Kapitel 4 - Der Verschleierte in Kera

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"Mein Herzog ..., die Berserker haben ihren Auftrag hervorragend erledigt. Der Geliebte der Alpha sitzt im tiefsten Verlies und die Ratsarmee ist damit beschäftigt, die Grenzen zu sichern", berichtete ein Diener dem hündischen Herzog Dedra.

Der Herzog von Kera genoss die Worte des Boten. "Habe ich jetzt euer Vertrauen gewonnen?", fragte ein Mann, der hinter dem Thron auf die Antwort des Hundes wartete. "Ihr habt euer Versprechen eingehalten. Natürlich dürft ihr in meinem Reich bleiben", antwortete der Herzog stolz.

"Die Frage ist, wie lange es noch euer Land ist. Die Wölfe und Katzen drängen auf eine militärische Intervention. Wenn die Armee einmarschiert, müsst ihr vorbereitet sein. Mit meiner Hilfe wird euch der Rat als unabhängigen Staat anerkennen", umgarnte der Verhüllte den Herzog. Dieser Mann trug eine schwarze Robe und verdeckte mit einer Maske sein Gesicht. Die Kapuze hing so weit über dem Kopf, dass es selbst schwer war, die Maske genau zu erkennen. 

Dieser Mann tauchte vor wenigen Tagen auf und versprach dem Herzog eine Macht, mit der er den Rat bezwingen könnte. Um seine Kräfte zu präsentieren, ließ er seine Diener den Grenzposten angreifen und den Geliebten der Alpha entführen. Niemand wusste, woher er kam, aber der Herzog schien das nicht zu interessieren.

Bereits kurz nach dem Auftauchen des Verhüllten erklärte Dedra ihn zu seinem Berater. Alle Berater des Herzogs warnten ihn, nicht dem Mann zu vertrauen. Dafür landeten alle im Gefängnis, weil der Verhüllte Dedra davon überzeugte, sie könnten einen Putsch beginnen, wenn sie in Freiheit blieben.

Stück für Stück gelang es ihm, der einzige Vertraute des Herzogs zu werden. Der Adlige tat so alles, was der Mann wollte. Der Verhüllte gab ihm trotzdem das Gefühl, dass er selbst die Zügel in den Pfoten hielt. Alle, die der Verschleierte entfernen lassen wollte, bezeichnete er als Verbündete des Rats oder gar als Mitglieder der Geheimdienste. Der Herzog glaubte jedes einzelne Wort. Er wirkte wie süchtig nach ihm.

Die Armee des Herzogs folgte ihm nur noch, weil sie ohne die seltsamen Berserker nicht imstande wären, sich gegen den Rat zu stellen. Auch wenn es niemand aussprach: Die gesamte Bevölkerung von Kera wusste, dass die Katzen nicht locker lassen würden, bevor die Region wieder in deren Besitz ist. Sie waren hin- und hergerissen zwischen Nationalstolz und ihrem gesunden Verstand. Sie fürchteten sich vor den Konsequenzen einer Eroberung für sie. Der Herzog hatte das Gerücht verbreitet, die Katzen würden die Einwohner vertreiben, wenn Kera Teil der Katzenwelt würde.

In der Festung des Herzogs wüteten die Generäle des Herzogtums. Sie kritisierten das Attentat auf die Alpha und die Ermordung der Grenzwächter. Kurz zuvor erreichte sie die Nachricht, dass der Rat der Welten die Truppenanzahl an der Grenze zu Kera verdreifachte. Selbst mit den ominösen Berserkern standen nun einem ihrer Soldaten zwanzig Soldaten des Rates gegenüber. Sie empfahlen ihrem Herrscher dringend, sich zu ergeben und den Wolf freizulassen. Sie voraussagten ansonsten die völlige Vernichtung des Landes. Dann müssten sie sich nicht mehr Sorgen machen, was passiert, wenn die Katzen dieses Land regieren.

Der Verhüllte flüsterte Dedra ins Ohr: "Sie verraten euch gerade. Sie haben sicher bereits ein Abkommen mit dem Rat geschlossen." Der Herzog geriet in Rage und befahl seinen Leibwächtern, sie in den Kerker zu werfen. Ohne zu zögern, nahmen sie die Generäle fest und schleppten sie weg.

"Mein Herzog ..., euer ganzer Hof besteht nur aus Verrätern, die entweder auf euren Platz aus sind oder im Hintergrund mit dem Rat Abmachungen schließen", äußerte der mysteriöse Mann. "Ich kann niemanden mehr vertrauen. Ihr seid mein einziger Verbündeter, dem ich noch trauen kann. Wir müssen handeln, bevor meine Geier mich erwischen", stellte Dedra besessen fest.

Der Verschleierte folgte den Gängen des Verlieses. In fast jeder Zelle steckte ein Gefangener. Die meisten von ihnen waren ehemalige Vertraute des Herzogs. Der Mann hatte zur Sicherheit alle Wachen durch seine Berserker ausgetauscht. Eigentlich benötigten sie keine Wachen, weil die Inhaftierten in einer Art von Trance waren. In gewisser Weise war das für die Gefangenen auch ein Segen. Ihre Zellen bestanden nur aus kalten Felsen. Sie hatten weder Betten noch Fenster.

Desto tiefer er ging, desto weniger Fackeln erleuchteten das Gefängnis. Der Mann schien kein Problem mit der Dunkelheit gehabt zu haben. Es wirkte mehr so, als würde er die Finsternis genießen.

Er blieb vor der tiefsten Zelle stehen. In diesem saß ein wacher Wolf: "Glaubt ihr wirklich, dass der Rat der Welten meinetwegen keine Offensive startet? "Ihr Tiere agiert einfach viel zu emotional. Sie werden nicht angreifen", entgegnete der Verhüllte. "Also, was wollt ihr von mir? Ich bezweifle, nur ein Entführungsopfer zu sein", wollte Wayvern wissen. "Auf diese Frage habe ich gewartet. Meine Krieger und ich verlassen Kera, wenn ich ein Stück des Kristalls erhalte. Mehr möchte ich nicht. Ich finde, dies ist ein faires Angebot", erklärte der Mann grinsend. Dabei bewegten sich die Gesichtszüge seiner Maske

Für ihn war der Herzog nur ein Mittel zum Zweck. Er interessierte sich nur für den Katzenkristall in Gaia. Ansonsten hätte er niemals diesen Aufwand betrieben. Er empfand die Macht des Kristalls als überwältigend. Nicht mehr wünschte er sich, als ein Stück zu besitzen.

Der Wolf fing laut an zu lachen: "Du glaubst wirklich, dass sie dir ein Stück geben würden. Sie bewachen ihn strenger als eine Mutter ihr Kind. Sie werden ein Teufel tun und einen Splitter abgeben." "Dann werden sie die Konsequenzen dafür bezahlen", reagierte der Verhüllte wütend.

"Auch wenn deine Monster versuchen, Gaia zu erreichen, würden sie bereits in kürzester Zeit überrumpelt", erwähnte der Wolf ruhig. Darauf wandte er sich ab und verkroch sich in die dunkelste Ecke seiner Zelle. Er zuckte nicht einmal, als der Verschleierte gegen das Zellengitter schlug. Er ließ sich nicht als Druckmittel benutzen.

Währenddessen gab der Verhüllte auf und verließ das Verlies.

Zurück im Thronsaal stieß er erneut auf Generäle, die ihre Bedenken äußerten. Sie warnten ihren Herzog vor einer gefährlichen Inversion. Das Militär empfahl ihm eine bedingungslose Kapitulation. Sie appellierten unaufhörlich auf die Vernunft des Herzogs. Die Körperhaltung der Hunde sprach dabei Bände. Jeder Laie konnte dessen Furcht deuten.

Umso mehr fühlte sich der Verschleierte in seiner Handlung bestätigt. Nicht mehr der alte Narr hielt die Zügel in der Hand, sondern er. Hätte er nicht die Kontrolle übernommen, wäre das Land bereits in den Pfoten der Katzen. Der Verhüllte benötigte allerdings einen ausgeklügelten neuen Plan. Er vergaß, die Sturheit der Katzen mit einzubeziehen.

Der Manipulator blickte um sich herum, bis sein Blick an einem Gemälde hängen blieb. Dieses zeigte den Kaiser der Hunde auf seinem Thron. Es war nicht das einzige Bild des Monarchen in der Festung. Auch nach seinem Sturz verehrten die Einwohner ihn. Niemand würde es wagen, die Gemälde abzuhängen. Sie warteten auf die Rückkehr ihres geliebten eingebildeten Herrschers.

Plötzlich hatte der Mann einen Geistesblitz. Es gab etwas, dass die Katzen unbedingt wollten: den Kaiser. Im Austausch für ihn würden ihm die Katzen bedingungslos ein Stück des Kristalls geben. Er wusste, dass sie alles taten, um den Kaiser zu finden. Ihm müsse es aber gelingen, die Anhänger des Herzogs zu überzeugen, dass sie ihren Herrscher suchen, damit der Kaiser nicht in die Hände des Rates fällt.

Der Verhüllte begab sich zurück zum Herzog, welcher seinen Soldaten nicht wirklich zuhörte. Dedra murmelte nur vor sich hin, dass alle Verräter seien.

Der Adlige lebte gerade nicht in der Wirklichkeit. Den Einwohnern von Kera fehlte eine Führungsperson, die sie durch diese Krise führt.

Sein Handeln trug bereits Früchte ...

Am Ende des Saales beobachtete ein junger Hund die Ereignisse der letzten Tage mit Besorgnis.

Der verschollene Imperator - Der Rat der WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt