Weihnachtsessen

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Nishinoya PoV

Ich schaute auf mein Handy, während ich mich auf meinen Rucksack setzte. Eigentlich wollte ich Asahi überraschen, doch er schien gar nicht da zu sein. Vermutlich hatte er Lana zu Weihnachten ausgeführt. Ja ganz sicher sogar, schließlich war sie seine Freundin und heute ist Weihnachten. Auch wenn er mir davon nichts geschrieben hatte... sonst würde ich auch nicht wie ein Trottel vor seiner Tür sitzen.

Ich seufzte schwer und blickte auf die Uhr. 17:54 Uhr. Auch wenn es noch nicht so spät war, war es schon eine Weile dunkel und deutlich kälter als tagsüber. Wenn er nicht bald nach Hause kam würde ich mir ein Hotel suchen müssen und es morgen noch einmal probieren. Na toll, dann war die ganze Überraschung umsonst.

Ich hatte Asahi weiß gemacht, ich würde Weihnachten zu meiner Familie nach Miyagi fahren und ihn dann, kurz bevor mein Flug nach Amerika ging zu ihm kommen. Da meine Eltern jedoch selbst über die Feiertage verreist waren, dachte ich ich überrasche ihn kurzerhand und verbringe mehr als nur einen Tag bei meinem besten Freund. Doch nun sah es so aus, als ob ich den heutigen Abend erst einmal ohne ihn verbringen musste, während er bestimmt ein schönes Date mit Lana hatte.

Der Gedanke gab mir einen Stich und ich wollte gerade aufstehen, als mich etwas hart in der Seite traf und ich fast von meinem Rucksack rutschte. Sofort fing ich an zu fluchen. "Au, verdammt! Schau doch, wo du hin-... ASAHI!", schrie ich aus, als ich erkannte wer da vor mir stand.

Er war noch genauso, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Natürlich sah ich immer wieder Bilder von ihm, aber das letzte Mal in Fleisch und Blut haben wir uns vor anderthalb Jahren gesehen, als er mich auf dem Flughafen verabschiedet hat. Sein Gesicht wirkte markanter, seine Haare trug er immer noch lang und in einem unordentlichen Dutt, seine Statur hatte sich kaum verändert. Ohne es kontrollieren zu können fing mein Herz wie wild an zu klopfen. Stop du dummes Ding! Nur weil die Liebe deines Lebens plötzlich vor dir steht, kannst du nicht einfach so durchdrehen...

Ich überspielte die Situation und sprang freudig auf während ich rief: „Überaschung!!! Und fröhliche Weihnachten!" Doch Asahi starrte mich nur an, sodass ich nochmal wiederholte: "Asahi?" Plötzlich kam Bewegung in ihn, er nahm mich in seine Arme, drückte mich an sich und hob mich sogar ein wenig an, als ob ich nichts wiegen würde. Derweil war auch ich in den letzten Jahren nochmal deutlich gewachsen.

Er vergewisserte sich, dass dies kein Traum war während ich ihm versicherte, dass ich wirklich da war und auf ihn gewartet hatte. Wir schauten uns noch einen Moment an, dann ohne Vorwarnung beugte sich Asahi plötzlich nach vorn und küsste mich. Er... küsste mich. Und ohne drüber nachzudenken gab mich meinem schnell schlagenden Herz nach und schlang meine Arme um ihn um den Kuss zu erwidern. So schnell, wie er mir jedoch entgegen gekommen war, so schnell zuckte er zurück und schaute etwas verlegen drein.

Auch ich spürte die Hitze in meinen Wangen, weswegen ich kurzerhand seine Hand nahm und ihn mit mir in Richtung seines Hauses zog. Verdammt Noya! Dieser Junge hatte eine Freundin! Wer weiß warum er dir diesen Kuss gegeben hat, vielleicht hatte er einfach seinen positiven Empfindungen nachgegeben, schließlich waren wir beste Freunde. Aber du kannst das nicht einfach für die Befriedigung deiner eigenen Gefühle nutzen! 

Als wir an der Haustür ankamen ließ ich seine Hand wieder los, da ich keine Ahnung hatte, wo seine Wohnung lag. Er drehte sich zu mir herum und schaute mich nervös an. "Hör mal, Noya... das eben... das-" - "Schon gut", unterbrach ich ihn und versuchte ihn anzugrinsen. "Du hast dich einfach gefreut. Ist doch nichts dabei." Er schaute mich kurz irritiert, doch dann nickte er erleichtert. Es gab mir einen kleinen Stich, aber es war besser so.

Asahi fischte seinen Schlüssel aus seiner Tasche und öffnete die Tür. "Was ist mit deiner Familie Noya? Wirst du sie auch nochmal besuchen?", fragte mich Asahi, als wir die Treppen nach oben stiegen. "Nein, sie sind selbst verreist. Wahrscheinlich sind sie froh endlich mal Weihnachten ohne das Haus voll nerviger Kinder zu feiern", lachte ich. "Und da dachte ich, ich überrasche dich. Auch auf die Gefahr hin, dass du den heutigen Abend mit Lana verbringen wirst", fügte ich noch hinzu und hoffte, dass er meine Unsicherheit nicht hörte. Wir bogen in einen langen Flur ein und standen bald vor einer einfachen Holztür. 

"Die Überraschung ist dir auf jeden Fall gelungen", sagte Asahi und schloss die Tür auf. "Ich hab deshalb aber auch nicht aufgeräumt, geschweige denn etwas ordentliches zu Essen", fügte er entschuldigend hinzu, doch ich winkte ab. Ich setzte meinen riesigen Rucksack ab und zog meine Schuhe sowie meinen Mantel aus, den mir Asahi abnahm und sah mich neugierig in seiner kleinen Wohnung um. Diese bestand eigentlich nur aus einem kleinen Raum mit einer Kochnische sowie einer Tür direkt am Eingang, die offensichtlich ins Bad führt. 

Seine Wände waren über und über mit Fotos, Zeichnungen und Postern beklebt, aus mehreren Bilderrahmen lachte mir mein eigenes Gesicht entgegen. Jedoch sah ich auch mehrere Bilder von Sugawara und Daichi, ein Hochzeitsbild von Tanaka und Kyioko sowie dem restlichen Karasuno Team. Während ich die Bilder mit einer gewissen Sehnsucht im Magen betrachtete, räumte Asahi hinter mir rollenweise Stoffe und eine Kleiderpuppe beiseite um wenigstens etwas Platz zu schaffen. 

"Entschuldige, selbst für mich alleine ist es hier manchmal schon eng genug. Aber wenn ich alles zur Seite räume, sollten wir genug Platz für deinen Futon haben", lachte er nervös. "Ach was, ich hab in weitaus kleineren Buden geschlafen, das weißt du doch", grinste ich und half ihm, die Sachen ein wenig aufzuräumen und meinen Futon auszubreiten. 

"Ah!", seufzte ich erleichtert, als ich mich auf meinen Hintern plumpsen ließ und entspannt die Augen schloss, während Asahi in seinem Kühlschrank auf der Suche nach etwas zu essen war. "Okay, was hältst du davon, wenn wir etwas bestellen und zur Feier des Tages einen Wein aufmachen?", sagte er und ich nickte eifrig. Das hörte sich nach einer guten Idee an. 

Gesagt getan, das Essen kam schon nach einer halben Stunde und wir ließen uns an Asahis flachen Tisch nieder um unser außergewöhnliches Weihnachtsmahl zu genießen. Wir redeten unglaublich viel, denn auch wenn wir uns täglich schrieben, machte uns die Zeitverschiebung oft zu schaffen und verhinderte meist eine ordentliche Konversation. Asahi erzählte mit voller Begeisterung von seinem Studium und das Glänzen in seinen Augen bestätigte mir, dass es richtig war ihn in seinen Träumen zu bestärken... auch wenn das bedeutete, dass unsere Träume tausende Kilometer trennten. 

Der stetig fließende Wein sorgte dafür, dass meine Zunge ebenfalls immer lockerer wurde und irgendwann knallte ich das Glas auf den Tisch und schaute ihn direkt in die Augen. "Jetzt aber mal Klartext: wieso bist du heute nicht mit deiner Freundin auf einem Date?"

No Distance || Asahi x NishinoyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt