A R R O W

10. Kapitel

Arrow mit 523 Sonnenumläufen

⚔︎

»Arrow, da bist du ja. Ich habe dich erwartet.« meint die Königin, als ich in die Halle trete und dreht sich zu mir um.

Ich neige meinen Kopf und zeige ihr meinen Respekt.

»Du fragst dich bestimmt, wo die anderen acht Schatten sind. Nun, ich wollte nur dich sehen.« Silaya streicht über ihr glitzerndes, goldiges Kleid, das zu leuchten scheint an ihrer dunklen Haut. »Es geht nicht um eine neue Mission.«

Um was dann?

»In einem Sonnenumlauf seid ihr fertig mit eurer Ausbildung. Helias wird nicht mehr euer Anführer sein und jemand von euch wird zu seinem Posten ernannt.« offenbart sie mir und kommt dann auf mich zu.

Ich bleibe, wo ich bin und verschränke meine Hände hinter meinem Rücken.

»Wir wissen beide, dass du der beste von all meinen Schatten bist. Du hast alle Trainingseinheiten überlebt und jede Mission erfolgreich zu Ende gebracht, egal unter welchen Konsequenzen.« Silaya lächelt und man sieht ihr nicht an, dass ihr die 23 anderen Kinder, die unsere Ausbildung nicht überlebt hatten, leidtun. »Dich hat nie etwas gebrochen, egal, wie sehr ich die Massnahmen bei dir verstärkt habe. Ich kenne jede Schwachstelle meiner Schatten, weiss, wann ihr Wille bricht und sie kurz davor sind, zu sterben.«

Sie bleibt vor mir stehen und lacht.

»Evrin ist so offensichtlich, dass ich seinen wunden Punkt schon bei seiner ersten harten Folter erfasst hatte. Er strebt nach Anerkennung und Akzeptanz und hat Angst vor Schmerz. Geraldins Phobie vor Spinnen ist so gross, dass ihr Herz stehen bleibt, wenn sie auch nur die kleinen, haarigen Beine auf ihrer Haut spürt und Persly reisst sich die Haare aus, wenn er zu lange unter der Erde begraben ist. Bei jedem einzelnen meiner kleinen Schatten kenne ich die Schwachstelle, aber bei dir ...«

Sie sieht mich intensiv an und ihre goldenen Augen leuchten auf.

»Du warst für mich schon immer ein Mysterium. Wochenlange Folter haltest du stumm aus und vor Höhe scheust du dich nicht. Schlangen können dir nichts anhaben und lebendig begraben zu werden lässt dich härter werden. Ich habe dir die Haut verbrennt, jeden Knochen zertrümmert und dennoch bist du nicht daran zerbrochen. Du hast sogar zehn Sonnenumläufe lang geglaubt, dein eigener Wolf sei ein Dämon und ihn weggesperrt.« Sie hebt mein Kinn. »Keiner kann ein wahrer Schatten sein, wenn er seiner grössten Angst nicht gegenübergestanden ist und sie wieder und wieder durchlebt, bis er nichts mehr spürt. Ihr seid meine Schatten, ihr seid Waffen, die ich schleife und die nichts fühlen dürfen. Dein Leben gehört mir Arrow, genauso wie deine Seele, aber dafür muss ich sie erst brechen.«

Sie lässt mich los und nickt dann entschieden. »Und das wird jetzt auch kein Problem mehr sein, denn ich kenne jetzt deine Schwäche, dank dem Informanten, der sie mir gegeben hat.«

Meine Hände ballen sich hinter meinem Rücken zu Fäusten. Wer hat sie ihr gegeben? Geraldin? Nimra? Persly?

»Evrin. Komm doch bitte hervor.«

Ich erstarre bei ihren Worten und sehe zu, wie Evrin in die Halle tritt. Unmöglich.

»Du glaubst mir nicht.« stellt Silaya erstaunt fest mustert mich. »Du liebst ihn so sehr, dass du deinen stärksten Feind nicht siehst, mein kleiner Schatten. Ich wusste schon immer, dass Evrin dich verraten würde, um das zu kriegen, was er will.«