Ich bin die gerechte Hand Gottes

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Zuviel! Es war einfach zu viel! In dem Moment als ich den Satz lass, jenen Satz, den sie Zu Jessica sagte, geschrieben an diesem Baum, brach etwas in mir. Ich viel auf die Knie und schrie. Tränen flossen über mein Gesicht. Der die gesamte Last meiner Gefühle brach über mir zusammen und ich erstickte unter ihrem Gewicht. Die Verzweiflung schnitt wie ein Skalpell wunden in mein Herz und meinen Verstand. Mir wurde bewusst das jede Handlung, jede Reaktion, jeder Ort, an dem ich gewesen bin vom Täter genau so bestimmt gewesen war. Wie eine Marionette hatte er mich genau zu diesem Moment geführt. Machtlosigkeit mischte sich in den giftigen Nebel, der meine Gedanken umgab. Ich hatte versagt, in jeder Hinsicht. Ich hatte Niemanden retten können. Nicht einmal Jessica die mich so vertrauensselig unterstützt hatte. Statt dankbar für ihre Hilfe zu sein, hatte ich sie sogar verdächtigt.
Im Gegensatz zu mir war sie vorbereitet gewesen, hatte einen Plan wo wir hinmussten. Sie…Sie hatte ganz genau gewusst, wo wir hinmussten! Jessica hatte mich hergeführt! Mir war es nicht aufgefallen aber den gesamten Weg über hatte sie nur einmal auf die Karte geschaut und das ganz am Anfang. Das ließ eigentlich nur den Schluss zu, dass sie den Weg schon einmal gegangen war. Das ich überhaut von dem Ort erfahren hatte war ihr Beitrag. Wäre sie nicht, wie aus dem nichts, in der Bibliothek aufgetaucht säße ich wahrscheinlich immer noch vor meinem Computer und würde nach Hinweisen suchen. Und dann die Farbe an ihrer Hand, die Stelle, an der an der sie war, sah nicht danach aus als hätte sie versucht etwas zu reinigen, sondern als hätte sie beim Aufmalen aus Versehen die Hand auf der Farbe abgestützt. Und den einzigen Beweis das Vicki hier gelegen hatte, hatte ich ihr auch noch überlassen. Langsam beruhigten sich meine Nerven und mein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Es passte einfach. In Jessicas Augen war ich der Schuldige, auch wenn sie nie etwas angedeutet hatte. Sie hatte mich eher gemieden auch bei den Treffen. War still und zurückhaltend gewesen. Und ich konnte nicht sagen, ob Vicki genau das zu ihr gesagt hatte oder ob es von Ihr gezielt erwähnt, wurde weil ich genau diesen Satz hier finden würde.
Auch das die Farbe jedes Mal aussah als wäre sie gerade erst aufgetragen worden, ließ sich leicht erklären. Ähnlich wie bei Blut gab es auch für Farbe Stoffe, die das Trocknen verlangsamten. Sie kannte sich mit legenden aus und war Autorin. Ich schätzte einfach mal das es ihr leicht viel sich ein Szenario auszudenken. Das Einzige was dagegen sprach war, dass ich ihr nicht zutraute, so mit Vickis Körper umzugehen, oder Dateien so zu manipulieren das selbst ich es schwer hatte. Vermutlich hatte sie also Hilfe. Nur Wer…
Ein Metallisches klicken hinter mir riss mich aus meinen Gedanken und ließ meinen Körper erstarren.
„Endlich habe ich dich du kleiner Bastard! Das Versteckspiel ist vorbei du wirst jetzt die Hände hinter deinen Kopf nehmen und ganz langsam aufstehen. Wenn du wegläufst, knall ich dich ab!“
Ohne einen Ton von mir zu geben, tat ich was Rosslo mir sagte. Wie hatte er mich hier gefunden? So langsam ich konnte stand ich auf und drehte mich zu ihm um.
Er wirkte gehetzt und rote Flecken zeichneten sein Gesicht und Hals. Die dunklen Ringe unter seinen Augen zeugten davon das er; genauso wie ich; schlaflose Nächte hinter sich hatte. Ich hätte schwören können das er mit drin steckte, aber bei dem Anblick war ich mir nicht sicher; ob nicht auch mit ihm einfach gespielt wurde. Fest stand das mit seinem Eintreffen, mir Sinnbildlich der Galgen bevorstand, wie es der Täter prophezeit hatte.
Einen Moment standen wir einfach nur da und sahen uns an. Seine Hand zitterte, während er die Waffe auf mich richtete. Sein Blick flog immer wieder zwischen mir und dem Wald hin und her. Etwas machte ihm Angst, das sah man deutlich.
Nun setzte er sich langsam in Bewegung. „Mach ja keine Dummheiten Miller! Ich habe absolut keine Lust auf Spielchen mehr! Ich lege dir jetzt Handschellen an. Wehe du bewegst dich!“
Es war lange her das mich jemand mir meinen richtigen Nachnamen ansprach. Über die Jahre hatte ich ihn so gut es ging überall gestrichen, wahrscheinlich war er einer der wenigen der ihn überhaupt kannte. 
Ich schwieg weiter, während er unbeholfen mir den Rucksack von den Schultern riss und meine Arme schmerzlich hinter den Rücken drehte. Und dann beging er einen Fehler. Durch seine Hektische und nervöse Art ließ er die Handschellen fallen. Neuer Kampfgeist regte sich in mir und ich warf mich mit den rücken Gegen ihn während er sich bückte, um sie aufzuheben. Durch den Überraschungsmoment verlor er das Gleichgewicht und stürzte. So schnell mich meine Beine tragen konnten lief ich Richtung Wald, begleitet von Flüchen und Beschimpfungen seinerseits. Ein Schuss schlug direkt neben mir in einen Baum ein, während ich an ihm vorbeilief. Doch das brachte mich nur dazu schneller zu werden. Immer wieder schlug ich haken zwischen den Bäumen. Der Mann war schneller als ich es erwartet hatte, oder ich war einfach am ende meiner Kräfte, denn er holte mit der Zeit auf. Scheiße ich hatte noch nicht einmal eine Ahnung, wohin ich laufen sollte. Wie sollte ich ihm entkommen? Immer wieder schlugen Kugeln dich neben mir ein. Mein ganzer Körper schmerzte inzwischen und meine Lunge brannte. Es fühlte sich an als würden heiße nadeln sich in mein Fleisch bohren. Ich brauchte eine Lösung!
Leider nahm mir der Wald selbst die Entscheidung ab. In letzter Sekunde sah ich den Rand der Felsen, die den Weg nach vorne enden ließen. Ich wollte umdrehen und einen weg suchen, als es erneut knallte und ein beißender Schmerz alles andere überlagerte. Instinktiv griff ich an meine flanke und spürte die warme Flüssigkeit, die durch meinen Pullover sickerte. Panisch schnappte ich nach Luft und versuchte trotzdem einen Fuß nach vorne zu setzen. Schwarze flecken tanzten vor meinen Augen und statt zu gehen, stürzte ich in den Dreck. Der Schmerz breitete sich explosionsartig in meinem Körper aus und ich schrie. Verzweifelt versuchte ich die Hände auf die Schusswunde zu pressen, um das Blut aufzuhalten, doch es half nichts, mir fehlte die Kraft. Der Blutverlust riss an meinem Bewusstsein. Der schmerz ließ nach und ich wurde unendlich müde, es verlangte mir alles ab dagegen anzukämpfen einfach die Augen zu schließen und ruhe zu finden. Mit verschwommenen Blick sah ich zu Rosslo der mich wütend anschrie und Dreck in meine Richtung trat.
„Das hast du jetzt davon! Das alles ist nur ihre schuld, ich hoffe ihr schmorrt beide in der Hölle! Hörst du mich du Wahnsinniges Miststück! Dein spiel ist vorbei, den liebster wird wegen die elendig verrecken! Du wirst nie frieden finden!“
Wovon sprach er? Er war der Einzige, der hier wahnsinnig klang. Ich bin so müde, lass mich doch einfach in Ruhe… immer wieder fielen mir die Augen zu und meine Hände schafften es nicht mehr auf die Wunde zu pressen. Dennoch bemerkte ich wie Rosslo immer panischer wurde. Er achtete jetzt nicht mehr auf mich, sondern schrie in den Wald hinein.
Leider konnte ich nicht verstehen was er sagte, zu dumpf kamen seine Stimme bei mir an. Was ich allerdings hörte, war das entsetzliche Brüllen, das mit einem Mal aus dem Wald schallte. Es war so laut und beängstigend und halte durch die Felsen Kilometer weit.
Und während mein Bewusstsein immer weiter schwand, sah ich die verschwommenen Umrisse einer in weiß gekleideten Gestalt, wie sie schreiend und fauchend auf ihn zuschritt. Ihre Bewegungen wirkten so unnatürlich. Er versuchte verzweifelt auf sie zu schießen, doch aus seiner Waffe kam nur ein leeres Klicken. Scheinbar hatte er alle Munition aufgebraucht. Die Gestalt gab ihm auch keine Möglichkeit nachzuladen, mit einem Mal sprang sie los und er versuchte panisch zu entkommen, sie wieder von ihm loszubekommen.
Das letzte was ich mitbekam war ein markerschütternder Schrei als er merkte das hinter ihm kein Boden mehr war. Vielleicht bildete ich es mir ein doch das Fauchen klang der Gestalt klang wie ein Lachen als sie ihm einen kräftigen stoß versetzte. Rosslo fiel nach hinten und das letzte was ich sah war der Saum des weißen Kleides, das am Rande der Klippen im Wind wehte.
Dann hüllte die Dunkelheit mich ein und ich konnte endlich Frieden finden.

Duskwood- V ( Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt