Kapitel 5: Krankenflügel

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Auf dem Flur starrten uns die Schüler an, als hätten wir gerade den zweiten Weltkrieg überlebt und würden mit fehlenden Körperteilen die langen Gänge entlanglaufen. Naja ich lief und Eric wurde geschleift. Ihm schien das Ganze sehr zu gefallen, denn er grinste breit. Ich fand das gar nicht lustig:

„Warum hast du das getan? Du hast mir einen riesen Schrecken eingejagt!"

„Du sorgst dich um mich, wie süß!", antwortete er grinsend. Jetzt wurde ich wütend.

„Wechsel nicht das Thema!", ich zog ihn durch die Tür. Drinnen stank es nach Desinfektionsmittel und Medikamenten, in den Schränken standen eng aneinandergereiht jede Menge Flaschen und Dosen in den verschiedensten Farben. In der Mitte des Raumes stand ein Krankenbett, von dem man aus den großen Fenstern schauen konnte.

„Was kann ich für sie tun?", fragte Frau Maxim, die Schulärtztin. Sie sah zu Eric.

„Himmel Hilf, heilige Mutter Maria, was ist denn mit ihnen passiert?, stoß sie entsetzt aus.

„Er ist gegen einen Baum gelaufen dieser Pfosten", erklärte ich sachlich und realitätsnah. Eric verdrehte die Augen.

„Ich habe mich geprügelt. Und natürlich gewonnen"

„Es war unentschieden, ihr hättet nicht aufgehört, wenn Tyler euch nicht auseinandergebracht hätte", meine Gesichtszüge verengten sich.

„Nein ich hätte gewonnen!", protestierte Eric.

„Stimmt nicht es war unentschieden", also langsam nervte der Typ.

„Kinder, nun streitet euch nicht", warf Frau Maxim ein.

„Lass mich dich mal näher betrachten. Ah ja, bin gleich wieder da.", ihre grünen Augen glänzten, als sie Eric bat auf der Liege Platz zu nehmen. Dann verschwand sie im Nebenzimmer.

„Was hast du dir nur dabei gedacht?", fragte ich ihn erneut.

„Sie hat dich beleidigt", verteidigte sich Eric

„Ja kein Grund ihren Freund zu schlagen"

„Doch, er war nicht nett, außerdem habe ich gesehen, wie er letztens ein Pausenbrot geklaut hat", ich starrte ihn fassungslos an.

„Ist das dein Ernst? Wegen eines PAUSENBROTES?", er schaute verdutzt.

„Nein wegen dir. Ich wollte dich beschützen Selly", das war das erste mal, dass er mich bei meinem Spitznamen ansprach. Außerdem hatte noch nie jemand so etwas für mich getan. Ich fühlte ein kribbeln im Bauch. In dem Moment kam Frau Maxim zurück.

„Selena, wartest du bitte draußen?", bat sie mich.

„Natürlich, bis gleich", ich verließ das Zimmer und lehnte die Tür an.

Die Schulglocke hatte bereits geklingelt, alle Schüler waren im Unterricht, außer Jeremy und Annika, die waren einfach nach Hause spaziert. Drinnen hörte ich Gemurmel:

„Er wird nichts erfahren! Ich bin fast soweit. Sie vertraut mir!", ich erkannte Erics Stimme. Sie vertraut mir? Wer ist SIE? Ich stieß die Tür leicht an. Sie knarrzte. Erschrocken drehten sich die beiden zu mir um.

„Wie lange stehst du schon da?", fragte mich Frau Maxim.

„Ich bin grad erst reingekommen, ich wollte nach Eric sehen", log ich.

„Achso mir gehts gut!", sagte dieser erleichtert. Ich wurde nervös.

„Können wir in den Unterricht zurück? Die anderen warten sicher schon auf uns"

„Klar, ich komme", mit diesen Worten sprang er von der Liege und schwubs stand er neben mir in der Tür.

Wir schwiegen während wir den Weg zum Klassenzimmer suchten, vorbei am Schulhof und den Naturkunderäumen. Dann durchbrach Eric das Schweigen.

„Was ich vorhin gesagt habe meinte ich ernst. Ich ..."

„Können wir nachher darüber reden? Ich muss mich auf den Unterricht konzentrieren.", er wusste genau wie ich, dass es dieses nachher niemals geben würde.

„Natürlich", stotterte er und wir betraten den Klassenraum.

Alle drehten sich zu uns um.

„Tschuldigung", nuschelte ich und setzte mich neben Lara.

„Alles in Ordnung Selly?", fragte meine beste Freundin.

„Ja ich hab nur was gehört, was ich nicht hören sollte und jetzt bin ich verwirrt", antwortete ich ihr.

„Bist du sicher, dass es nur da ist, oder haben sich deine Gefühle für Ben in Gefühle für Eric verwandelt?"

„LARA!", sagte ich entsetzt.

„Ruhe dahinten", beschwerte sich da auch schon Herr Gorden. Manche kicherten und einer schlief sogar. Wie kann man mitten am Tag einpennen?

„Das hast du auch schon geschafft", erinnerte mich Lara freundlicherweise, da sie meinen Blick entdeckt hatte.

„Was? Stimmt nicht!", gab ich zurück.

„Doch! In Latein!",erwiederte Lara.

„Ja Latein ist ja auch zum einschlafen", versuchte ich mich zu verteidigen, und konzentrierte mich wieder auf den Unterricht, was dezent schiefging, denn die Zahlen an der Tafel ergaben keinen Sonn und drehten sich im Kreis, oder waren es Buchstaben?

Wer war SIE? Wer vertraute Eric? Was hat das alles mit Erics Vater zu tun? Und wie steckte Frau Maxim da mit drin?
So viele Fragen und keine Aussicht auf Antworten.

SelenaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt