Kapitel 4 (Charlise)

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Laut der Standuhr ist jetzt wohl 13:00 Uhr. Eben wurde mir ein kleines Tablett mit Mittagessen vor die Tür gestellt. Es wurde an die Tür geklopft und eine Frau rief: "Ich bringe ihnen ihr Mittagessen Hoheit. Sie können es sich in einer Minute nehmen, es steht vor ihrer Tür." Zu dem Zeitpunkt dachte ich noch, dass ich jetzt was Richtiges bekommen, da ich schon kein Frühstück hatte, aber nein, eine Brühe und mehr nicht. Ich habe mich echt gefühlt, als wolle man sich über mich lustig machen. Letztendlich habe ich zwei Theorien aufgestellt; entweder wollen sie mich langsam verhungern lassen, da sie mich augenscheinlich eh nicht hier haben wollen oder sie haben Angst, dass ich nicht in das Kleid passe. Ich gehe von zweiterem aus, auch wenn es mein Selbstwertgefühl nicht gerade steigert. Im Grunde sollte es mir egal sein. In ein oder zwei Stunden bin ich eh von dem Verstecken befreit, obwohl befreit ist vermutlich das falsche Wort für diese Art von Situation.

Eine halbe Stunde später klopft es an meiner Tür und Elisabeth, Hedwig, Elise und Lady Minna kamen rein. Lady Elise umklammert in ihren Armen sanft einen riesen Haufen Stoff, Lady Elisabeth eine Schatulle, genauso wie Lady Hedwig. Lady Minna hat die Arme nur stur vor der Brust verschränkt und starrt aus dem Fenster. "Setzen sie sich, wir haben schließlich nicht ewig Zeit!", meint sie schließlich streng und weist auf den Stuhl vor dem kleinen Schminktisch. Widerwillig setze ich mich und Lady Hedwig und Lady Elisabeth stellen ihre Schatullen vor mir ab. Lady Hedwig öffnet ihre und holt sämtliche Cremen und Öle heraus. Sofort beginnt sie damit mein Gesicht und Hände zu behandeln. Schließlich soll ich aufstehen und mein Nachthemd ausziehen, damit sie den Rest meines Körpers einkremen kann. Die ganze Situation wird mir dann aber unangenehm und ich bitte die vier, dass ich das alleine mache. Zum Glück respektieren sie meinen Wunsch und drängen sich in dem kleinen Vorzimmer zusammen. Ich beeile mich, um nicht noch einmal angemotzt zu werden. Die Creme ist zum Glück schnell eingezogen, so dass ich sie wieder rein rufe, damit sie ihre Arbeit fortführen können. Lady Hedwig Brüstet und frisiert mir die Haare während Lady Elisabeth sämtliche Ketten, Ohrringe und Armbänder aus ihrer Schatulle holt. "Ist es in Ordnung, wenn wir die Armbänder weglassen? Es ist so irritierend sie zu tragen." "Selbstverständlich, hätte ich auch gemacht." "Danke."

Nach einiger Zeit scheinen die beiden fertig zu sein. Um Lady Minna nicht zu reizen, sie hatte mich schon oft genug böse angesehen, wenn ich mich unterhalten habe, stehe ich unverzüglich auf, um das Kleid anzuziehen. Lady Elise hatte erzählt, dass es ein Erbstück des Königshauses von Dangosien war. Als sie es aus der Stoffhülle holt glaube ich ihr kein Wort. Es wirkt zu modern um 200 Jahre alt zu sein. Letztendlich bin ich aber nur erleichtert, dass es nicht irgendein Eierfarbener Kartoffelsack ist, im Gegenteil! Es ist an der genau der richtigen Stelle tailliert und schulterfrei, durch einen, von weitem sicherlich durchsichtigen Stoff, der auf dem weißen Grundstoff lag, wirkte es, als ob kleine, ebenfalls weiße Blütenblätter überall auf dem Kleid liegen und mein Dekolleté verzieren. "So!", klatscht Lady Minna in die Hände, "Jetzt fehlt nur noch der Schleier!" Ruppig steckt sie mir das Ding von hinten in die Frisur und drückt es so fest, dass ich damit niemals den Tag überleben könnte, ohne durchzudrehen. Lady Elisabeth reicht mir noch die viel zu hohen Schuhe und schon werde ich durch die leeren Flure, vorsichtig über den Kies und schließlich in eine protzige Kutsche geschleppt. Kaum eingestiegen sehe ich die Königin vor mir sitzen. "Guten Tag, Hoheit.", Grüße ich sie freundlich, doch sie bringt nur ein falsches Lächeln hervor. "Kommen wir gleich auf den Punkt.", meint sie mit strenger Stimme, "Ich habe keine Ahnung weshalb mein verstorbener Mann, möge er in Frieden ruhen, beschlossen hatte sie mit meinem Sohn zu verloben. Froh sind wir darüber zumindest nicht.", das erklärt einiges, "Vor allem deshalb kann ich es nicht zulassen, dass sie meine Familie schlecht oder schwach darstellen werden. Ich erwarte von ihnen, in der Ehe mit meinem Sohn totale treue. Mir ist es egal wie sie sich mit Kirian verstehen werden, in der Öffentlichkeit sind sie immer ein glückliches Paar. Wenn sie auch nur einen Fehler machen sollten, finde ich Mittel und Wege, um sie büßen zu lassen! Bedenken sie, in etwas mehr als einer Stunde sind sie kein kleines Prinzesschen mehr, sind dann verantwortlich für ein ganzes Land! Ich hoffe für sie, dass ihnen das bewusst ist!" Oh... Man will mich wirklich nicht hier haben. Teile ihrer Beweggründe kann ich ja verstehen, aber einem ganzen Folk etwa vorspiele? Lügen? Eigentlich bin ich nicht so... Habe ich eine andere Wahl? Vermutlich nicht... "Natürlich Hoheit...", antwortete ich schließlich. Der Rest der Fahrt verlief ihn einem angespannten und unangenehmen schwiegen.


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Nach einer halben Stunde Fahrt hält die Kutsche vor einer riesigen Kirche inmitten einer Großstadt. Es ist immer merkwürdig, wie groß der Unterschied zwischen Stadt und Land ist und wie nahe sie aber doch beieinander liegen. Meine Gedanken werden unterbrochen, da die Tür geöffnet wird und ein lautes Gerufe von Draußen zu uns rein schallt. Eine Hand wird in den Innenraum der Kutsche gereicht und Königin Katharina steigt als erste aus. Das Gerufe von draußen wird noch lauter. Wieder reckt sich die Hand in den Innenraum und die dazugehörige Person wartet darauf, dass ich sie ergreife, um gefahrlos aussteigen zu können. Jetzt ist es so weit. Es gibt keinen Weg zurück mehr. Gab es den überhaupt? Komm Charly, dass schaffst du! Mach deinen Vater stolz und noch mehr, dieses Land! Von Draußen erklingt ein dezentes Räuspern, ich habe mir wohl etwas zu lange Mut zugesprochen, auch wenn es sich nicht so angefühlt hatte. Schnell greife ich also nach der Hand und trete in das Sonnenlicht, dass zur Mittagszeit wie ein Lichtkegel auf mich gerichtet war. Zumindest fühlte es sich so an, da ich schlagartig im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Von mindestens 50 Wachen aufgehaltene Menschenmengen drängen sich nach vorne, zu mir, jubeln und klatschen und was man sonst so machen würde, wenn jemand gleich heiratet, den man kennt. Nur kennen mich diese Menschen nicht und ich sie nicht, vermutlich werden wir uns auch niemals kennenlernen, aber trotz dessen hilft es mir. Auch wenn es absurd ist. Zuerst haben sie mich eingeschüchtert aber schlag artig geben sie mir ein Gefühl der Bestärkung und Bestätigung. Ein breites Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, auch wenn niemand sonst es sehen kann und winke, so freundlich wie meine Mutter und Tante Kai es mir in den letzten Jahren eingeschärft hatten. Ich bemerke gar nicht, wie mir ein großes Blumengesteck in die Hand gedrückt wird und ich von vielen kleinen Mädchen in bezaubernden Kleidern umringt werde. Bis sie an meinem Saum ziehen und mich darauf aufmerksam machen, dass es jetzt los geht. "Prinzessin, sie müssen sich jetzt aufstellen! Sie heiraten doch gleich!", spricht mich ein kleines Mädchen direkt an. Ich knie mich zu ihr hin und frage sie: "Kannst du mir vielleicht zeigen, wo ich hinsoll?" "Natürlich Prinzessin! Kommen sie mit. Hie, direkt hinter uns! Wir gehen nämlich als erste rein, wissen sie? Das ist eine sehr wichtige Aufgabe!" "Natürlich, die wichtigste von allen. Danke dir, meine kleine." "Sehr gerne, Prinzessin. Ich wünsche ihnen alles Gute. Meine Lehrerin hat mir gesagt, dass man das aus Höflichkeit macht!" "Da hatte sie recht. Ich danke dir. Deine Lehrerin scheint eine sehr schlaue Frau zu sein. Grüße sie von mir." "Das werde ich!!" Leicht werde ich von der Seite angerempelt und ich richte mich wieder auf. Königin Katharina schaut mich streng an. Sie muss wohl denken, dass ich Zeit schinde. Ich stelle mich versteift auf, da sich die großen Flügeltüren der Kathedrale vor uns öffnen. Die Schaar aus kleinen Mädchen laufen los und ich lasse mich von den Frauen um mich herum in das Innere leiten.

Serious love  ⎢ Eine typisch arrangierte LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt