Asahi PoV
Mein Herz schmerzte, als sich Noya aus meinen Armen löste. „Ich will nicht gehen. Noch fünf Minuten, ja?", jammerte er und in seinen Augen glitzerten Tränen. Ich schüttelte den Kopf und wischte ihm unter den seinen vollen Wimpern entlang. Auch wenn wir vor ein paar Tagen noch große Töne gespukt hatten, hatte ich allmählich das Gefühl, wir hatten das ganze auf die leichte Schulter genommen. Denn der Abschied fiel uns nach den letzten intensiven Tagen unglaublich schwer.
„Du musst los, Noya. Sonst verpasst du deinen Flug", raunte ich ihm zu und nahm ihn noch einmal fest in die Arme. Gerade würde ich ihm lieber so viele Küsse, wie nur möglich aufdrücken, doch ich wusste nicht, wie Noya dazu stand unsere Liebe in der Öffentlichkeit zu zeigen.
„In ein paar Wochen bin ich wieder da", sagte er und packte die Gurte seines Rucksacks fester. Er sah mich sehnsüchtig an und ich kniff meine Lippen zusammen bevor ich ihn noch einmal drückte. „Komm her. Melde dich, wenn du gelandet bist und eine Unterkunft gefunden hast! Iss genug, versuch im Flugzeug etwas zu schlafen und-" - „Asahi", unterbrach er mich. „Ich hab's versprochen. Pass gut auf dich auf und..." Er stockte und zog mich am Kragen etwas zu ihm herunter, sodass seine Lippen mein Ohr berührten. „Denk an mich, wenn du es dir selber machst, ja?", raunte er, bevor er sich abwandte und durch das Tor zur Sicherheitskontrolle ging. Mich würde es nicht wundern, wenn mein Kopf vor lauter Hitze dampfte.
Er drehte sich noch einmal um und winkte mir, bevor er um die nächste Ecke verschwand und mich allein auf dem Terminal zurück ließ.
***
„Wow, Asahi. Das klingt ja wirklich, als ob Noya und du viel erlebt hättet", lachte mir Sugawaras Stimme aus meinem Handy entgegen. Seit Noyas Abreise ist eine Woche vergangen und ich hatte das Gefühl, allmählich wahnsinnig zu werden. Ich konnte mich weder auf die Uni, noch auf irgendetwas anderes konzentrieren. Und das, obwohl in den kommenden Wochen ein größeres Projekt anstand, wo ich gut abliefern wollte.
„‚Viel erlebt' ist gut! Ich weiß gar nicht, wohin mit meinen Gefühlen! Ich vermisse ihn, die Zeitverschiebung ist einfach nur nervig und außerdem: was ist, wenn ihm ein hübscher Amerikaner schöne Augen macht? Ich hab gehört, dort geht man viel offener mit Homosexualität um. Was ist, wenn er deshalb vielleicht dort bleiben will?", jammerte ich und ließ meine schlimmsten Befürchtungen in meinem Kopf Gestalt annehmen.
„Asahi, jetzt bleib mal ganz r-", setzte Sugawara an, doch dann wurde er von einer energischen Stimme im Hintergrund unterbrochen: „Ist das Asahi? Sag ihm, er soll aufhören zu jammern, sonst komme ich höchst persönlich nach Tokio und mach ihm die Hölle heiß!" Ich wurde ein wenig rosa im Gesicht und sagte nur: „Sag Daichi bitte nicht, wie es mir wirklich geht. Ich bekomm immer noch Schiss, wenn er sich aufregt." Ich hörte Sugawara kichern und seufzte schwer. Womöglich hatten die beiden recht. Ich machte mir einfach zu viele Sorgen.
„Asahi? Ich muss jetzt los. Versprichst du mir, dir nicht so viele Gedanken zu machen?" - „Ich versuche es", antwortete ich. Und als Daichi sich noch einmal aus dem Hintergrund meldete („Man kann auch Telefonsex haben, weißt du Asahi?") beschloss ich es dabei zu belassen und verabschiedete mich von den beiden.
Die zwei hatten gut reden, dachte ich mir. Sie sind glücklich zusammen, wohnen in einer gemeinsamen Wohnung und müssen sich keine Gedanken um Distanzen und Entfernungen machen. Und doch klingelte Daichis letzter Satz gemeinsam mit Sugawaras aufmunternden Worten in den Ohren wieder. Wir würden das schon schaffen! Ich vertraute Noya und unseren Gefühlen zueinander. Wir stehen das gemeinsam durch.
Später am Abend brütete ich über meinen Projektnotizen, als mein Handy stetig vibrierte und meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Noyas Name sprang mir entgegen und sofort nahm ich den Anruf an. Es dauerte einen Moment, dann sah ich Noyas Gesicht auf meinem Bildschirm, breit grinsend und sonnengebräunt.
„Asahi! Schön dich zu sehen", rief er mir entgegen und ich winkte sehnsüchtig in die Kamera. „Noya... ich freu mich, dass es dir gut geht", antwortete ich wehmütig und dein Blick entgleiste etwas, als er erwiderte: „Mir ginge es besser wenn ich bei dir wäre... oder du hier! Hier gibt es nämlich..." Ich schluckte den dicken Kloß hinunter, der sich meinen Hals hinauf stahl und lauschte seinen Erzählungen. Es klang super spannend. Anscheinend machte ihm die Arbeit, die sich ergeben hat enormen Spaß. Irgendwann erzählte er: „Ich könnte sogar eine Ausbildung dort machen und danach selber als Freelancer arbeiten. Ist das nicht super? Die Ausbildung müsste ich nichtmal hier machen, sondern könnte sie von überall auf der Welt machen... Asahi? Hörst du mir zu?", fragte er skeptisch und ich nickte. „Von überall hört sich klasse an. Dann kannst du deine Reisen fortsetzen, während du die Ausbildung machst", antwortete ich abwesend und wurde immer trauriger.
Noya jedoch knallte seine Hand auf den Tisch, sodass ich zusammen zuckte. „Ich meinte damit, dass ich die Ausbildung auch in Japan machen kann. Bei dir! Oder willst du das nicht?", sagte er energisch und plötzlich ging mir ein Licht auf. „Oh", sagte ich nur und merkte dann jedoch an: „Aber willst du das denn?" Er rollte mit den Augen. „Glaubst du mir nicht? Das einzige, was ich will ist bei dir zu sein! Ich bin anderthalb Jahre in der Welt herum gereist um vor meinen Gefühlen zu fliehen. Jetzt... will ich einfach nur bei dir sein. Sobald der Job hier vorbei ist komm ich zurück... zu dir!", rief er und ich wurde rot.
Erleichterung machte sich in mir breit und ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. „Und ich werde da sein", antwortete ich und stützte mein Kinn auf meine Handfläche. Auch Noya sah jetzt erleichtert aus und schaute sich verstohlen um, bevor er wieder in die Kamera sprach. „Wie wäre es, wenn wir die Zeit bis dahin so effektiv wie möglich verbringen?", fragte er mich und ein Blitzen in seinen Augen verriet mir, dass er schon die ganze Zeit auf diesen Moment gewartet hatte.
„Was meinst du damit?", fragte ich irritiert zurück und er lehnte sich verstohlen nach vorn und raunte: „Bist du gerade allein?"
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No Distance || Asahi x Nishinoya
FanficInhalt: Asahi ist traurig und glücklich zugleich. Während er seinen Traum von Modedesign verwirklicht und damit auf den Ratschlag seinen besten Freundes gehört hat, kann er nichts gegen das Verlangen zu tun, diesen fest in seinen Armen zu halten...