Frustriert lese ich die wenigen Zeilen vor mir wieder und wieder. Da offenbart man sein Innerstes und zurück kommt... naja... nicht nichts, aber verdammt wenig. Ich spüre die Welle der Enttäuschung heran rollen, versuche sie aufzuhalten, werde aber gnadenlos unter ihr begraben. Verfluchte Scheiße! Warum kann ich nicht einfach mit dem zufrieden sein, was ich habe??? Vielleicht sollte ich meine Ansprüche einfach noch weiter zurück schrauben...? Er hat ja von Anfang an gesagt, dass er kein Romanschreiber ist. Und nicht zu vergessen: Er ist ein Mann. Die haben es ja bekanntlich nicht so mit den Gefühlen. Oder zumindest meinen sie, dass das so sein müsse. Obwohl ich eigentlich nichts von Klischees halte, komme ich nicht umhin, mich gerade mit diesem zu trösten. Über mich selbst den Kopf schüttelnd sitze ich an meinem Schreibtisch und ertappe mich dabei, die Maserung der Tapete zu studieren. Bleibt mir denn wirklich nichts anderes übrig, als die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind?
Zumindest sehe ich in dieser Mail Selbstironie. Das ist gut. Es zeugt davon, dass er, trotz Kaffeeentzug, recht gute Laune hat. Und ich meine, aus diesen Zeilen eine gewisse Kenntnis meines geistigen Strickmusters herauslesen zu können.
Wiedermal beschleicht mich der Gedanke, dass es eine Art BDSM-Führerschein geben sollte. Inklusive Psychologie-Seminar. So, wie man alle werdenden Eltern theoretisch zu einer Art Grundausbildung zwangsverpflichten müsste, um Kinder vor Misshandlungen und Vernachlässigung verschiedenster Arten zu schützen, so sollte es dazu gehören, dass BDSMler ein gewisses psychologisches Basiswissen mit auf den Weg bekommen. Denn die Vertreter der Gattung „Lack und Leder" (um es einfach auszudrücken), welche man in seriösen Foren antrifft, sind ja in aller Regel sowieso schon diejenigen, die ein gewisses Maß an Intelligenz und Interesse an „Weiterbildung" mitbringen.
Bei dem Gedanken an das Forum fällt mir ein, dass ich eigentlich mal mein skype anwerfen könnte. Einer meiner Kontakte dort ist Frank. Er gehört zu den Menschen, die ich vor kurzem bei unserem monatlichen Forums-Stammtisch kennengelernt habe. Ich hatte all meinen Mut zusammen genommen und war allein abends mit Bahn und Taxi in eine völlig fremde Stadt gefahren, um in einem vollen Restaurant einen Haufen Leute zu suchen und zu finden, die ich nie zuvor gesehen hatte, nur weil sie meine sexuellen Vorlieben teilen. Ziemlich abgedreht... Aber es war eine durch und durch überraschend positive Erfahrung. Die anfängliche Nervosität und Unsicherheit wurde recht schnell von Neugier und Überraschung abgelöst. Und am Ende fühlte ich mich einfach nur wohl. Nicht mehr verloren, sondern aufgenommen in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter.
Mit Frank zu „reden" wär jetzt schön. Er ist ein Dom und ein deutliches Stück älter als ich. Und er scheint Erfahrung zu haben. Was die Leute erzählen und was davon der Wahrheit entspricht, ist ja nicht immer unbedingt das Selbe. Aber seinen Äußerungen konnte ich bisher einige Dinge entnehmen, die für ihn sprechen.
Ich gebe mein Passwort ein und warte, bis sich das Fenster mit diesem merkwürdigen „dschjuuuuuuum"-Geräusch öffnet. Und wenige Augenblicke später, ich hatte gerade Zeit mich zu orientieren, wer alles online ist, macht es „plopp" und ich stelle lächelnd fest, dass Frank schon auf mich gewartet zu haben scheint:
Amidesjeux 09:02
Guten Morgen! Wie geht's Dir? Wie läuft's mit Johannes?
Kathy 09:02
Hi! Gut soweit. Johannes? Alles ok, denke ich. Wie er das sieht, weiß ich nicht.
Amidesjeux 09:03
Wie – das weißt Du nicht?
Kathy 09:03
Naja, für meine Begriffe läuft es gut. Gehe davon aus, dass alles ok ist. Konnte nichts anderes feststellen.
Amidesjeux 09:05
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Zu seinen Füßen
De TodoCat, a grown woman caught between two worlds, has an extraordinary BDSM relationship with Jo, to whom she is so infatuated that she would give up everything for him. Hautnah wird die Geschichte der intensiven und komplexen BDSM-Beziehung zwischen Ca...