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Mit einem kräftigen Stoß stieß ich die großen und viel zu schweren Türen auf und stürmte auf meinen Spind zu, Harrington, mir dicht auf den Fersen, während er versucht sich bei mir zu entschuldigen. Seufzend und kopfschüttelnd öffnete ich meinen Spind und legte meine Bücher, die ich für die ersten zwei Stunden nicht brauchte, hinein.

"Jetzt komm schon, sonst lässt du dich doch auch nicht aus der Fassung bringen..", redete The Hair auf mich ein. Genervt schlug ich meinen Spind zu und stemmte meine Hände in die Hüften, um meine Stimmung besser zum Ausdruck bringen zu können.

"Natürlich nicht, aber da geht es ja dann auch nicht um Billy! Und vor allem nicht, wenn er zwei oder drei Parklücken weiter steht!", fauchte ich ihn an, aber anstatt sich aufrichtig bei mir zu entschuldigen, wuchs sein Grinsen und biss sich amüsiert auf die Unterlippe.

"Sag mal.. Kann es sein, dass du voll in Hargrove verknallt bist?"

Ich starrte ihn für einen kurzen Augenblick einfach nur an und wusste auch nicht genau, warum er auf diesem Thema so lange herumritt, geschweige denn so neugierig war, da die beiden sich auf den Tod nicht ausstehen konnten. Billy wollte Steve seinen Titel streitig machen - wenn er ihn nicht sogar schon gewonnen hatte - und das passte dem ehemaligen Frauenversteher natürlich überhaupt nicht.

Gerade als ich meinem besten Freund verbal eine reinhauen wollte, meldete sich Nancy zu Wort und stellte sich zu uns.

"Was streitet ihr beiden schon wieder?"

"Wir streiten nicht.. Ich necke sie nur ein wenig.", lächelte Steve, gab seiner Freundin ein kurzen Kuss und legte seinen Arm um ihre Schulter.

Nancy und ich hatten nicht die tiefste Verbindung zueinander. Wir waren Freunde, ja, trafen uns aber nie außerhalb der Schule. Wir verstanden uns gut, witzelten hin und wieder mal miteinander und sie war wirklich nett, aber das Eis zwischen uns wurde nie wirklich gebrochen.

"Vielleicht könntest du ihm beibringen wann man seine Schnauze zu halten hat.." giftete ich eher Harrington als Wheeler an.

Steve rollte mit seinen Augen, als Nancy anfing zu fragen, was überhaupt los war. Mit der Zeit füllte sich der Flur der Schule und als die beiden miteinander diskutierten, bemerkte ich im Augenwinkel wie sich noch jemand zu uns stellte und mit einem Blatt Papier wedelte.

"Hey Leute, ihr seid herzlich eingeladen zu meiner Party morgen..", es war Tina die in unserer Runde stand und sowohl Steve, als auch seiner Freundin eine orangene Einladung in die Hand drückte. Ihr Blick blieb zuletzt bei mir hängen.
"Du bist natürlich auch eingeladen, Amy!"

Mit einem freundlichen Lächeln nahm ich die Einladung entgegen, las sie mir aber nicht durch, da ich wusste, dass ich nicht hingehen würde.

"Vielen Dank Tina, ich hab eigentlich schon was vor, aber ich schaue, was sich machen lässt.."

Man merkte, dass sie etwas geknickt war und wollte gerade etwas sagen, als Nancy - erneut - dazwischen kam.

"Morgen schon? Ist das nicht ein wenig kurzfristig?"

"Ja, meine Eltern haben spontan beschlossen am Wochenende wegzufahren.", antwortete sie voller Vorfreude. Zum Schluss wandte sie sich wieder an mich.
"Ich würde mich wirklich freuen, wenn du auch kommst.."

Ich gab ihr ein entschuldigendes Lächeln, als sie sich dann weiter an die Arbeit machte und die Zettel verteilte. Das war zwar wirklich süß von ihr, aber ich hatte absolut gar keine Lust auf diese Party.

Mit einem Seufzen ging ich in Richtung Klassenzimmer, ich bemerkte, dass die beiden Turteltauben sich verabschiedeten und hörte im Anschluss schnelle Schritte, bis Steve letztendlich neben mir herlief. Ich beschloss meine Energie nicht mehr an ihn zu verschwenden und blieb still.

Im Klassenzimmer angekommen, ließ ich meine Tasche auf den Boden fallen, legte meine Bücher auf den Tisch und setzte mich an meinen Platz. Während ich mich auf den Unterricht vorbereitete, spürte ich wie Harrington Löcher durch mich hindurch starrte.

"Was ist?", fragte ich ihn sichtlich genervt und ohne von meinen Sachen wegzuschauen.

"Und? Wie sieht's aus? Mit der Party?"

"Ich bitte dich, als ob ich da hingehe..", spottete ich und fuhr mir durch die Haare.

"Ach komm, das wird-"

Die Schulglocke unterbrach ihn Gott sei Dank und die letzten Schüler trotteten ins Klassenzimmer. Darunter auch Billy.
Selbstbewusst und arrogant kam er herein und bahnte sich seinen Weg durch die anderen Schüler. Ich versuchte ihn so gut es ging zu ignorieren und sah nicht nach oben, solange der Lehrer nicht mit dem Unterricht anfing.
Ich bemerkte den orangenen Zettel, der zwischen meinen Büchern klemmte und zog ihn heraus, begutachtete die liebevoll gestaltete Einladung. Ich wollte sie gerade zerknüllen, als mich jemand darauf ansprach.

"Gehst du auch auf die Party?"

Ich zuckte etwas zusammen, an den Klang seiner Stimme werde ich mich wohl nie gewöhnen. Zögernd sah ich auf, bemerkte wie schnell wieder einmal mein Herz schlug. Seine Augen ließen nicht von mir ab und sein unverwechselbares Million-Dollar-Smile machte die ganze Situation nicht einfacher für mich.

"Ich äh.. Ja!", was redest du denn da?!
"Ich meine.. Wahrscheinlich.. Vielleicht..", Gott, halt einfach den Mund!

Billy lachte in sich hinein, er merkte wie aufgebracht ich war. Seine blauen Augen bewegten sich kaum, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, als würde er mich abchecken.

"Dann sehen wir uns morgen wohl auf der Party..", entgegnete er und drehte sich nach vorne.

Ich merkte wie ich wieder rot anlief und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Was habe ich mir da nur eingebrockt?

"Hattest du vorhin nicht noch gesagt du gehst nicht auf die Party?", flüsterte mir Steve zu.

Ich ließ meine Hände auf den Tisch fallen und sah ihn einfach nur mit einem giftigen Blick an. Wenn Blicke töten könnten, wäre er schon zum dritten Mal gestorben.
Ich schnaubte einmal tief aus, drehte meinen Kopf wieder zur Tafel und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren, konnte aber nicht aufhören Billy im Augenwinkel zu beobachten.

Mein Blick glitt letztendlich doch rüber zu Hawkins berühmtesten Bad Boy. Ich stützte meinen Kopf auf meiner Handinnenfläche ab und musterte ihn - so gut es eben ging -, biss mir, gedankenverloren, leicht auf die Lippe. Ich wusste der Tag würde sich unnötig in die Länge ziehen, aber umso mehr freute ich mich auf mein Auto und auf meine Musik, während ich - vielleicht mit 10 oder 20km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung - über die leeren Landstraßen fahre.

Und während ich Billy so sah und an meine Musik dachte, erinnerte ich mich an ein Lied ganz besonders..

"Why do fools fall in love?", flüsterte ich und musste mir eingestehen, dass ich meinen Blick nicht mehr von ihm abwenden wollte.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt | Billy HargroveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt