Amber
Sie hat Henry im Raum gespürt, doch hat sich nicht anmerken lassen, dass sie wach war. Was nicht sonderlich schwer zu spielen ist, da Amber sich schwach fühlt. Raven hat sie hart erwischt. Ihr ganzer Körper schmerz fürchterlich. Ihr Gelenk brennt und pocht unaufhörlich. Jeder Atemzug bereitet ihr Qualen, da sich die gebrochene Rippe gegen den Lungenflügel pickst. Und ihr Bauch? Der ist blau und Violett angelaufen. Amber würde es nicht wundern, wenn sie Dutzende innere Blutungen hat und bald für immer die Augen schließt. Doch vorerst, muss sie hier raus.
Sie blickt zu Tom hinüber, der ebenso mit der Ohnmacht kämpft. Seine Stirn glänzt vor Schweiß, der ihm tropfenweise hinab läuft. Seine Atmung ist angestrengt und sieht ebenfalls qualvoll aus. Aber er ist wach. Das war er die letzten Stunden nicht und Amber hatte bereits Angst, dass es zu spät ist.
Henry hat mit ihm geredet. Über was, hat Amber kaum verstanden, doch als er gegangen ist, war ihr Mann wütend. Gut so! Sie würden sich nicht brechen lassen.„Sieh mal was ich habe", flüstert sie in die Stille des Kellers und hält die kleine Nadel empor. „Ich hole uns hier raus."
Sie sieht, wie er leicht den Kopf schüttelt, doch sie lächelt ihn an, obwohl es sie verdammt viel kostet. Ihr ist nicht zum Lächeln zumute. Am liebsten würde sie sich in die Ecke verkriechen und bitterlich weinen. Denn so fühlt sich Amber. Doch sie ist stark. Sie muss stark sein. Erst wenn sie geflohen ist, kann sie sich ausruhen und endlich ihren Gefühlen erliegen.
Unter ächzenden Lauten richtet sie sich auf und greift nach der Kette, an dem ein altes Schloss hängt. Sie steckt die Nadel hinein und stochert herum, obwohl sie nicht weiß, wie das funktioniert. In den Filmen klappt es ja auch immer. Ein bisschen links, hoch, runter und meistens macht es Klick und man ist frei. Doch es ist viel schwerer als erwartet.
Minutenlang stochert sie in dem Loch herum und je länger sie braucht, desto frustrierter wird Amber. Was ist, wenn es nicht klappt? Wenn alles umsonst war?
„Verdammt", flucht sie laut, als sie abermals abrutscht.
Seufzend lehnt sie ihren Kopf an die kühlen Fliesen. Ihr Arm tut bereits von der permanenten Anstrengung weh. Sie ist mindestens seit Stunden dran und hat nichts erreicht.
„Verdammt", haucht sie leise.
Doch sie muss es schaffen. Henry würde irgendwann wieder kommen oder noch schlimmer. Raven. Denn mittlerweile hat sie mehr Angst vor ihm als vor ihrem Mann.
„Ich schaffe das", murmelt sie und hebt abermals die Hand mit der Nadel. „Ich muss es schaffen."
Nach weiteren Minuten oder Stunden, Amber konnte es nicht sagen, da ihr jegliches Zeitgefühl fehlte, klickt es plötzlich. Wie erstarrt hält sie inne, als sie spürt mit der Nadel etwas getroffen zu haben. Langsam atmet sie aus und versucht, abermals gegen den Mechanismus zu drücken. Als ein weiteres Klicken ertönt, hätte sie fast gejubelt. Die Manschette löst sich von ihrem Gelenk und fällt klirrend auf den Boden.
„Ich habs", jubelt sie und wendet sich zu Tom. „Ich bin frei."
Er sieht sie an, doch Amber merkt, wie nahe er der Ohnmacht bereits wieder ist. Sie erhebt sich unter Anstrengung und eilt zu der Werkbank, um sich eines der Messer zu schnappen.
„Wir kommen hier raus", spricht sie mehr zu sich selbst, als sie an Tom ran tritt und seine Fesseln durchtrennt. Anschließend nimmt sie ihm den Knebel aus dem Mund und ein Seufzen entgleitet seiner Kehle.
„Amber", haucht er und klingt dabei so unfassbar schwach.
„Nicht reden", fordert sie. „Ich hole dich hier raus. Du darfst nur nicht ohnmächtig werden. Verstanden. Sonst schaffe ich das nicht."
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Darkness-Geheimes Verlangen
RomanceAchtung - diese Geschichte wird am 31.12.24 aus Wattpad herausgenommen!!! Abgeschlossen ♡︎♡︎♡︎ 𝔽𝕣𝕖𝕚𝕙𝕖𝕚𝕥! Ein einfaches Wort und doch scheint es für Amber unerreichbar zu sein. Jahrelang war sie gefangen in einem Käfig aus Unterdrückung, Ang...