14 ~ Erwachen

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Das Erste, was Hermine wahrnahm, war der harte Untergrund, auf dem sie lag. Blinzelnd hob sie ihre schweren Lider, sah bloß eine kahle Fläche. Nach einigen Sekunden, in denen sich ihr Bewusstsein wieder mit der Realität verankert hatte, erkannte sie, dass es eine Decke war. Die Decke des VgdK Klassenzimmers. Sie horchte in sich hinein, prüfte, ob ihr irgendetwas weh tat, aber bis auf starke Kopfschmerzen schien alles in Ordnung zu sein. Dann bewegte sie ihre Finger, versuchte zu ertasten, worauf sie lag. Es war definitiv aus Holz.
Vorsichtig neigte sie den Kopf zur Seite und erschrak innerlich, als sie Professor Snape neben sich auf einer Schülerbank sitzend entdeckte. Sie musste wohl auf einem der Tische liegen.

„Willkommen zurück, Miss Granger", schnarrte er dunkel. „Hier trinken Sie den." Er hielt ihr eine kleine Phiole hin.
Hermine versuchte nach dem Recreatio Trank zu greifen, aber ihr Arm wollte ihr noch nicht gehorchen. Sobald sie ihn anhob, glichen seine Bewegungen denen eines Zitteraals.
„Merlin ..." Genervt atmete Snape aus, beugte sich zu der Gryffindor Schülerin und tat dann etwas, womit sie niemals in ihrem Leben gerechnet hätte. Er hob mit einer Hand sachte ihren Kopf an und hielt ihr mit der anderen die Phiole an die Lippen. Nachdem sie den bitteren Erholungstrank geschluckt hatte, ließ Snape ihren Kopf wieder langsam zurück auf das Holz sinken. Umgehend durchschwämmte die Wirkung des Tranks ihre Gliedmaßen, hinterließ ein berauschendes Kribbeln.

„Danke, Sir", murmelte sie und erforschte sein Gesicht. Aber da war nichts. Wie sonst auch. Dennoch war diese Geste eben absolut untypisch für ihn gewesen. Was war vorhin passiert? Hatte sie in ihrem Ausbruch vielleicht etwas getan oder gesagt, dass ihn dazu veranlasste plötzlich so ... nett zu sein? Eigentlich hatte er sie doch eben noch wie Dreck behandelt und sie so wütend gemacht, bevor-

„Sie sollten damit aufhören", unterbrach Snape ihren Versuch, ihre Gedanken zu sortieren in dem bekannten strengen Ton.
Hermine runzelte die Stirn. „Womit aufhören?"
„Damit, sich selbst zu verletzen."
Sie hob mit großen Augen leicht den Kopf an. Der Schmerz hinter der Schläfe war schon deutlich milder. „Mich selbst verletzten? Sir, was meinen Sie dam-"
„Verkaufen Sie mich nicht für dumm, Granger!", zischte er.
Doch die Verwirrung stand Hermine weiterhin ins Gesicht geschrieben. Unerwartet griff er beinah sanft nach ihrem Handgelenk, hielt es hoch, sodass sie ihre Handinnenfläche sehen konnte. „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass Ihnen das nicht auffällt?"
Sie blickte verdutzt auf die durch Magie frisch geschlossene Wunde. War er das gewesen?
Snape legte ihre Hand wieder ab, nickte zu ihrem Kopf. „Oder das an Ihrem Mund?", fügte er hinzu.

Behutsam ließ sie ihre Zunge über ihre Lippe gleiten. Beide fühlten sich noch wund an . Und dann fiel es ihr wieder ein. „Ich ... ich dachte, ich tue das im Schlaf."
„Im Schlaf?" Seine Augenbraue wanderte nach oben. Sie nickte vorsichtig. „Nein Miss Granger, es passiert nicht während Sie schlafen. Zumindest nicht ausschließlich."
„Oh", brachte sie nur hervor, wandte ihre Augen von ihm ab. Wie oft war ihm das schon aufgefallen? Sie traute sich nicht, diese Frage laut auszusprechen. Stattdessen nagten auf einmal Schuldgefühle an ihr.
„Es tut mir ehrlich leid, Sir." Sie zwang sich, ihn wieder anzusehen. „Also das mit dem Tank. Ich wusste nicht, dass ... so etwas passieren würde." Langsam hob sie die Hand, begutachtete erneut die verheilten Wunden.
„Sie glauben, dass die Selbstverletzungen von dem Trank rühren?"
Hermine sah ihn verblüfft an. „Ja ... woher denn sonst?"
Seine Gesichtszüge wurden ernster denn je. „Miss Granger, Sie haben bereits vor der Einnahme des Tranks damit angefangen, sich selbst zu verletzten. Das hat nichts mit dem Interiorem Pacem zu tun. Es hat mit Ihrem Problem zu tun, von dem Sie mir erzählt haben."

Sie war sprachlos. Zum einen wegen des Inhalts dessen, was er gesagt hatte und zum anderen, weil er es überhaupt gesagt hatte. Wie hatte sie nicht bemerken können, dass sie sich selbst immer dann so verletzte, wenn sie ihre Wut unterdrückte? Und bei Merlin, so wie Snape sie bisher behandelt hatte, war sie fest davon ausgegangen, dass er ihr nicht glaubte oder es ihm egal war. Aber seiner Aussage gerade nach zu urteilen, tat er das ja offensichtlich doch. Dieser Mann war ein einziger Widerspruch in sich. Und dennoch ... gerade überkam sie der Gedanke, dass er sich vielleicht doch um sie ... nein! Das wäre zu weit hergeholt.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 08, 2022 ⏰

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𝐷𝑒𝑟 𝑆𝑡𝑢𝑟𝑚 𝑖𝑛 𝑚𝑖𝑟 (𝑆𝑆/𝐻𝐺)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt