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Mittwoch 07. August, 1984 - Bei den Keith's

Es waren nur noch eineinhalb Wochen Sommerferien. Die Zeit verging schneller, als man gucken konnte und dann begann wieder einmal der Ernst des Lebens. Und das meinte ich wortwörtlich. Es war unser letztes Jahr an der Highschool und dann ging jeder seinen eigenen Weg. Ich hatte Angst davor, Billy zu fragen, was er nach der Schule machte und wollte die Frage so lange, wie nur möglich, hinauszögern. Wir hatten gerade erst einen Weg zueinander gefunden, ich wollte nicht daran denken, dass er vermutlich schon in einem Jahr für uns endete.

Billy kam die letzten zwei Wochen jeden Abend um die selbe Uhrzeit zu mir - heimlich natürlich - und jedes Mal, lagen wir verträumt in meinem Bett, genossen die Nähe des jeweils anderen, lauschten der Musik oder unterhielten uns über Gott und die Welt. Und jeden Morgen wachte ich ohne ihn auf. Es hinterließ ein unbefriedigendes Gefühl, aber ich wusste, wenn er nicht Zuhause war, wenn Neil zur Arbeit fuhr, würde es böse für ihn enden.

Überraschenderweise kam es in letzter Zeit zu keinen schwerwiegenden Vorkommnissen bei den Hargrove's. Natürlich gab es Zankereien und Billy's Vater würde ihm eine Ohrfeige verpassen, aber psychisch gebrochen oder blutig zusammengeschlagen, habe ich ihn die ganzen Ferien über - Gott sei Dank - nicht gesehen und das machte sich natürlich bei seiner Laune bemerkbar.

Er war, glaube ich, noch nie so ausgeglichen. Hin und wieder erzählte er mir sogar von Max, dass die beiden sich etwas näher kamen und er sie letztens sogar ins Kino eingeladen hatte..

"Schätzchen?"

Ich schnappte aus meinem Gedanken und sah in die fragenden Gesichter meiner Eltern.

"Ja? Was?", fragte ich und richtete mich etwas auf, sah auf das Spielbrett, welches vor mir auf dem Tisch lag und bemerkte, dass die Spielfiguren nicht mehr am dem Platz waren, als ich es in Erinnerung hatte.

"Du bist am Zug.."

"Oh.. ja..", nuschelte ich, mir war es peinlich, dass mich meine Eltern erwischt hatten, wie ich gedanklich abgedriftet war. Ich nahm den Würfel und schmiss ihn vorsichtig über den Tisch, nahm mein kleines Männchen und lief die mir gegebene Zahl.

"Bist du müde? Sollen wir aufhören?", fragte mich meine Mutter besorgt. Ich schüttelte den Kopf und schenkte ihr ein Lächeln.

"Nein, alles gut, ich hab nur.. an die Schule gedacht.."

"Wann stellst du uns eigentlich den Jungen vor, mit dem du letztens auf die Party gegangen bist?", fragte mich mein Vater, nahm einen Schluck von seinem Bier und würfelte als nächstes.

"Oh, Billy?"

"Wir könnten doch morgen grillen, es soll schönes Wetter geben!", schlug meine Mutter vor. Ich schüttelte den Kopf und wollte mir irgendwas einfallen lassen, auch wenn ich wusste, dass Billy wahrscheinlich nichts dagegen hatte, da er sie ja schon längst kennenlernen wollte.

"Ich glaube nicht, dass er morgen Abend-"

"Ist das was ernstes zwischen euch?", durchlöcherte mich mein Vater. Verlegen blickte ich auf meinen Schoß und merkte, wie rot ich wurde.

"Er hatte mich am Abend der Party gefragt, ja..", gab ich kleinlaut von mir. Ich seufzte.
"Billy kommt aus schwierigen Verhältnissen und ich weiß nicht, ob er morgen Abend so einfach herkommen kann, wenn sein Vater nicht in der Arbeit war.."

Ich wollte meinen Vater aufklären, vielleicht war er dann nicht ganz so verunsichert über meinen Freund. Er verstand und ich sah kurz Mitleid in seinen Augen aufblitzen.

"Dann grillen wir morgen Nachmittag.", beschloss er und ich sah erschrocken zu ihm auf.
"Keine Widerrede, Amelia! Ich will wissen, mit wem meine Tochter ausgeht."

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt | Billy HargroveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt