Fast-was?

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Tagebuchschreiben ist gut. Es ist eine der besten Ideen, die man haben kann. Man muss nicht jeden Tag eine Seite voll schreiben, jeden Monat ein Update und ein paar Gedanken. Jedes Problem in in Form und Farbe gebracht. Alles, um sich selbst zu verstehen. Alles, um sich selbst vor einem Monat, einem Jahr zu verstehen.

Heute in der früh habe ich mein Tagebuch gefunden, der letzte Eintrag wurde genau vor einem Jahr beendet. Damals war ich Hals über Kopf verliebt in Fabian.

So verliebt, dass ich jeden Eintrag mit 'I <3 Fabian' beendet habe.

Obwohl ich wusste, dass ich erst sechzehn bin und dass es viel schlimmere Probleme gibt, als unglücklich verliebt zu sein, habe ich an diese Verbindung zwischen uns geglaubt.

Ich habe gewusst, dass ich nicht gut genug für ihn bin und doch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass er mich mag. Dass er es versteckt, weil seine Freunde mich nicht kennen. Ich habe mich gefreut, wenn er mich angelächelt hat, wenn ich in der Früh im Bus mit ihm über ihn gesprochen habe.

Verdammt, ich hatte eine halbe Panikattacke, wenn er nur im selben Raum war.

Und jetzt, ein Jahr später, denke ich gar nicht mehr an ihn. Diese Liebe ist mit meinem Berg von Selbstzweifeln geschrumpft.

Ich habe noch immer Angst ja, ich denke noch immer an ihn. Doch ich habe etwas, was ich früher nie gedacht habe, dass ich es verdiene.

Würde.

Ok, jemand, der bei BTCHS mitmacht, sollte nicht sehr viel Wert auf Würde legen.

Doch ob man will oder nicht, man wird erwachsen und man wird die Dinge, die man vor einem Jahr gedacht hat und in dieses kleine Buch geschrieben hat, während man seinen Tee um die Wette mit sich selbst geschlürft hat, immer blöd finden.

Sie werden einem immer peinlich sein.

Denn Fabian ist kein Prinz. Er war nie einer. Eine Verbindung war da, sie ist noch immer da. Jedoch ist das Leben zu kurz, zu voll mit Möglichkeiten, dass man darauf wartet, bis der Andere diese Verbindung spürt und ihr nachgeht.

Und bei den wirklich glücklich-machenden Fällen, kommt die Verbindung plötzlich, ob man will oder nicht.

Solche Sachen gehen mir durch den Kopf, als ich neben Jackson liege.

Wir haben nicht miteinander geschlafen, das weiß ich.

Verdammt, wieso muss ich auch eine Verbindung mit dem Idioten spüren?

Wieso muss ich ihn auch immer küssen, um die Situation zu retten?

Wieso brauche ich einen Laptop, wieso nicht einfach nur ein Buch, oder Schuhe?

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Als ich mein Tagebuch durchgelesen habe, wacht Jackson auf.

Panik ist angesagt.

Er schaut mich nur an, sein Blick emotionslos. Wie immer.

"Guten morgen."

Gut, er macht keinen Aufstand. Ich habe mir zwei Reaktionen erwartet:
1. er springt auf, schreit mich an und geht vor Peinlichkeit
2. er sagt etwas sexuelles und verschwindet, weil er das bei jeder tut

Ein nettes 'guten morgen' war nach seiner Laune gestern eher unwahrscheinlich.

Doch wir haben ja auch nicht miteinander geschlafen, wir sind auch nicht eingekuschelt aufgewacht, oder haben uns gesagt, dass wir uns lieben.

Wütende Küsse und Müdigkeit, das hier sind die Folgen.

"Willst du einen Tee?"

"Kaffee."

Es ist wie Liebe, nur mit WetteinsatzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt