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Freitag 15. Juni, 1984 - Auffahrt der Keith's

Zweieinhalb Wochen. Zweieinhalb Wochen ist es her, seit Billy seinen Wutausbruch hatte und mir in der kurzen Zeit mehr Angst einjagte, als ich je in meinem Leben hatte. Jeden Abend wenn ich zu Bett ging, spielte sich das Szenario vor meinen inneren Auge von neuem ab. Jeden Abend blickte ich an jenem Tag zurück, an dem ich ihn verloren hatte.

Obwohl er nie mein war.

Als Steve mich aufgelöst in meinem Wagen fand und sofort die Tür aufriss, als ich wieder anfing zu weinen, musste ich ihn anflehen und bitten, nicht auf Billy loszugehen, da ich wusste, dass Steve keine Chance gegen ihn hatte.

Das erste was mein bester Freund machte, war zu schauen, ob ich irgendwo blaue Flecken oder rote Markierungen hatte, bis er mir endlich zugehört und verstanden hatte, dass ich nicht weinte, weil Billy vermeintlich seine Hand gegen mich erhob, sondern weil ich mir um ihn Sorgen machte. Während seinem Ausbruch, als er mir in die Augen sah und seinen Ärger lautstark an mir ausließ, sah ich, wie verletzt er war..

Ich erinnere mich noch gut an Stevens spöttisches Lachen, als ich es ihm erzählte. Er verstand nicht, wie ich trotz so eines Streits, immer noch Empathie für jemanden empfinden konnte und er wusste auch nichts mit den Empfindungen, die ich Billy gegenüber hatte, anzufangen und es störte ihn, dass ich mir Gedanken um jemanden machte, der ganz offensichtlich einen Scheiß auf mich gab.

Natürlich konnte Steve nicht seinen Mund halten und am nächsten Tag, wussten auch die anderen Bescheid, was zwischen mir und Billy passiert war. Ich war etwas genervt, weil er mich nicht das Geschehen schildern ließ. Ich will gar nicht wissen, was er alles dazu gedichtet hatte..

Sie gaben sich jedenfalls große Mühe mich abzulenken, versuchten mich zu unterhalten und mich zum Lachen zu bringen. Solange wir uns trafen, klappte das auch ganz gut, aber sobald ich Zeit für mich hatte, versank ich wieder in meinen Gedanken. Steve hatte seit jenem Tag beschlossen mich zu fahren, damit Billy keine Chance hatte mich alleine anzutreffen und so sehr ich es meinem Freund ausreden wollte und meinte, mir ginge es gut und er brauche mich nicht zu 'beschützen', er ging nicht darauf ein und bestand vehement darauf mich abzuholen und wieder mitzunehmen.

Ich versuchte meinen Eltern meine Probleme nicht anmerken zu lassen und nutzte jede Gelegenheit und Ausrede, um in mein Zimmer zu verschwinden. Sie merkten, dass ich in letzter Zeit ruhiger und in mich gekehrter war und meine Mutter versuchte oft genug mich darauf anzusprechen, aber ich konnte es ihr einfach nicht erzählen. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich ihn irgendwann meine Eltern vorstelle und ihnen stolz sage, dass er..

Du denkst doch nicht wirklich, dass es jemals so weit gekommen wäre, nur, weil er dich nicht anbaggert?

Ich seufzte und schloss meine Augen, als ich bemerkte, wie sich ein paar Tränen bemerkbar machten. Warum war ich nur so empfindlich, wenn es um ihn ging?

Billy ignorierte mich, genauso sehr, wie ich ihn - versuchte - zu ignorieren. Wenn ich ihn in den Fluren der Schule sah, konnte ich es mir nicht verkneifen hin und wieder mal zu ihm rüber zu blinzeln. Er war immer noch das gleiche Arschloch, welches sich ein Mädchen nach dem anderen schnappte und ihre Herzen brach. Er tat den Mädchen Unrecht, aber mir, tat er dadurch noch viel mehr weh. Ich hatte gedacht wir hätten eine kleine, wenn nicht sogar schwache, Verbindung zueinander.

Ich dachte gerne an den Abend an Tina's Party zurück, als er auf mich aufpasste, sich neben mich ins Gras legte und mich letztendlich nach Hause brachte. Billy hätte das machen können, worauf er Lust hatte. So betrunken wie ich an dem Abend war, hätte er sogar mich haben können, aber er verhielt sich wie ein echter Gentleman, ohne Hintergedanken.

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt | Billy HargroveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt