Kapitel 9 - Jäger oder Gejagter?

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"Eure Majestät! Geht es euch gut?", wollte ein Magier besorgt von der Königin der Katzen wissen. Sie wirkte plötzlich neben sich und stützte sich auf den Tisch. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit schien die Kätzin wieder in der Wirklichkeit zu sein: "Das Gleichgewicht in Kera ist zerbrochen. Finsternis hüllt das Land ein. Informiert den Rat der Magier. Die Dunkelheit breitet sich schnell aus." Unverzüglich verschwanden einige Soldaten.

"Katzona, was geschieht in Kera?", wollte die Alpha besorgt wissen. Die Wölfin schickte alle Anwesenden raus und pausierte damit die Taktikbesprechung. Mürrisch gehorchten die Berater der Aufforderung. Danach schloss die Anführerin der Wölfe alle Eingänge.

"Irgendjemand oder irgendwas hat ein Ritual durchgeführt, welches das Licht vertreibt und die Kontrolle über willensschwache Seelen übernimmt. Solange es wirkt, können wir nicht das Risiko eingehen, Truppen zu entsenden", erklärte die Magierin grübelnd. Sie nahm einen Bleistift und staffierte eine Fläche auf der Karte von Kera vor ihr. Inmitten dieses Bereiches lag die Hauptstadt. Mehrere Quadratkilometer um der Gemeinde herrschte bereits der Nebel.
"Unsere Hoffnung und das Schicksal von Wayvern liegt also alleine in den Pfoten der beiden Agenten", stellte Wenoa fest und sorgte sich dabei um ihren Gefährten, "Sind sie aber in der Lage, zu widerstehen?"
"Jeder Mitarbeiter der Geheimdienste erhält während des dualen Studiums ein Training, wie er oder sie magischen Beeinflussungen widersteht. Wenn es jemand kann, dann sie. Und sie werden alles Mögliche unternehmen, um Wayvern zu retten. Sei dir da sicher!", munterte die Ratsvorsitzende ihre Freundin auf. Sie räumte alle Figuren vom Kartentisch und positionierte vier Steine um die Ländereien.
"Ist es nicht übertrieben, eine Barriere zu erschaffen?", wollte die Wölfin wissen. Ohne auf die Frage einzugehen, verfeinerte die Königin ihre Positionen: "Die Kristalle bilden eine rein magische Mauer, die nur den Einfluss dieser dunklen Magie unterbricht. Ich kann nicht das Risiko eingehen, dieser Magie freien Lauf zu lassen. Ich werde die Bundesregierung informieren und den Geheimdienst um weitere Agenten bitten. Bis jetzt waren wir die Jäger, aber von nun an sind wir die Gejagten."
Bevor Wenoa etwas erwidern konnte, klopfte es an einer der Türen und zog ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt: "Eure Majestäten, hier sind einige Besucher aus Nerathie, die dringend um eine Audienz bitten. "Wie war das mit Nerathie und kein Risiko für die Ratswelten? So schlampig arbeitet euer Auslandsgeheimdienst aber selten", kommentierte die Alpha lästernd und spielte dabei auf die letzte Allianzratssitzung an, dessen Thema unter anderem der Kontinent war. Wenn es die Kätzin nervte, zeigte sie es jedenfalls nicht und erlaubte den Eintritt.
Eine Vielzahl an Hellebardenträgern flankierten eine Gruppe von Menschen zur Königin der Katzen. Alle trugen die gleichen besonderen Amulette, die der Gesetzgeber vorschrieb, wenn Unbekannte sich der Monarchin näherten. Sie verhinderten magische Interaktionen, was Katzona sofort stutzig machte. Diese Menschen konnten keine normalen sein, ansonsten hätten die Wachen, die Artefakte nicht ausgeteilt. Die Kätzin lehnte diese Praktiken ab, weil diese Amulette eigentlich nur erschaffen wurden, um Gefangene etwaige magische Fähigkeiten zu nehmen. Man behandelte also Unbekannte genauso wie Gefangene.
Hinter den Neuankömmlingen tauchte ein Kater in silberner Uniform auf. Er salutierte und bat um das Recht, zu reden, was ihm sofort erteilt wurde: "Etwas Ungewöhnliches ist geschehen. Die Marine hat dutzende Schiffe aus Nerathie abgefangen und zum Sinken gebracht.
"Schöne Umschreibung für zerstört", erwiderte die Alpha trocken, "Habt ihr nützliche Informationen erhalten?" "Die Überlebenden berichteten alle von einem Mann, der sich die Königshäuser zu Feinden gemacht hat. Mit der Höhe seines Kopfgelds könnte man die Einwohner von Canis für mehrere Wochen unterhalten", berichtete der General kurz angebunden.
Entgegen der Etikette mischte sich einer der Menschen ein: "Dieser Mann ist der Grund, weshalb wir hier sind. Ich würde euch alles erzählen, was wir wissen, wenn ihr mir eine Audienz gestattet."
Die Königin musterte den Mann wortlos. Selbst das Artefakt verhinderte nicht, dass er eine ungewöhnliche magische Ausstrahlung hatte. Alle Menschen, den sie bereits begegnet war, besaßen so etwas nicht. Als sie bemerkte, wie Wenoa leise knurrte und die Ankömmlinge zuckten, erkannte die Ratsvorsitzende das Ungewöhnliche. Ihre Aura bestand aus einer Mischung aus Mensch und Wolf. Anscheinend wusste die Alpha ziemlich genau, dass es Tierwandler gab, die sich in Wölfe verwandeln konnten. Sie würde sich später damit beschäftigen, dass die Wölfe so etwas Essenzielles verschwiegen hatte. Vorerst musste die weiße Kätzin aber mehr von dem Nebel und seinem wahrscheinlichen Erschaffer erfahren: "Begleitet mich nach draußen. Wir können gerne unter vier Augen sprechen." Dabei beachtete die Monarchin den scharfen Protest ihrer Freundin nicht und führte den Anführer der Gruppe zu einer Tür, die auf die Mauer führte. Dort lehnte sich die Königin aufs Geländer und wartete darauf, dass er anfing, zu sprechen.
Dessen Körperhaltung zeugte von seiner Anspannung und erst, als er mehrfach tief ein und aus geatmet hat, begann er zu reden: "Meine Begleiter und ich sind Gestaltwandler mit dem Tier Wolf. Unsere Ahnen wurden vor Generationen von den Wölfen vertrieben und haben sich Nerathie als neue Heimat gesucht."
Die Königin unterbrach ihn, bevor der Tierwandler weiterreden konnte: "Der Rat wird sich später mit dem Handeln der Wölfe beschäftigen, versprochen, aber kommt nun auf den Punkt."
"Ich will sofort ehrlich sein: Mein Bruder glaubte, es wäre die Zeit, Rache an den Wölfen zu nehmen, für das, was sie uns antaten. Er hetzte die Reiche auf, die Chance zu nutzen, während die Wölfe durch den Krieg gegen die Hunde geschwächt waren. Als die Allianzgründung bekannt wurde, traten die Herrscher von ihren Plänen zurück und weigerten sich, die Allianz anzugreifen. Von diesem Tag an verschwand er, bis plötzlich die Lord of Dungeon die Oberfläche betraten und ihn als seinen Herrscher bezeichneten", berichtete der Mensch angespannt.
"Wie ist es ihm gelungen, sie zu vereinen und unter seine Kontrolle zu bringen?", wollte Katzona erstaunt wissen. Sie schaute ihn dabei so an, als versuche sie, seine Gedanken zu lesen. "Ihm gelang es, ein altes Volk zu befreien, was eigentlich nur in Legenden lebte. Dafür schenkten ihm diese Wesen eine Macht, die wir uns nie vorstellen konnten. In seinem Wahn sammelte er alle Artefakte, die seiner Meinung nach seine Kräfte steigern. Wir glauben, dass sein nächstes Ziel euer Kristall ist, weil ihn nichts mehr auf Nerathie zufrieden stellte.

Als wir erfuhren, dass ein Verschleierte in Kera mit sonderbaren Monstern auftauchte, schlussfolgerten wir, dass es nur mein Bruder sein kann. Er muss aufgehalten werden, bevor er weiteren Schaden anrichtet, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt und solange seine Monster ihn begleiten, können wir ihn nicht aufhalten!", beschrieb der Gestaltwandler ihren Grund, weshalb sie ihre Heimat verließen. Die Ratsvorsitzende drehte sich von ihm weg und schaute nach Kera. Es wirkte alles so ruhig in ihrem Sichtfeld und doch spürte die Kätzin großes Unheil. Die Körpersprache des Menschen verriet ihr, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Keine Lüge erkannte die Magierin in dessen Worte und trotzdem sagte ihr Verstand, vorsichtig zu sein.
Wenoa hatte recht mit der Aussage, ihr Schicksal lag nun in den Pfoten der zwei Kater. Auch wenn dieser Mann ihre Sicherheit bedrohte, konnte sie nicht einfach ihrer Armee befehlen, einzumarschieren. Jede mögliche Handlung barg Risiken, welche nicht abzuschätzen waren.
"Berichtet den anwesenden Mitgliedern des Kriegsrates von eurer Geschichte", befahl die Königin der Katzen dem Menschen und schickte ihn zurück.
Als der Gestaltwandler die Mauer verlassen hatte, strich die Kätzin über ihren Magen und flüsterte leise: "Wie schön wäre es, wenn du in einer Welt aufwächst, in der nur Frieden herrscht. Du hast bereits jetzt ein schwereres Schicksal auf deinen Schultern. Ich hoffe, ich kann es dir so leicht machen, wie möglich."

"Wenn wir sofort agieren, könnten wir einen schnellen Sieg einfahren", schlug ein Hund lautstark vor und bemerkte dabei nicht, wie die Ratsvorsitzende den Raum wieder betrat:

"Es gibt keine Sieger in einem Krieg. Es gibt nur Verlierer. Der Mantel des Sieges verschleiert stets die Verluste des angeblichen Gewinners. Ich bin des Kämpfens müde und das Gleiche gilt für die Einwohner der Ratswelten. Ich will keine trauernden Familien mehr sehen, die Angehörige in sinnlosen Schlachten verloren haben. Die Angst, dass das nächste Klopfen an der Haustür Soldaten sind, die den Tod verkünden, soll endlich aufhören. Mein Ziel ist es, diesen Teufelskreis aus Kriegen zu beenden, aber leider sehnen sich einzelne nach Krieg und Macht und zwingen uns zu etwas, was wir nicht wollen. Diese Gier sorgt für Leid und Schaden. Aus diesem Grund werde ich keiner Invasion in Kera, grünes Licht geben, bevor ich nicht zu hundert Prozent sicher bin, dass es keine anderen Wege gibt. Wie soll Kera sich in die Katzenwelt eingliedern, wenn die Bevölkerung durch einen Angriff unsererseits zürnt. Der Wille, sich gegen die einmarschierenden Truppen zu wehren, wird nicht einfach brechen, wenn die Flagge der Katzenwelt in der Hauptstadt weht. Wir selbst würden ebenfalls so reagieren, weil wir für unsere Ideale kämpfen. Selbst wenn die Lage so aussichtslos wirkt, leuchtet immer ein Funken Hoffnung, der selbst die größten Despoten in die Schranken weist."

Schweigen trat ein, denn niemand wagte es, ihr zu widersprechen. Besonders der Hund, der laut seinen Plan ausposaunte, machte kein Mucks. Für jeden war klar: Solange Katzona sich weigert, findet keine Invasion statt.
"Wenn ihr so Tatkräftig seid, Leutnant, könnt ihr gerne eure Energie nutzen und die restlichen Allianzkönige versammeln. Die veränderte Sachlage bedürft ihre Anwesenheit", äußerte oder vielleicht besser befahl die weiße Kätzin unmissverständlich. Eingeschüchtert nickte dieser und verließ den Raum, stieß dabei aber mit einem Boten zusammen, der eine Botschaft für Königin überbringen sollte. Hechelnd überbrachte er unverzüglich die Nachricht: "Der neue Herrscher von Kera möchte mit euch sprechen, sofort ..."

Anfangs sollte das Treffen zwischen den Tierwandlern und Katzona bereits im 7. Kapitel stattfinden, aber hier war meine Schreibblockade, weshalb es erst jetzt mit veränderter Handlung gekommen ist. Die symbolische Äußerung von Katzona kennen wahrscheinlich schon einige aus einem Post. Bedenkt einfach mal die Worte und schreibt, woran ihr denkt, wenn ihr diese Worte lest

Der verschollene Imperator - Der Rat der WeltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt