötzlich ihretwegen an einer furchtbaren Version vom Helfersyndrom zu leiden schien.
Doch ich konnte es längst nicht mehr leugnen: Amy hatte sich ohne das ich es bemerkt hatte in so kurzer Zeit in mein Herz geschlichen und ich wusste noch nicht wirklich wie ich sie wieder daraus vertreiben sollte. Immer wieder erinnerte ich mich an die Momente in denen sie mir mehr als deutlich bewiesen hatte, das Geld allein nicht glücklich machte und das nicht jeder mit Geld gleich furchtbar sein musste und doch verleugnete sie mich vor ihren Freunden.
...Hör auf dich für sowas zu interessieren Jake! Du musst noch genau 116 Stunden mit dieser Göre verbringen und danach bist du sie und dieses schrecklich protzige Haus endlich los und konnte in meine gewohnte Welt zurückkehren...
wies ich mich selbst zurecht und eine bissige Stimme in mir flüsterte: „in mein einsames Leben". Missmutig meldete ich mich bei dem Portier – so nannte man diese Kerle am Tor doch oder???- und bekam die Auskunft das Prinzessin Trübsal sich mal wieder im Garten herum trieb...Gott ich hörte mich ja schon so an als würde ich sie kennen...dachte ich geschockt und musterte bitter die vielen Rosensträucher, die arrangierten gestutzten Sträucher und die einheitlich wirkenden Blüten.
Wieder kamen mir Amandas Worte in den Sinn und ich konnte nicht anders als ihr Recht zu geben: Auch wenn diese ganzen Beete, die Blumen, Büsche und Bäume den Sinn hatten Freiheit, Ruhe und Entspannung zu vermitteln waren sie nichts anderes als ein kunterbuntes Gefängnis. Der sinnbildliche goldene Käfig, der Amanda all das zeigte was perfekt war. Sie hatte Recht, denn auch wenn wilde Blumen selten hübsch, einheitlich und akkurat waren so waren sie wild, unvollkommen wie jeder Mensch und Balsam für die Seele.
Fast hätte ich mir vorgenommen während meinem Aufenthalt einen Bereich im Garten anzulegen in dem es vor Wildblumen nur so wimmelte, in dem alles so echt und unberührt aussah, das es das Mädchen zumindest für kurze Zeit von ihren Gedanken lösen könnte, doch hastig rief ich mich zur Ordnung. Ich wollte nicht so für das reiche Biest handeln, wollte mir keine unnötigen Mühen machen, die sie doch nicht anerkannte und sich vielleicht - noch schlimmer – sogar noch verspotten würde.
Ohne es zu bemerken war ich wie auch schon bei meinem letzten Besuch zu dem kleinen Pavillion gelaufen, diesmal allerdings ohne Begleitung – was mich ziemlich verwunderte, hatten diese furchtbar reichen Leute nicht irgendwo im Hinterkopf das ich ein diebischer Krimineller war, der evt. Ihre teuren goldenen Löffelchen klauen wollte??- und wie ich erwartet hatte saß Amanda auch jetzt wieder an „ihrem Platz" direkt an dem weißen Geländer wenige Centimeter vom Wasser entfernt – für sie jedoch unerreichbar – saß sie in ihrem Rollstuhl und starrte auf das flimmernde Wasser.
Es war heute warm, die Sonne schien und unter normalen Umständen – mit normalen Freunden – wäre ich heute wahrscheinlich ans Meer gefahren, hätte die sanften Wellen beobachtet, hätte ein bisschen was getrunken, hätte ein bisschen Spaß gehabt und wäre anschließend in der tiefen Nacht am Strand unter aber Tausenden von Sternen eingeschlafen.
Doch so gerne wie das Schicksal mich hatte musste es natürlich mal wieder anders kommen, natürlich hatten die Bullen mich beim Einbruch in die Lagerhallen erwischen müssen und natürlich musste Mr. Sawyer genauso ein Arschloch sein wie ich es mir vorgestellt hatte. Und natürlich war seine Tocher – wie in so ziemlich jedem fucking Teeniebuch -, ein egozentrisches, eigenwilliges Biest mit Schattenseiten und Geheimnissen.
Ohne das ich es wirklich kontrollieren konnte versuchte sich ein Lächeln auf meinem Gesicht auszubreiten, als ich das grübelnde Gesicht von der Seite musterte, ihre spitze stupsige Nase bemerkte und die vollen zu einem Strich zusammengezogenen Lippen, doch wütend schluckte ich das nervige Grinsen wieder runter, ehe meine Mundwinkel auch nur zuckten. Ich bemühte mich um eine jahrelang antrainierte eisige Fassade und stampfte mit festen Schritten die Treppenstufen zu der kleinen Kuppel hoch.
„Hallo" grüßte ich das Mädchen knapp und nickte ihr reserviert zu. Abwesend erwiderte sie mein Nicken, den Kopf auf die kleinen zu Fäusten geballten Hände gestützt und ungefragt setzte ich mich mal wieder neben sie, kramte nach meinen Zigaretten und zündete mich eine an. „Stört dich der Rauch eigentlich nicht?" fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und musterte sie abschätzig. „Nein nicht wirklich mei-...ich bin es gewöhnt, aber das interessiert dich ja sowieso nicht" zickte sie und drehte sich von mir weg.
„Exakt, trotzdem muss ich in nächster Zeit viel Zeit bei dir verbringen, und naja eine Beschwerde von dir und ich wandere auf direktem Weg in den Knast. Und bei dir? Naja du bist einsam – leugne es erst gar nicht- du hast ziemliche Probleme und dein wundervoller Vater will dir meine herrliche Anwesenheit ja unbedingt aufzwingen. Ich bin mir ziemlich sicher, das dein nächster Halt sonst die geschlossene ist Prinzessin" erklärte ich trocken und blies den Rauch aus.
Entspannt schloss ich die Augen und wartete schweigend auf Amy's Reaktion. Mal sehen ob Plan b) funktionierte....1.....2....3-"Na gut, also Jake irgendwas was ich über dich wissen sollte sowas wie „Ich habe Asthma und einmal am Tag kippe ich fast tot um, jag mir ne Spritze ins Bein und ich werds überleben"?" fragte sie und versuchte dabei locker zu klingen, was ihr jedoch gründlich misslang, denn ihre Stimme zitterte und fast glaubte ich, das sie mit den Tränen zu kämpfen hatte, doch ein Blick zur Seite bestätigte mir, dass sie noch immer in die Ferne starrte, auf einen Punkt im Nirgendwo.
„Nicht wirklich, bei dir?" fragte ich und betrachtete die im Wind schwingenden Äste der Linde über uns. „Nein, außer Muskelkrämpfen - von denen ich sowieso nichts merke - und Muskelschwund bin ich kerngesund...okay vielleicht nicht ganz aber naja" zählte Amanda monoton auf und ich schluckte...Muskelschwund....hallte es in meinem Kopf wieder und ich bekam einen ganz trockenen Mund.
Erschreckende Erinnerungen bahnten sich ihren Weg in mein Gedächtnis und erinnerten mich an das, was ich bis heute vergessen wollte. Und spätestens in dem Moment in dem mir klar wurde, das Amy genauso enden würde wie SIE, keuchte ich tonlos auf...
_________________________________
Ich lebe noch :D
Es tut mir unendlich leid, das es so ewig gedauert hat, und ich hoffe, das zumindest ein paar von euch noch weiterlesen wollen, weil mir die Story ziemlich am Herzen liegt, ich sie allerdings in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt habe aber ich habe jetzt vor wieder öfter zu updaten :*
ALG Nickii
DU LIEST GERADE
Learn to Fly
Ficção AdolescenteAmanda Sawyer, sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Längst hat sie ihren Lebensmut verloren, ist nur ein Schatten ihrer selbst, ist das Mädchen, das immer auf dem Boden der Tatsachen bleibt, nie fliegen wollte oder ein Risiko eingehen wollte. Sie...