Kapitel 7

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"Du warst weg." Meine Erzeugerin drückte mich unsanft auf einen harten, abgesessenen Stuhl und ich versuchte gar nicht erst mich zu verteidigen.

"Ja."

Mutters krallen bohrten sich schmerzhaft in meinen Arm, doch ich wusste, es war besser keine Regung zu zeigen. Innerlich schrie ich auf, als die Spitzen ihrer langen, dürren Finger sich durch meine Haut stachen, jedoch schaffte ich es, Mutter nicht die Reaktion zu zeigen, die sie sehen wollte.

"Warum tust du das?" Fragte sie, als würde sie es nicht wissen.

"Hier ist es mir zu eng und einsam." Als wäre ich in einer Befragung, antwortete ich wahrheitsgemäß. Es gab aber noch mehr Gründe, z.B. wollte ich für ein paar Stunden auch mal icht daran denken müssen, was ich werden würde. Ich wollte ein normaler Jugendlicher sein, dessen größstes Problem seine Pickel waren. Ich wollte mit jemandem reden, über ganz alltägliche Dinge, wie Schule oder Filme. Für einen Moment, bei Tyler im Kinosaal, hatte es auch geklappt. Meine Gedanken waren bei ihm gewesen, nicht hier.

"Aber Schatz." Mutter sah mich traurig an. "Du hast uns. Wir sind hier, wir sind für dich da. Besonders jetzt, wo du dich verwandeltst. Aus dir werden wir die schönste Prinzessin machen, die die Welt je gesehen hat. Du wirst aussehen wie der Mond und die Nacht wird dir zu Füßen liegen."

"Eine Prinzessin!?" Verächtlich sah ich sie an. Dachte sie wirklich, man konnte so etwas aus mir machen?

"Du wirst dich nicht mehr mit diesem Jungen treffen, hast du das verstanden?" Sie ignorierte meinen Kommentar.

Ich zuckte mit den Schultern.

"Du verbrauchst unnser Vertrauen." Sagte sie ernst, doch ich lachte nur gekünstelt.

"Ihr habt mir noch nie vertraut." Verächtlich stierte ich in ihre dunklen Augen. Schokoladig ist mir lieber, dachte ich.

"Da hast du leider Recht, Schatz. Bald aber, bald ist deine Zeit gekommen und wir werden die vertrauen. Denn du wirst uns zu unserem Ziel führen und du wirst dabei strahlen und wir werden dir blind vertrauen." Verträumt sah sie Löcher in die Luft und ihr Gesicht fing auf unheimliche Art und Weise an, zu strahlen.

Ich schüttelte nur verzweifelt den Kopf, was sie aber nicht wahrnahm.

Nun ergriff mein Meister das Wort. "Glaub mir, jeder von uns hat das durchgemacht und wir Wissen, wie du dich fühlst. Du denkst, alle auf dieser Welt haben dich im Stich gelassen und der liebe Gott wollte dir schreckliches antun. Aber du musst Wissen, das Gute muss mit dem Bösen im Gleichgewicht bleiben."

Nun war ich verwirrt, wobei das eigentlich logisch war. "Warum?" Fragte ich.

"Weil sonst das Chaos ausbricht." Meine Mutter sah meinen Meister zustimmend an, als er es mir erklärte. "Und dann wird nichts mehr so sein wie Früher."

Was er sagte, passte jedoch nicht zusammen. "Aber warum wollt ihr dann so sehr die Weltherrschaft übernehmen?"

Mein Meister schmunzelte.

"Wir lieben Chaos" Drei Worte und ich sackte im Stuhl zusammen. Wie hatte ich auch nur für einen kurzen Moment glauben können, sie wollten das Gleichgewicht halten?

"Klar" Murmelte ich. Mir war vollkommen bewusst, dass ich dieses Chaos sein würde.

"Deine Zeit wird kommen." In meinen Ohren klang es wir eine Drohung, doch ich wusste, meine Mutter war davon überzeugt.

Als jemand in das Zimmer geschlurft kam, war ich kurz erleichtert, denn meine Mutter und mein Meister wandten sich meinem Verlobten zu, doch sie suchten bei ihm nur Bestätigung.

"Meinst du nicht auch, dass Selene einmal etwas sehr großes werden könnte?" Fragte sie und mein Verlobter nickte.

"Natürlich, sonst wäre ich nicht hier."

"Ich starrte ihn geschockt an, weil ich vorher noch nicht das Offensichtliche hatte begreifen können. Er war hier weil er weite auf die Spitze klettern wollte.

Ruckartig stand ich auf. "Entschuldigt mich." Murmelte ich und entwandt mich dem Blick meiner Mutter.

Ich stiefelte mühevoll die Treppe zu meinem Zimmer hinauf und ließ mich dort aufs Bett fallen. Mein erstes Date war in die Hose gegangen und meine Eltern waren davon überzeugt, dass ich irgendwann das alles toll finden würde. Eigentlich wusste ich, dass sie Recht hatten, doch ich konnte es mir einfach nicht vorstellen.

Ich vergrub mein Kopf unterm Kissen und stöhnte.

Ein Klacken.

Es war so leise, dass ich es kaum wahr nahm, doch es wiederholte sich, dieses mal lauter. Ich hockte mich hin um besser hören zu können und folgte dann dem Geräusch.

Schließlich stand ich vor dem Fenster und schob die Gardine zur Seite. Erstaunt kniff ich die Augen zusammen und musste dann unwillkürlich lachen. Unten stand Tyler mit einem Stein in der Hand und holte zum nächsten Wurf aus.

After the sunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt