Kapitel 7 - Willenskraft

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Hyten wachte gefesselt an einer grauen Kristallsäule auf. Nur dessen schwaches Licht erhellte leicht den Raum. Erst auf den zweiten Blick erkannte der Hund, dass er an insgesamt drei Säulen festgebunden war. Dicke Metallseile hielten ihn an seinen vier Beinen in der Luft und eine dicke Fessel drückte seinen Hals an die Mittlere. Er versuchte sich zu befreien, aber ihm gelang nicht mal eine Regung. Selbstständig könnte sich Hyten niemals befreien.

"Mein Gast ist endlich wach", äußerte der Verschleierte, als er den Raum betrat und ihn mit ungewöhnlichen Kerzen erhellte. Wirklich viel erkannte der Hund aber nicht, bis auf einige Amulette, Tränken und ihm nicht bekannte Gerätschaften.

"Was willst du von mir? Ich bin der Sohn deines Herrn!", knurrte der Thronfolger schmerzhaft, weil die Fessel um seinen Hals auf seine Stimmenbänder drückte. Jedes Wort ließ ihn leiden.

Lachend bewegte sich der Vermummte um den Hund herum. Hyten überlegte dabei, ob er ihn jemals Lachen gehört hat. Jedenfalls schauerte ihn dies.

"Glaubst du wirklich, dass ich deine Anwesenheit im Verlies nicht mitbekommen habe. Du unterschätzt gewaltig meine Macht", äußerte der Mann bedrohlich. Genussvoll strafte er jedes Seil weiter und zog die Fessel um seinen Hals enger. Hyten schrie laut seinen Schmerz heraus. Das Atmen fiel ihm immer schwerer und er befürchtete, seine Beine zu verlieren, wenn die Seile noch kürzer würden.

"Irgendwie macht es Spaß, dich leiden zu sehen. Schrei doch bitte noch etwas lauter! Dein Vater war viel zu leicht", höhnte der Verhüllte.

Panisch erneuterte der Gefangene seine Frage: "Was willst du von mir? Ich bin keine Bedrohung für dich und deine Diener."

"Wenn du es unbedingt wissen willst: Die Willenskraft deines Vaters ist zu gering, um meine Kräfte auszuhalten, im Gegensatz zu dir. Dein Vater stirbt und ich brauche dich, damit meine Macht in Kera gefestigt wird", erklärte der Manipulierer ruhig. "Ich würde lieber sterben, als dir zu dienen!", reagierte der Thronfolger wütend.

"Ich fürchte, dafür ist es bereits zu spät", erwiderte der Verschleierte und berührte eine Säule nach der anderen. Schlagartig wuchs der Kristall auf die Seile und schritt langsam auf Hyten zu. Stück für Stück breitete es sich schmerzhaft auf dem Körper des Hundes auf. Als Letztes begann der Kristall auch über die Halsfessel zu wachen. Immer mehr überdeckte es sein Gesicht, bis es ins Maul eindrang und danach in die Nase und seine Ohren. Erst als Hyten vollständig eingehüllt war, verlor er das Bewusstsein. Währenddessen leuchtete sein Körper in einem ungeheuerlichen Schwarz, das erst aufhörte, als der Kristall langsam abbröckelte.

Hervortrat ein unglaublich veränderter Hund. Sein Pelz hatte jegliches Braun verloren und war dadurch nur noch lackschwarz. Die Stärke seiner Muskeln stieg deutlich und seine Krallen wirkten länger und schärfer. Als er seine Augen öffnete, zeigten sich kräftig leuchtende rote Augen.

"Wie fühlst du dich, Prinz?", wollte der Verhüllte interessiert wissen. "Mein Körper fühlt sich seltsam an ...", äußerte Hyten überlegend. "Und wem dienst du?," fragte der Verschleierte mit lauter Stimme. Ohne zu zögern, antwortete der schwarze Hund: "Euch, Meister, ich bin euer ergebenster Diener." 

Selbst durch die Maske erkannte man das Leuchten der Augen des Mannes. Er rief einige Berserker her, die vor dem veränderten Hund auf die Knie fielen. "Sie erkennen dich als ihren neuen Herrscher an. Mit dem Ritual habe ich dir einen Teil meiner Kräfte geschenkt und dich somit zu einem Hund verwandelt, der sich seinen Feinden ohne Angst und Reue entgegenstellt", erklärte sein neuer Meister.

Der Hund spürte die Gedanken seiner Jünger und ihm gelang es, wortlos Befehle zu erteilen. Wenn er die Augen schloss, konnte Hyten aus der Sicht gezielter Berserker sehen. Er erkannte durch eine Wache den Thronsaal, in dem sein Vater geistesabwesend auf dem Thron saß. In ihm stieg der Groll auf, als er den Herzog sah. Dieses mickrige Wesen durfte nicht mehr der Herrscher von Kera sein, ansonsten würden sie alle sterben. Kera benötigte einen starken Hund an der Spitze, so wie er seit dem Ritual war. Er selbst könnte das Herzogtum, nein Königreich zu seinem alten Glanz verhelfen. Nur sein Vater stand ihm dabei im Weg.

Der verschollene Imperator - Der Rat der WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt