Kapitel 8

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"Hey" Rief Tyler und grinste.

"Was machst du hier?" Rief ich halb flüsternd und er zuckte mit den Achseln.

"Ich besuche dich."

"Du musst hier weg." Warnte ich ihn. "Sonst erwischen dich noch meine Eltern und dann bist du dran." Mit meiner Hand machte ich eine scheuchende Handewegung, doch er blieb stur stehen.

Wenn er bleibe würde, würden meine Eltern ihn möglicherweise noch riechen und das durfte ich nicht riskieren.

"Verschwinde." Langsam wurde ich ungedulig.

Tyler kam näher ans Haus und sah sich suchend um, als ob er einen Weg nach oben suchte. "Darf ich hochkommen?" Unschuldig sah er zu mir nch oben.

"Nein. Geh einfach wieder."

"Was ist denn mit deinen Eltern?" Er griff nach der Regenrinne und versuchte sich daran hoch zu ziehen.

"Hör auf!" Befahl ich Tyler. "Sonst fällst du da gleich noch runter."

In dem Augenblick wo ich das sagte, wurde sein Lächeln noch breiter.

"Was?" Fauchte ich und rollte kurz danach mit den Augen.

"Du machst dir Sorgen um mich." Er war auf halbem Weg, doch plötzlich rutschten seine Finger halb von der Regenrinne. Sie war zu dick als dass er sie mit einer Hand umfassen konnte.

"Pass auf." Panisch beugte ich mich aus dem Fenster.

"Alles unter Kontrolle." Keuchte er doch so sah das gar nicht aus. Er verlor immer mehr den Halt und ich sah seinen Sturz schon kommen.

"Du musst springen." Rief ich runter.

"Ich bin doch nicht Lebensmüde." Nun erkannte er auch den Ernst der Lage.

Mein Zimmer lag nicht hoch, aber würde er fallen, könnte er sich trotzdem verletzten. Würde ich nach draußen laufen und ihm eine Leiter hinstellen, käme ich schon viel zu spät. Es war aussichtslos. Er hing dort unten und ich konnte nichts tun.

"Warum musstest du da auch unbedingt hochklettern? Du siehst doch das zwei Meter neben meinem Fenster eine Leiter steht."

"Ist jetzt wirklich ein guter Augenblick, darüber zu diskutieren?" Seine Worte klangen gepresst. "Aber wenn du es wissen willst, ich wollte da einfach nur hoch und deinen Helden spielen."

"Du wolltest was?" Zu meinem entsetzten spürte ich, wie ich rot anlief. Zum Glück war es schon dunkel und Tyler konnte mich nicht richtig erkennen.

"Selene, ich mag dich. Ob du es glaubst oder nicht. Und um dir das zu beweisen bin ich hier hoch geklettert."

"Ich möchte ja nichts sagen," versuchte ich meine Gefühle zu überspielen. "Aber ich bin dort schon öfter hoch geklettert und es ist noch nie etwas passiert. Ich bin immer heil angekommen."

"Schön für dich." Murrte er. "Dann weißt du doch sicher auch ob hier in der Wand irgendwo eine Niesche ist, wo ich meinen Fuß hineinstellen kann?"

Er meinte dass eher als Witz, aber ich wusste es trotzdem. Kurz schloss ich meine Augen um mich daran zu errinern wie ich da immer runter kletterte, dann sagte ich es ihm. "Gehe mit deinem rechten Fuß ein klein wenig hoch und etwas nach links." Ich schaute zu ihm runter und er gehorchte. Aufatment sah ich, wie er wieder mehr Halt bekam und erst einmal verschnaufte.

Gerade als er im Begriff war, weiter zu klettern, stoppte ich ihn. "Ich komme runter." Sagte ich.

Er nickte und widersprach nicht, sondern kletterte so gehorsam wie ein kleiner Junge auf den Boden zurück. Ich schwang mich aus dem Fenster und folgte ihm. Den letzten halben Meter sprang ich und drehte mich zu Tyler um. Auf einmal stand ich ganz nah vor ihm und nahm seinen Geruch in mich auf. Sonst empfand ich körperliche Nähe immer als unangenehm, doch mein diesem Jungen war es anders. Ich fühlte mich sicher.

"Hi" Verlegen verlagerte ich mein Gewicht vom einen Fuß auf den anderen.

"Hey" Sein sanftes Lächeln ließ mich dahin schmelzen.

Dieser Moment war magisch und ich empfand nur Wärme, als Tyler meinen Kopf mit seiner Hand anhob.

Tausende von Schmetterlingen tobten in meinem Bauch herum und vernebelten mir die Sinne. Seine Augen leuchteten und ich wünschte mir nichts anderes, als mich ihm einfach hin zu geben. Der Mond strahlte uns an und ich hatte das Gefühl, als würden die Sterne für uns singen.

"Es ist mir egal, was mit deiner Familie ist. Das zählt nicht." Flüsterte er. Zärtlich stich er mit seinem Daumen über mein Kinn und ich schloss kurz die Augen. Als ich sie öffnete, war er immer noch da.

"Was findest du nur an mir?" Murmelte ich. "Du kennst mich noch nicht lang"

"Nein. Aber ich werde dich kennenlernen. Und ich wusste schon, dass du es bist, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Du warst wie ein Engel, der mich erstrahlt."

"Das klingt schön. Murmelte ich."

Er erwiderte nichts, sondern kam noch näher zu mir. Ich wusste, was jetzt passieren würde, denn ich hatte genügend Filme gesehen.

Ein Glockenschlag erklang.

Ein neuer Tag brach an. Gleich würde ich mich verwandeln und ihn mit ihm den Tot bringen. Nie würde ich mit ihm zusammen kommen können. Das war alles nur ein Traum, ein sinnloser Wunsch.

Ich trat einen Schritt zurück. "Es tut mir Leid."

Tyler sah verletzt aus, doch er versuchte es nicht zu zeigen. "Sag mir, was los ist. Bitte."

"Du musste jetzt gehen." Wich ich seiner Frage aus. "Es tut mir Leid."

Er gab noch nicht auf, sondern trat einen Schritt auf mich zu. Der sechste Glockenschlag.

Sein Blick gab mir den Rest und eine Träne kullerte mir aus den Augen.

Sanft wischte er sie weg und ich rührte mich nicht, sondern genoss seine Berührung. Ich wollte ihn nicht gehen lassen, aber ich musste es.

"Geh" Ich sah in eindringlich an und dieses Mal nickte er.

Der zehnte Schlag.

Ich spürte schon ein ziehen in meiner Brust. Es wurde doller. "Renn" Rief ich. Gerade noch konnte ich ihn verschwinden sehen, bevor ich die Kontrolle verlor.

An das letzte, was ich mich errinern konnte war, dass ich ein lautes, unbändiges Brüllen von mir gab.

Die Uhr schlug.

After the sunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt