JüriSchweigen liegt im Zimmer.
Obwohl ich weiß, dass die Frage an mich gerichtet ist, weiß ich nicht ob ich sie beantworten soll. Warum würde er sich plötzlich für mich interessieren?
„Du kannst mich gerne weiter ignorieren. Ich werde dich nicht zwingen mir zu antworten", ertönt es wieder aus dem Bett über mir.
„Was soll ich denn sagen?", frage ich zurück, denn ich weiß selber nicht, warum ich eigentlich hier bin. Das hier hat nichts mit Formel-Sport zu tun, so wie es mir gesagt wurde.
„Das weißt du, nicht ich.", flüstert Liam von oben runter.
„Warum magst du Ballett?", frage ich einfach ohne nachzudenken. Diese Frage brennt mir schon auf der Zunge, seit ich hier angekommen bin. „Warum magst du im Kreisfahren?", fragt er zurück.
Warum mag ich meinen Sport? „Naja, ich fühle mich frei, wenn ich im Auto sitze und meine Runden fahre", gebe ich ihm dann schließlich als Antwort. „Und genauso ist es bei mir. Wenn ich tanze fühle ich mich frei. Frei vom ganzen Druck der auf mir lastet.", antwortet er auf meine Aussage.
„Welchen Druck hast du denn?", frage ich unwissend. Unter welchem Druck sollte ein Tänzer leiden? Die hüpfen ja nur auf der Bühne herum.Von oben kommt ein spöttisches lachen. „Welcher Druck? Der Druck niemals gut genug für die Bühne zu sein. Niemals den richtigen Körper für Ballett zu haben. Nur in der zweiten Reihe zu tanzen. Mir wieder meinen Fuß zu brechen. Der größte Horror eines Balletttänzers. Tagtäglich versuchen wir die Schwerkraft zu überwinden, doch werden wir immer wieder auf den Boden zurückkommen", seufzt Liam, „Doch das kennst du nicht. Ihr fahrt im Kreis und so, aber wie sich der Boden der Tatsachen anfühlt, wisst ihr nicht".
„Doch, den Boden kenn ich ganz gut", antworte ich. „Und wie genau willst du das wissen?", fragt er ziemlich schnippisch.Ohne nachzudenken stehe ich auf.
Natürlich wieder zu schnell, dass mein Rücken wieder schmerzendes Stechen durch meinen Körper schickt. Schmerzerfüllt verziehe ich das Gesicht. Und wieder muss ich auf meine Atemübungen zurückdenken.
Vor dem Bett stelle ich mich mit dem Rücken zu Liam und meine: „Wenn man versucht, die Physik zu überwinden, holt sie dich auf den Boden zurück".Ich kann Liam's Augen auf meinem Rücken spüren. Wie seine Augen meine Narbe mustern.
„Wie ist das passiert?", flüstert er mit einer geschockten Stimme.
„Die Wand war schneller da, als gedacht", scherze ich, obwohl es nichts zu scherzen gibt. „Nein, ich hatte einen sehr schweren Unfall.", erkläre ich.„Es war am 11. September. Also genau vor fünf Monaten. Ein regnerischer Tag im italienischen Imola. Ich hatte die Quali meines Lebens. Bin von der ersten Position gestartet.
Es hat immer weiter geregnet. Mir wurde gesagt, dass ich nicht zu spät bremsen soll. Doch als ich meinen Platz verteidigen wollte, habe ich viel zu spät gebremst.
Dann bin ich mit voller Geschwindigkeit in den Schotter und dann in die Wand. Ich bin mit vollem Gewicht gegen das Lenkrad geflogen. Dadurch habe ich mir schwere Kopf-und Wirbelsäulen Verletzungen zugezogen.
Als sie mich aus den Trümmern von meinem Auto geborgen haben, haben sie mich sofort ins Krankenhaus gebracht.
Irgendwie haben sie mich wieder zusammengeflickt und mich ins Koma versetzt. Als ich nach 2 Wochen wieder aufgewacht bin, wollte ich sofort wieder trainieren, doch ich durfte meinen Rücken nicht belasten.
Nach 3 Monaten habe ich dann eine REHA gemacht und darf mich jetzt eigentlich wieder komplett belasten. Nur jetzt sitze ich hier", erzähle ich ihm, während mir immer wieder vereinzelnde Tränen über die Wange laufen.
Liam aber gibt keinen Kommentar von sich. Er sitzt nur da und starrt mich an.„Das... Das tut mir leid", meint er, obwohl man hört, dass es ihm nicht interessiert.
„Dein falsches Mitleid kann ich mir sparen. Ich erzähle dir von meinem größten Schicksalsschlag, welcher Schuld sein wird, dass ich niemals in meinem Leben mein Ziel erreichen werde und was sagst du? Es tut dir leid", schalte ich sofort auf defensiv.
Nicht noch einmal würde ich jemanden, den ich kaum kenne, mein Herz ausschütten.
Doch bei Liam habe ich einfach die Mauer, welche ich Jahre lang um mich gebaut habe, niedergerissen.
Er hat einfach eine besondere Wirkung auf mich. Auch wenn ich nicht weiß, wer er genau ist, fasziniert er mir. Er ist fast wie ich. Nur lebt er fürs Ballett und das ist eine ganz andere Welt als meine.
„So habe ich das nicht gemeint", meint Liam. Doch immer noch höre ich die Arroganz in seiner Stimme.
„Wie hast du es denn gemeint?", frage ich schnippisch zurück. Er schluckt und man kann ihm ansehen wie er sich verspannt. „Naja... Ich habe gemeint, dass es mir für dich leid tut, dass dir das passiert ist. Rückgängig kann ich es auch nicht", gibt er von sich.
„Wow... wie arrogant kann man sein, das man immer an sich selber denkt. Hier geht es nicht darum, was du machen kannst. Hier geht es darum, dass ich es wahrscheinlich nie wieder kann. Alle haben gesagt: Na, das wird schon wieder. Aber es wird nicht wieder!", schreie ich ihn regelrecht an während mir dicke Tränen über die Wange rollen, „Ich kann weder sitzen noch liegen noch stehen ohne dass ich mich vor Schmerzen krümme. Ich werde nie wieder meinen Traum leben können. Und da hilft mir dein: Rückgängig machen kann ich es auch nicht, einen scheiß weiter!"
Ohne ein weiteres Wort schnappe ich mir mein Shirt und meine Hose vom Boden und stürme aus dem Zimmer.Ich brauche unbedingt frische Luft. Endlich ist die Tür in Sicht. Mit Schwung reiße ich sie auf und spüre die kalte Februar-Luft auf meinem Gesicht.
Sofort beruhigt mich die kühle Luft. Meine Hand holt mein Handy aus meiner Hosentasche. Immer noch laufen mir Tränen über die Wange, während ich die Nummer meines besten Freundes suche.
„Jüri? Was ist los? Bei mir ist es mitten in der Nacht", höre ich durch den Hörer.„Marcus, ich kann das hier nicht mehr", antworte ich leise und unterdrücke einen Schluchzer.
_________
Woho, ich bin zurück ! :)
Und das mit einem neuen Kapitel!
Habe es doch geschafft zwischen lernen eines zu schreiben. Hoffe es gefällt euch :))
Kann sein dass morgen keines kommt :( ich muss mich mit schreiben echt dranhalten :)

DU LIEST GERADE
Deux Mondes - eine BoyxBoy Story (Liam Lawson x Jüri Vips)
FanfictionDer 16-jährige Liam Lawson hat sich seine Tänzerkarriere wohl anders vorgestellt. Mit 11 von zuhause weggezogen um auf eine der renommiertesten Ballettschulen der Welt zu gehen, die British Royal Ballett Academy. Dort erwartet er, dass er Stücke tan...