Kapitel 10 - Der Schwarze Tod

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"Vermutlich werden die Berserker nicht in der Lage sein, uns zu folgen. Selbst die feinste Nase könnte in diesem Gestank nichts riechen", schlussfolgerte einer der Agenten mit zugehaltener Nase.

Die drei marschierten bereits eine halbe Stunde, durch die teilweise zerstörte und verstopfte Kanalisation. Die Einwohner hatten anscheinend den Schutt und ihren Müll im Tunnelsystem abgelagert. Ein Wunder, dass die Stadt nicht vollständig nach Kanalgeruch stank.
Jegliche Verbindungen zu den Abwassergruben außerhalb der Gemeinde versperrten entweder Trümmer oder Berserker verschlossen sie, um eine Flucht zu verhindern. Jedenfalls mussten die Gejagten einen Ausweg finden, der nicht bewacht wurde. Bisher patrouillierten an jedem Gully Wachen. Innerhalb weniger Stunden die meistgesuchten Personen zu werden, war wohl Behördenrekord.
Da Wayvern sich noch dazu weigerte, die Stadt ohne Hyten zu verlassen, blieb ihnen nichts anderes übrig, als einen Weg in die best bewachteste Festung der Region einzudringen. Leider hatte keiner wirklich eine Idee, wie sie das machen sollten und an der Oberfläche stieg die Dichte des schwarzen Nebels.
"Man merkt, wie verwöhnt ihr Katzen seid. Ihr betrachtet die Welt immer aus der Sicht eurer hochmodernen Hauptstadt Gaia, mit einem riesigen U-Bahnsystem und zwei separierten Kanalisationen. In vielen Städten sieht es nicht viel besser aus als hier. Die Spuren des Krieges werden wohl noch Generationen beschäftigen. Vielleicht werden die Wunden auch nie wieder vollständig verheilen. Solange aber dieser Verhüllte frei agieren kann, wird in dieser Region weiter das Chaos herrschen", entgegnete Wyvern ernst.
Seine Abneigung gegenüber deren Überheblichkeit ließ er deutlich heraus. Die Kater wagten es aber auch nicht, zu widersprechen. Wie auch viele andere Katzen bemitleideten sie die Einwohner von Kera aber nicht mal ansatzweise. Immer noch herrschte die Wut über die Zerstörung des heiligen Katzenwaldes.

Mit dem Standort der Festung verspotteten die Hunde damals die überlebenden Katzen. Damals wuchsen hier die ältesten Bäume des Landes und beherbergten eine Vielzahl an Tieren. Innerlich dankten die Agenten aber auch dem Herzog, keine Wiederaufbaumaßnahmen begonnen zu haben. Wenn sich Wiederaufbau nicht lohne, würde die gesamte Stadt abgerissen und der Wald wieder aufgeforstet.
Plötzlich ertönten Stimmen in einem Nebengang: "Wir müssen diese Eindringlinge als Erstes finden! Das Kopfgeld wird uns über die Runden bringen!" Die Hunde stampften laut durch das Wasser und drehten sich ständig um. Mit dieser Halbherzigkeit könnten die Hobby-Kopfgeldjäger sie nicht mal im prallen Sonnenlicht finden.
"Die Berserker lassen hier niemanden rein. Sie müssen einen Eingang genutzt haben, der nicht bewacht wird", reimte sich Wayvern zusammen. "Jetzt muss uns ja nur noch gelingen, diese Stümper abzuschütteln, ein Kinderspiel", entgegnete ein Agent sarkastisch.

Als die Patrouille in deren Blickfeld kam, stieß einer der Kater die anderen beiden tiefer in die Dunkelheit. Unter den Pelzen der Hunde tauchten leuchtende Beulen auf. Immer wieder kratzten sich die Infizierten am Körper. Mehr beschäftigten sie sich aber nicht mit ihrer Krankheit.

"Der Schwarze Tod", flüsterte Wayvern geschockt.

Die Pest galt eigentlich in dieser Region als ausgestorben. In der Vergangenheit verloren viele Tiere ihr Leben, bis die Eindämmung gelang. Seit über einhundert Jahren wurde kein Fall nachgewiesen und nun entdeckten sie eine gesamte infizierte Truppe, die sich nicht um ihre Krankheit kümmerten. Wahrscheinlich würde in den kommenden Tagen eine Epidemie in der Stadt ausbrechen. Ohne vernünftige Gesundheitsversorgung bedeutete dies das Todesurteil vieler. Mit der Blockade der Stadt gelangten wenigstens keine Infizierten aus der Stadt. Die drei hofften, dass keine Kranken im ersten Flüchtlingsstrom entkommen sind.

"Für Mitarbeiter des Geheimdienstes existiert eine Impfpflicht. Wir sind gegen die Pest geimpft, aber wie sieht es bei euch aus?", fragte ein Agent angespannt und leise.

"Will ich wissen, weshalb der Auslandsgeheimdienst vorschreibt, vor einer eigentlich ausgestorbene Infektionskrankheit geschützt zu sein?
Ich bin zwar gegen die üblichen Infektionskrankheiten geimpft, aber nicht gegen die Beulenpest. Schlimmer kann es nicht werden", stellte der Wolf reumütig fest.

In den Agenten rumorte der Verdacht, der Verschleierte könnte absichtlich eine Epidemie ausgelöst haben, um noch mehr Druck auf die Ratswelten auszuüben. Wenn es zu einer Pandemie käme, drohe ein Chaos. Der Verhüllte ging wortwörtlich über Leichen, um seine Ziele zu erreichen.
Umso mehr verstärkte es die Kater, die Stadt unmittelbar zu verlassen, anstatt Hyten zu entführen. Desto früher die Staaten davon erfuhren, desto geringer bestehe ein Risiko auf Verbreitung der Beulenpest. Wenn nötig, müssten sie Wayvern dazu zwingen, seinen Plan fallen zu lassen. Käme es zu einer Infektion, hätten die zwei maximal vierundzwanzig Stunden Zeit, um den Wolf in ein Krankenhaus zu bringen.
"Planänderung, wir ...", einige Hunde unterbrachen den Agenten: "Dort sind sie! Fangt die Ratsnarren ein!"
Wayvern stieß mit seinen Pfoten eine Wasserfontäne auf die Verfolger ab. Sich ekelnd, fielen die Hunde zurück, während die drei sich immer mehr Zeit verschafften.
Wenigstens ein Vorteil hatte dieses dreckige Abwasser.
Hartnäckig blieben ihre Verfolger aber an ihnen. Der Drang nach dem Kopfgeld überstieg deren Vernunft. Die Pest-Symptome verhinderten üblicherweise solche Körperanstrengungen. Irgendetwas stimmte nicht mit dieser Variante der Beulenpest.
Vielleicht wusste der Verhüllte von dem Infektionsschutz der Geheimdienste der Katzenwelt, ansonsten wäre er niemals dazu gezwungen, eine neue Art der Pest zu erschaffen. Das Brummen von Berserkern hüllte plötzlich die Katakomben ein.
Die Rufe der Hunde hatte deren Aufmerksamkeit auf die drei gezogen.
Vor ihnen tauchten eine Vielzahl an Monster auf. Mit ihren Augen fixierten die Diener des Königs die Eindringlinge unheimlich. Kurz zögerten die Einwohner der Stadt, entschieden dann aber, ihre Ziele nicht aufzugeben.
Die Krankheit schien ihren Verstand so zu vernebeln, dass sie selbst aussichtslose Schlachten riskieren, um das Kopfgeld zu erhalten.
Die drei versuchten schnell eine Lücke zwischen den Fronten zu finden, doch bevor sie reagieren konnten, schloss sich der letzte Pfad.
Sie waren umzingelt.


Dieses Mal ist das Kapitel ein wenig kürzer. Ich hoffe, euch gefällt es trotzdem. Gebt mir gerne jegliches konstruktives Feedback.

Der verschollene Imperator - Der Rat der WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt