17. Kapitel

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J U N E

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»Du siehst was für Dinger?« wisperte Rowtag verdattert, als er hinter mir die Gänge entlang schlich, den langen Kampfspeer in einer Hand.

»Seigars, kleine Drachengeister.« flüsterte ich zurück, während ich meinen Blick weiterhin auf meine kleinen, flinken, fliegenden Freunde hielt und ihnen folgte.

»Ahaaaa...?« meinte Rowtag nur und murmelte dann: »Das ist verrückt. Völlig verrückt, heilige Scheisse. Ich folge einer verrückten Frau und halte sie nicht einmal davon ab. Was tue ich hier nur?«

Mein flaches Schuhwerk, das ich mit zwei Bändel entlang meinen Waden hochgeschnürt hatte, erzeugte keinen einzigen Laut und ich bewegte mich leichtfüssig und schnell, mit kleinen Schritten.

Die Gänge waren schmal, und die Decken nieder. Es war ein Betonkomplex, und die Lampen surrten an der Decke, einige stiegen sogar aus. Der Geruch von abgestandener Luft umhüllte uns.

»Was läuft eigentlich zwischen euch beiden?«

Ich drückte mich an die Wand und spähte vorsichtig um die Ecke. Ich wurde immer unruhiger, denn mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich, war Arrow in Gefahr. »Was meinst du?« flüsterte ich zurück.

»Na, du bist die einzige Person, die Arrow in seiner Nähe duldet und dass über fünf Minuten. Er leiht dir seine Klamotten, gestattet dir, bei ihm zu wohnen. Er beschützt dich sogar vor unseren Rudelmitgliedern.«

Mein Herz schlug plötzlich schneller und meine Wangen wurden heiss, bei dem Gedanken, dass ich etwas Besonderes für Arrow sein konnte und damit meine ich Besonders auf positive Art und Weise.

Die Luft war rein. Ich rannte den Seigars hinterher, den Korridor hinab und blieb dann vor der Treppe stehen, die wendelartig in die Tiefe führte.

Ich kaute auf meiner Backe. »Das zählt nicht.« erinnerte ich Rowtag, so wie mich selbst, während ich darauf wartete, dass meine kleinen Seigars zurückflogen und mir sagten, ob wir grünes Licht hatten und der Kerker menschenleer war. »Ich habe ihn so zu sagen dazu gezwungen, mich bei ihm aufzunehmen, er hat es nur aus Freundlichkeit getan.«

Ich sollte all die Sonnenumläufen, in denen mich die Leute gemieden haben, nicht vergessen und törichterweise in einer Fantasiewelt leben, in der mich ein dominanter, gutaussehender, wenn auch ein wenig düsterer Werwolf mochte.

»Glaub ich nicht. Arrow lässt keinen an sich heran und ausserdem ist Freundlichkeit kein Wort, mit dem ich ihn beschreiben würde. Schon ein Wunder, wenn er jemandem gestattet, ihn anzuschauen. Ich bezweifle, dass er dich zu sich nach Hause in sein Territorium lassen würde, nur um dir einen Gefallen zu tun. Wenn ihn auch nur eine Frau anlacht, sieht er sie so eiskalt an, dass sie sich tagelang nicht in seine Reichweite traut. Ich hab noch nie miterlebt, dass er jemand anfasst, oder sich von jemand anfassen lässt.« Er sah mich nachdenklich an. »Bei dir jedoch, verhaltet er sich irgendwie anders.«

Tatsächlich?

Verhielt sich Arrow mir gegenüber anders? Und wenn ja, dann wieso?

Er hatte mich in Minkaujin mit seiner stillen, aufmerksamen Art schon fasziniert und dann hatte er mich vor seinem Rudel beschützt, genauso wie vor der Garde meiner Schwester. Er hatte mich bei sich aufgenommen. Mir ein Dach über dem Kopf gegeben und mir Nahrungen besorgt.

Er war mir ein Freund gewesen – in gewisser Hinsicht.

Ich hätte gerne noch mehr nachgehackt und alles über Arrow erfahren, als plötzlich die Drachengeister zurückflogen und wie wild vor mir hin und her zischten.

Ich griff instinktiv nach Rowtags Hand und zog ihn um die Ecke zurück und drückte mich gegen die kalte Betonwand.

»Was ist?« zischte er.

Mein Puls raste und mein Atem ging flach, doch ich zwang mich zur Ruh. Ich drehte meinen Kopf zu Rowtag, legte den Zeigfinger auf den Mund und formte mit den Lippen: still.

Dann drangen Stimmen zu uns.

»Du hast es verloren?« ertönte eine männliche Stimme in schierem Unglauben. »Was meinst du mit du hast es verloren

Schwere Schritte, die die Treppe hochstiegen.

»Es ist mir eben runtergefallen.«

»Runtergefallen? Bei Hades Höllenflammen, wie kannst du nur!« Er war wütend. »Evrins Auftrag war klar und deutlich gewesen: Findet das Drachenelixier und bringt es mir!«

Mein Herz schlug nervös gegen meine Brust. Drachenelixier? Was in aller Meere sollte das sein?

Ich sah Rowtag fragend an, aber er schüttelte ebenfalls ahnungslos den Kopf.

»Kein Grund zur Panik, wir finden eben ein neues.«

»Es gibt aber kein neues, Dummkopf! Wir haben doch bei der letzten Zeremonie das letzte Fläschchen verbraucht.«

Ihre Stimmen wurden immer leiser, bis sie schlussendlich verstummten.

»Los!« zischte Rowtag, bevor ich etwas sagen konnte und rannte dann mit mir die Wendeltreppe hinab in den rechten Korridor.

Der Gang lag verlassen vor uns. Es war kalt und dunkel, keine Lampen oder Fackeln, die uns Licht spendeten. Ich war kein Werwolf, meine Augen passten sich nicht an die Dunkelheit an, sodass ich kaum etwas erkennen konnte.

Nimra sagte, dass Arrow in einer der hinteren Zellen untergebracht werden musste, also lief ich den Gang hinab und flüsterte den Seigars zu: »Findet Arrow!«

Sie flogen kreuz und quer, bis sie vor einer Tür stehen blieben und aufgeregt mit ihren Flügeln flatterten.

»Hier!« wisperte ich zu Rowtag, steckte meine Hand in meine Manteltasche und fischte den Schlüssel hervor. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und mit einem Klick schwang die schwere Metalltür auf.

Wir traten in den Raum. Ich hatte meinen Dolch kampfbereit erhoben und Rowtag stand direkt neben mir mit seinem Speer, doch die einzige Person, die sich in der Zelle befand, war Arrow, der an einem Pfosten hing und kein Wank machte.

Mein Dolch fiel mir aus der Hand und schlitterte über den Boden.

Ich war nicht annähern auf das vorbereitet, was ich sah. Ich hatte angenommen, dass sie ihn nicht ohne Strafe davonkommen lassen würden, aber doch nicht so etwas. Heiliger Ozuro, es war ein Massaker...

Mein Atem stockte. »Arrow?« flüsterte ich entsetzt und konnte nicht wahrhaben, was ich da sah. Was hatten sie ihm nur angetan?


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☁️ Fünftes Kapitel der Lesenacht ☁️

Eure gedanken? ☺️🐺🖤


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