Kapitel 12

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Wenn es den Patienten immer half, war es mir egal, dass es eine kurze Zeit mir weh tut. Es gab den Menschen immer ein Gefühl von Geborgenheit, dass sie die Schmerzen nicht alleine ertragen mussten. Natürlich arbeite ich schnell, damit der Schmerz nicht allzu lang andauert. Die Schnelligkeit hatte ich mir im Feldlager angeeignet. Bis zu diesem Tag verflogen mich die Schreie der verwundeten Soldaten. Nachdem ich mit seinem Gesicht fertig war, ließ er meine Hand auch wieder los.

"Das hast du super gemacht. Ich sehe keinen weiteren Bruch. Du musst auf jeden Fall deine Hand schonen. Belaste die Hand erst, wenn die Schwellung abgegangen ist und du keine Schmerzen mehr hast. Außerdem musst du es nach der Heilung langsam angehen, damit deine Muskeln wieder an die Arbeit gewöhnen können".

"Danke Miss?"

Er schaute mich mit einem fragenden Blick an.

"Elizabeth Hale, aber bitte nenne mich Liz."

"Elizabeth Hale, Liz. Ein echt schöner Name.", sprach plötzlich Tommy los.

"Ich schätze mal, dass du das Mädchen bist, das Polly als unsere Krankenschwester eingestellt hat."

Ich drehte mich zu Thomas um und sah ihm direkt in die Augen.

"Ich schätze mal, das bin ich. Sonst würde ich mich hier nicht um Ihren Bruder kümmern oder Mister Shelby?"

Ich drehte meinen Kopf wieder Arthur zu. Es fühlte sich gut an, Thomas die Stirn bieten zu können, nebenbei war es ein kleiner Gewinn für mich. Ich würde sagen, 1:0 für mich. Ein kleines Lächeln kam auf meine Lippen. Arthur hatte wahrscheinlich mein Lächeln gesehen, da er mich direkt anstarrte. Hoffentlich dachte er sich nun nichts falsches.

"Wie ist das alles überhaupt passiert, Arthur? Wer hat dich nur so zugerichtet?"

Arthur wendete seinen Blick mir ab und widmete ihm seinem jüngeren Bruder zu.

"Campbell hatte mich wegen einem Waffendiebstahl aufgesucht."

Meine Augen sprangen sofort zu Tommy, der immer noch hinter mir stand. Er sah mir wieder in die Augen, bevor er anfing zu sprechen.

"Elizabeth könntest du kurz den Raum verlassen. Ada wird dir das Badezimmer zeigen, dort kannst du dich frisch machen. Wir müssen ihr mal kurz eine Familienangelegenheit besprechen", sprach Tommy mit einer ruhigen, aber bestimmten Stimme, die mir ein wenig Angst einjagte.

Ich hatte wohl keine Wahl, als seiner Aufforderung nachzugehen. Seine kleine Schwester stand auf und kam auf mich zu. Ada nahm mich bei der Hand und führte mich die Treppen hinauf. Sobald ich den Raum verließ, hörte ich die Stimmen, doch konnte nichts verstehen.

Ich bedankte mich, als ich in einem Badezimmer ankam. Es würde gut tun, Arthurs Blut von meinen Händen abzuwaschen. Ich wusch mir also meinen Hände und das Gesicht. Die Müdigkeit musste mir schon in den Augen stehen. Obwohl ich mich bei der Familie Shelby in Sicherheit fühlte, traute ich mich, kein Wort auszusprechen. Nach einer gewissen Zeit, in der nur Stille herrschte, sprach Ada los.

"Du warst also auch im Krieg, wenn ich mich nicht verhört hatte. Wie war es in Frankreich so? Meine Brüder wollen mir nie davon erzählen, da sie der Meinung sind, dass es nicht gut für mich wäre, es zu wissen."

"Ich schätze sie haben recht, denn es war grausam. Ich sah Männer vor mir sterben, ohne dass ich ihnen helfen konnte. Auch wenn ich ihnen helfen konnte, starben die meisten Personen. Man kommt jeden Tag aufs Neue an seine Grenzen. Einmal wollte ich sogar aufgeben, denn ich konnte die Schreie nach Hilfe einfach nicht mehr ertragen."

Ich erzählte ihr noch ein wenig über meine Zeit im Krieg, während wir auf dem Badewannenrand saßen. In ihren Augen sammelten sich Tränen, bei den Erzählungen der Grausamkeiten und Erlebnissen des Krieges. Plötzlich stand Polly im Türrahmen. Bei ihrem Anblick raste mein Herz, da ich durch die Zeit an der Front extrem schreckhaft wurde. Sie kam auf mich zu und nahm mich in den Arm.

"Ich danke dir so sehr meine Liebe."

Man konnte ihr die Dankbarkeit richtig in den Augen sehen, doch ich war ein wenig zufrieden mit mir selbst. Ich konnte ein Leben retten, wodurch ich langsam wieder den Gefallen an meinem Beruf fand.

"Polly, ich würde so etwas immer wieder machen, denn ich will nicht, dass nicht noch mehr Menschen leiden, weil ich ihnen nicht helfen kann."

"Wollt ihr beide vielleicht eine Tasse Tee mit mir im Wohnzimmer trinken? Die Männer trinken ihren Whiskey in der Küche."

Ich nickte und nahm Adas Arm und zog sie hoch. Eine Tasse Tee am Abend würde jeden von uns nach dem heutigen Erlebten ein wenig beruhigen. Nachdem Polly das Wasser für den Tee gekocht hatte, kam sie mit den Teeschalen wieder ins Wohnzimmer. Nicht einmal ein paar Minuten später kamen die vier Shelby Brüder auch in den Raum.

Natürlich hatte der jüngste Bruder eine Teetasse in seiner Hand, anstelle von dem Glas voll mit Alkohol. Jeder suchte sich einen Platz zum Sitzen und Finn setzte sich neben mich. Man konnte ihm die Müdigkeit in den Augen sofort ansehen. Ich ließ es zu, dass Finn auf meiner Schulter einschlief. Er war lange genug wach gewesen.

Es war eine angenehme Stimmung, denn alle saßen als Familie zusammen. Eine glückliche Familie.

Now or Never - A Peaky Blinders FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt