J U N E⚔︎
In dem einen Moment stand er noch in der Gasse, und im nächsten bereits vor mir. Ich hatte vergessen, wie schnell er war, so schnell und geschmeidig wie ein Geist, den man nicht fassen konnte.
Unnahbar, geheimnisvoll, gefährlich. Und unverschämt sexy.
Er hatte ein markantes Gesicht, das eher grob als hübsch wirkte und die lange Narbe, die von seiner Stirn quer über sein Auge bis hin zu seinem Kinn reichte, liess sein finsteres Gesicht zunehmend düsterer erscheinen.
Als er vor einigen Tagen mit seinem Rudel in Minkaujin eingetroffen war, hatte sich keine der Frauen unseres Dorfes gewagt, sich ihm zu nähern, und wenn doch, dann nur die mutigsten unter ihnen und selbst diese hatten nach dem Versuch einen grossen Bogen um ihn gemacht.
Es schien, als würde er niemand um sich haben wollen. Als würde er die Gesellschaft anderer nicht mögen, gerade zu hassen.
Ich fragte mich, wieso das so war und ob er meine Gesellschaft auch lieber mied, so wie meine beiden Geschwister.
»Was tust du hier?« fragte ich leise.
Seine sturmgrauen Augen fixierten mich und er starrte mich stumm an, aber er wirkte abgelenkt.
»Sie muss hier irgendwo sein!«
»Ich will das ihr sie findet und ergreift! Das war der Befehl unserer Majestät.«
Mein Herz pochte nervös und ich sah leicht unsicher zu ihm hoch. »Ich weiss, ich hab deine Hilfe schon mehr als einmal in Anspruch genommen. Aber könntest du -«
»Ich hab sie gefunden!«
Ein Schuss ertönte, gleich darauf riss mich Arrow zur Seite und schützte mich so vor der Kugel, die nun in die Wand einschlug – genau dort, wo mein Kopf gewesen war.
Ich wollte schon an einen meiner Dolche langen, als Arrow bereits sein Messer mit präziser Genauigkeit auf den Wachmann warf.
Mit einem Schrei ging er zu Boden.
Schon hastete die nächste Wache um die Ecke, seine Pistole bereits auf uns gezielt, da schlang Arrow seinen Arm um meine Taille und riss mich mit sich durchs Portal.
Wind schlug mir entgegen und ich hielt mich instinktiv an ihm fest. Wir befanden uns auf einem Dach. Doch das war es nicht, das mich irritierte. Es waren die Schmetterlinge, die in meinem Magen explodierten und das elektrisierende Kribbeln, dass mich erfasste, überall wo er mich berührte.
Ich blickte in seine silbergrauen Augen, in das düstere, von Gewalt gezeichnete Gesicht und es fühlte sich an, als würde er mich schon meine ganzen 122 Sonnenumläufe kennen.
Ich wollte abermals meine Hand nach ihm ausstrecken und ihn fragen: Was hat das zu bedeuten?
Ein zweites Portal erschien neben uns.
»Wohin?« schienen seine Augen zu sagen.
»Bring mich fort von Minkaujin. Irgendwohin, egal wo, bring mich einfach nur von hier weg in Sicherheit, bitte.«
Er führte uns abermals durch ein Portal und schon befanden wir uns umgeben von Nadelbäumen.
Es war um einige Grade kälter, die Sonne war gerade dabei, aufzugehen und die Luft war durchtränkt mit dem Geruch des Waldes.
Wir befanden uns in Semeera, seiner Heimat und dem Königreich der Nordischen Werwölfe.
Ich war also wieder am gleichen Standpunkt, wie noch Stunden zuvor. Ich war weder in meiner vertrauten Heimat, noch konnte ich dort zurückkehren. Ich hatte keine Familie, keine Freunde, keine Verbündeten und keinen Ort, wo ich hinsollte.
Ich hatte gar nichts mehr.
Tränen brannten in meinen Augen, aber ich schluckte sie hinunter. Zitternd atmete ich ein, strich mir meine goldblonden Haare aus dem Gesicht und schlang meinen blutroten Mantel enger um mich, als es weitere Grade zu sinken schien.
»Sie wollte mich umbringen ... Was sag ich da, Reyna will mich umbringen. Ich hatte es schon immer geahnt, weisst du.« sagte ich zu Arrow, sah jedoch nachdenklich hoch zwischen die Baumkronen in den Morgenhimmel. »Meine Schwester ist nicht gerade liebevoll und ich war ihr schon immer ein Dorn im Auge. Eigentlich kann ich es ihr auch nicht ganz übelnehmen, immerhin hab ich unsere Mutter mit meiner Geburt in den Tode gezogen – aber mich gleich umzubringen... Ich weiss nicht, findest du das nicht ein wenig drastisch?«
Als er nicht antwortete, drehte ich mich zu ihm und sah ihn an.
Er hatte sich nun schon unerklärlicherweise mehrere Male für mich eingesetzt und ich wusste nicht warum. Ich bedeutete ihm nichts, konnte ihm nichts liefern und anbieten.
Bildete ich ihn mir nur ein? Entsprang er nur meinen Tagträumereien? War er so etwas wie ein Seigar?
Ich schüttelte meinen Kopf ab mir selbst.
Sei nicht albern, June, dann hätte er doch Flügel! Oder er würde mir Süsses unter mein Kopfkissen legen.
Ich seufzte. Ich wusste nicht, was Arrow dazu bewegte, mir zu helfen, aber ich konnte nicht anders, als ihm trauen zu wollen, auch wenn es nur darauf hinauslief, dass er sich von mir wendet, sobald er mich besser kennenlernte und erkannte, dass ich nicht normal war. Anders. Unbeliebt. Speziell.
Ich steckte meine Hände in meine Manteltaschen und versuchte nicht an Grossvater zu denken, der mich wie kein anderer akzeptierte.
»Was soll ich nun tun? Wohin?« flüsterte ich und fühlte mich mit einem Schlag verloren. Als würde ich ganz alleine im grossen, weiten Vesharischen Meer treiben, ohne eine Hand, die sich nach mir ausstreckte, um mich zu sich ans Ufer zu ziehen.
Arrow, der mich einige Momente lang still musterte, drehte sich plötzlich um und lief davon. Dann, als ich schon dachte, er würde mich einfach mitten in fremdem Territorium sitzen lassen, blickte er über seine Schulter und hob sein Kinn.
Komm.
Ich lächelte und folgte ihm.
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hey babes 🖤
zweites kapitel! wie hat es euch gefallen? 🥰
und was haltet ihr von Arrow und June? 😏
Kommentiert und stimmt ab 🖤
love you guys,
xx raven
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Werewolf⚔︎ KURZGESCHICHTE DER " a mate's call " SERIE ⚔︎ (Kann unabhängig von allen 4 Teilen der Serie gelesen werden) ⚔︎ June hat alles hinter sich gelassen und begibt sich nun in das Land der Werwölfe. Plötzlich muss sie sich in einem neuen Rudel zurec...