9

98 10 10
                                    

Die Sonne färbt den Himmel über dem Half-Blood-Hill rot, als ich mit Piper und Jason nach einem kleinen Spaziergang wieder Richtung Speisepavillon gehe. Nach der Untersuchung bei Will bin ich kurz etwas ziellos zwischen den Hütten umhergeschlendert und dabei prompt dem blonden Sohn des Jupiter über den Weg gelaufen, der mich nach einer freudigen Umarmung erstmal über meine Nachmittagspläne ausgefragt hat. Nachdem ich ihm widerwillig von Wills Idee mit dem Spaziergang erzählt habe, ist er sofort Feuer und Flamme gewesen, mich zu begleiten und nachdem wir noch Piper aus der Aphrodite-Hütte abgeholt haben, sind wir losgezogen. Ich würde es als ewiger, kleiner Pessimist niemals zugeben (Ehrensache), aber der Nachmittag mit den beiden ist wirklich schön gewesen. Die zwei haben zwar für meinen Geschmack ein bisschen zu viel geturtelt, aber immerhin habe ich bei beiden das Gefühl, als würden sie "meine Seele berühren". Seltsame Formulierung vielleicht, aber ich fühle mich oft einsam, obwohl jemand bei mir ist. Als würde mich niemand verstehen. Ich rede mit jemanden ohne dass es eine Bedeutung hat. Und wenn ich wieder alleine bin, fühle ich mich einsamer, als jemals zuvor. Und dann frage ich mich, warum ich nicht wie alle anderen sein kann. Lachen kann. Glücklich sein kann. Doch bei Piper und Jason ist es anders. So, als würden sie mir Energie geben. Dabei habe ich noch nicht einmal das Gefühl, als würde ich ihnen dafür welche nehmen. Nein, es ist fast so, als würden auch sie die Zeit mit mir genießen und mich so mögen, wie ich bin. "Kommst du heute mit zum Lagerfeuer, Neeks?", möchte Piper wissen. Ihre wilden Haare sind ganz zerzaust von dem leichten Wind, der aufgekommen ist. Ich zucke unentschlossen die Schultern. "Will wird auch da sein", mischt sich Jason zwinkernd ein, was ich mit einem Todesblick quittiere. Piper lacht und hebt die Augenbrauen. "Na guuut", gebe ich nach. "Aber nicht wegen Will. Sondern, weil ihr mich sowieso zwingen werdet und ich mir die Zeit lieber spare, in der ich mit euch diskutieren muss." Beide wirken zufrieden mit dieser Antwort, was mich meine Augen verdrehen lässt. Als wir den Pavillon betreten kommt uns ein wunderbarer Duft entgegen. Anscheinend ist Barbecue-Abend und die Hestia-Hütte hat eine große Variation an Würstchen und gegrilltem Gemüse zubereitet. Da läuft sogar mir das Wasser im Mund zusammen. Auch Jasons Augen beginnen zu glänzen und er geht eiligen Schrittes auf einen der Tische zu. Piper fängt meinen Blick auf und wir beginnen gleichzeitig zu lachen. Sie laut und herzlich, ich ein bisschen leiser und eingerosteter. "Unglaublich, wie verfressen er ist", meint sie schmunzelnd, aber ich erkenne die Zuneigung in ihren Augen mit der sie das sagt. Vielleicht ist es auch deswegen so angenehm, mit den beiden Zeit zu verbringen. Sie sehen so viel Schönes ineinander. "Ich hole mir mal einen Teller. Bis später, Nico. Beim Lagerfeuer", mit diesen Worten steuert sie auf das andere Ende des Pavillons zu. Verwundert, dass sie so schnell abhaut, schaue ich ihr nach. Doch der Grund, warum sie den Abgang gemacht hat, lässt nicht lange auf sich warten. Sehr unauffällig, Piper, danke. "Hey Todesknabe! Wie war dein Spaziergang?" Ich drehe mich zu Will um. Er trägt einen großen Teller mit einer unglaublichen Menge Gemüse und zwei Stücken Brot darauf. Seine Augen strahlen mich an und er lächelt breit. Ganz anders als noch heute morgen. Bei seinem Anblick muss ich automatisch auch ein bisschen lächeln. "Gut", antworte ich ihm. "Piper und Jason waren mit." "Sehr schön. Krankenstation war Hölle. Areskinder sind so anstrengend", seufzt er. "Gehst du heute zum Lagerfeuer?" "Ja. Piper und Jason zwingen mich." "Sehr gut." "Es ist gut, dass ich gezwungen werde, etwas zu tun?", frage ich empört. "Ja, wenn es zu deinem Glück beiträgt", zwinkernd deutet Will auf einen Tisch in einer ruhigeren Ecke des Pavillons, an dem drei Leute sitzen. "Komm mit und iss mit mir. Ich hab für dich auch was", fordert er mich auf und hält zwei Gabeln hoch, die er in der anderen Hand hat. Ich werde rot. Er hat tatsächlich an mich gedacht. Aber ich versuche mir nichts anmerken zu lassen und nicke ergeben und gespielt grimmig. Als wir zum Tisch kommen, blicken alle auf. 2 Jungs, 1 Mädchen. "Das sind Adam, Maiki und Christina. Sie sind neu angekommen. Adam und Christina sind Zwillinge von Hekate und Maiki von Hermes ist Christinas Freund. Die drei haben sich auf der Straße durchgeschlagen, bis sie vor drei Tagen gefunden wurden.", stellt Will sie mir vor. Adam und Christina haben beide dunkle Haare und grüne Augen. Sie sehen sich verdammt ähnlich. Maiki ist ein typisches Hermeskind mit seinen blonden Haaren und seinem spitzbübischen Grinsen. Sie alle lächeln freundlich und grüßen. "Du bist Nico, oder?", fragt Adam interessiert und deutet auf den Platz neben sich. Überrascht bejahe ich und lasse mich neben ihm nieder. Will setzt sich etwas grummelig mir gegenüber hin. Christina und Maiki verwickeln ihn aber sofort in ein Gespräch über verschiedene Monstergattungen, sodass ich nicht dazu komme, ihn zu fragen, was plötzlich los ist. "Ich habe von dir gehört. Du bist der Sohn des Hades?" Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen neben mir zu. Er sieht gut aus, aber das Leben auf der Straße und der ständige Kampf mit den Monstern haben seine Spuren hinterlassen. Er sollte dringend mehr essen. Oh Gott, ich klinge schon wie Will. "Jap, wie er leibt und lebt, wenn man das so sagen darf als Sohn des Totengottes", gebe ich zurück. Er scheint überhaupt keine Angst zu haben. Generell hat er eine sehr beruhigende Ausstrahlung. "Wie haben sie euch denn gefunden?", fange ich - untypisch für mich - ein Gespräch an. Während er anfängt zu erzählen, fange ich langsam an von Wills und meinem Teller ein paar Happen zu essen. Immer schön langsam. "Wir hatten Probleme mit der Polizei, weil der Stiefvater von Maiki uns suchen lassen hat. Maiki, der Idiot, hat ihm das Auto gestohlen, als er abgehauen ist", Adam verdreht die Augen. Klingt nach Hermes. "Als wir ihn getroffen haben, hat er es schon zu Schrott gefahren gehabt. Aber wir konnten ihn nicht loswerden, weil sich meine Schwester sofort in ihn verliebt hat." Seine Worte klingen hart, doch er lächelt dabei voller Zuneigung, sodass mir sofort klar ist, wie gern auch er den Hermessohn hat. "Jedenfalls haben wir uns eine Verfolgungsjagd mit denen geliefert und dabei ist uns klar geworden, dass nicht besonders viele davon wirklich Menschen sind. Gerade, als sie uns eingekesselt haben und ihnen komische Köpfe gewachsen sind, ist euer Satyr Karl gekommen und hat uns geholfen zu entkommen. Jetzt sind wir hier. Ich bin froh, dass das Alles jetzt mal Sinn ergibt. Wir haben nie irgendwo reingepasst und hier sieht es so aus, als könnte es sich ändern." Adam sieht mich neugierig an. "Warst du alleine, als sie dich damals gefunden haben?", fragt er. Ich schlucke mühsam. "Nein. Meine Schwester war bei mir", antworte ich zögerlich. Mein Magen krampft sich zusammen. Das reicht jetzt wohl mit Essen. "Ach? Wo ist sie denn?", will Adam wissen. "Sie - sie ist... to- ....sie lebt nicht mehr", bringe ich schließlich heraus. Sofort versteinert sich Adams Gesichtsausdruck. "Oh Gott, das tut mir leid. Ich wusste nichts davon. Oh nein", beginnt er zu stottern. Ich winke ab. "Alles okay. Es ist, wie es ist." Ich will nur nicht, dass er sich schlecht fühlt. In mir macht sich Traurigkeit breit. Wieder einmal wünsche ich mir so sehr, sie wäre bei mir. So sehr. Okay, Nico. Atmen. Ein. Aus. Ein. Aus. Meine Gedanken werden jäh unterbrochen, als Will aufsteht und lächelnd meint, dass er uns einen Nachschlag holt. Der Teller ist tatsächlich leer. In meinem Magen rumort es. Mehr kann ich auf keinen Fall essen. Will macht sich auf in Richtung Grill. Adam sucht offensichtlich verzweifelt nach einem Themenwechsel. "Möchtest du meinen letzten Bratkartoffel? Ich bin voll." Um nicht noch gestörter rüberzukommen, nicke ich, spieße den dargebotenen Kartoffel auf und beiße hinein. Da bemerke ich das vertraute und verhasste Gefühl, wie sich mein Magen umdreht. Ach du Scheiße. So viel zum Thema normal wirken. Ich springe auf und laufe Richtung Toiletten. Dort angekommen muss ich mich sofort übergeben. Oh Götter! Dabei habe ich gedacht, ich hätte das jetzt schon besser im Griff. Erschöpft lehne ich mich an die Wand. "Nico? Alles okay?", höre ich da Adams Stimme durch die Kabinentür. Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt.



Hallo ihr Lieben! Here I am again. Ich weiß, die Kapitel kommen echt unregelmäßig, aber ich schreibe die Geschichte auf jeden Fall zu Ende. Ich hoffe, euch geht's allen gut und ihr verbringt auch einen schönen Sommer :) Das nächste Kapitel kommt so bald, wie möglich. Alles Liebe!

Bleib.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt