Stecknadel im Heuhaufen

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Ich verfluche alles.

Zuerst verfluche ich mein Handy, weil es mich mit dem ständigen „Ich brauche dich" und „Du brauchst mich" auf die Palme bringt. Danach verfluche ich mich selbst, weil mein Menschenverstand wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen nicht zu finden ist. Und am meisten verfluche ich diesen verdammten Laptop, der noch immer im Geschäft ist und sehnsüchtig darauf wartet zu sehen, wie ich an allem scheitere.

Auch Latein verfluche ich, weil, obwohl es eine veraltete Schlafmützen-Sprache ist, sie noch immer Res Publica ist und ich sie perfekt beherrschen muss, wenn ich dieses Schuljahr überleben will. Obwohl, wenn ich meine Gedanken weitergehen lasse, würde ich lieber nicht überleben. Oder zumindest woanders überleben.

In Venezuela, Lissabon oder Chile.

Spanisch lernen leicht gemacht, mit meinem nicht-so-perfekten Latein.

Oder spricht man in Venezuela portugiesisch? Dinge, die man nicht in der Schule lernt.

Im unteren Stock höre ich den Fernseher, Georgo spielt mit einem seiner Freunde Minecraft. Wäre das Leben nur so einfach wie Minecraft und man könnte in die Hölle flüchten, das ist sowieso schon mein zukünftiges zu Hause.

Aus Frust lege ich mein Latein-Buch weg (best feeling ever) und lege mich mit meinem Handy in der Hand ins Bett. Nachrichten von Lucy, Gina und Elena.

Lucy fragt, ob ich Latein schon gelernt habe.

Gina fragt, ob ich vorbei kommen möchte, weil sie Probleme wegen Finn hat.

Elena fragt, ob alles ok sei.

Nein Elena, dank deinem Freund kann ich meinen Laptop vergessen. Außerdem hat er komische Vorstellungen von seinem besten Freund und bejaht die Möglichkeit, dass er mich wirklich mögen könnte. Was mich glücklich  machen würde, würde ich DAS NICHT KAPPUTT MACHEN MÜSSEN.

Lucy antworte ich mit einem knappen „nicht wirklich" und „wie läufts mit Ben?"

Gina, die sich als einzige bei mir entschuldigt hat für das plötzlich Beleidigt sein, schreibe ich zurück, dass ich komme.

Elena schreibe ich nicht zurück, sie ist zwar süß wie Zucker, aber ich kann meine Wut auf diese Situation nicht abstellen. Vor allem nicht so.

-

Gina erzähle ich alles, von unbedeutend bis bedeutend. Von dem Spaß im „La Rose" bis zu Aaron und seinen Worten.

„Was wirst du tun?", fragt sich mich, ihr Kopf gesenkt. Sie lackiert sich ihre Nägel mit einer neuen Farbe „Dangerous Pink".

„Würde ich das wissen, wäre ich jetzt entspannt und glücklich."

In diesem Moment kommt Josh, Ginas Bruder, Mensch der mich in der Partynacht gerettet hat, ins Zimmer und bietet uns Pizza an.

Retter in Not. Again.

Dankend nehmen wir das Angebot an und schlagen zu. Josh bleibt im Türrahmen stehen und starrt uns an.

„Noch was?", meint Gina schwesterlich zu ihm.

„Ich hab euer Gespräch gerade unfreiwillig gehört und ich habe eine Idee."

„Du hast was?", Ginas Stimme klingt wütend.

„Mein Zimmer ist gleich daneben und falls ihr denkt, ihr redet in einem normalen Pegel, habt ihr euch getäuscht."

Meine Freundin schaut mich fragend an, sie weiß nicht, was sie tun soll. Doch ich könnte einen Plan gebrauchen, wenn ich meinen Ruf nicht für immer zerstören will. Oder um es weniger dramatisch zu formulieren: Wenn ich es mit Jackson und BTCHS nicht vermasseln will.

Es ist wie Liebe, nur mit WetteinsatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt