Kapitel 4 - Wenn du da bist, geht es mir gut.

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Ich lachte. "Ich sehe dich!", rief ich und spähte hinter die Tür zu Dereks Zimmer. Natürlich sah ich ihn nicht. Aber er sollte rauskommen, denn ich wollte ihn sehen. "Tust du nihicht!", hörte ich seine Stimme vom Schreibtisch aus. Ich lächelte. Richtig, dachte ich, aber gleich. "Hab dich!", rief ich und bückte mich unter den Schreibtisch.
Sein wunderschönes Gesicht. Seine blaugrünen Augen, seine nicht zu schmalen Lippen, seine Nase - ich wollte sie berühren, wenn ich sie sah, denn sie sah so glatt und weich aus und ich wollte es einfach. Ich hob die Hand und strich über Dereks Nase. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Mir wäre vielleicht schlecht davon geworden, so extrem bewegten sie sich, flatterten sie hin und her, aber ich war zu sehr von seiner Schönheit abgelenkt. Er strich sich eine Locke aus der Stirn und kam schließlich auch aus seinem Versteck heraus. Er stand auf und half mir hoch.
Er war größer als ich, mindestens einen Kopf, wenn nicht sogar mehr. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und hielt ihm mein Gesicht hin, schloss die Augen und spürte seine Lippen auf meinen, seine Nase an meiner, seinen warmen Atem an meiner Wange. Unsere Zungen berührten sich und spielten miteinander. Seine Hände legten sich um meine Taille, und ich schlang meine Arme um seinen Hals.
Ich konnte nicht genug von seinen Küssen bekommen. Das war immer so. Wie auch, er küsste so gut wie es niemals jemand könnte. Er war mein erster Kuss gewesen, als ich 14 war. Er war meine erste Liebe. Und meine letzte, hoffte ich. Bisher gab es selten Streit. Und wenn, dann nur ganz kurz und über total banale Dinge.
Aber jetzt spürte ich, dass dort, zwischen uns und unseren Körpern, noch etwas anderes war, etwas, das ich noch nie gespürt hatte und das so stark war, dass ich nachgab und wir uns langsam auf Dereks Bett zubewegten. Ich hatte eine leise Ahnung. Ich zuckte deswegen zusammen. Sofort stoppte er den Kuss und sah mich forschend an. "Was ist?", fragte er sanft. "Wir müssen das hier nicht tun. Wenn du noch Zeit brauchst, können wir es erst mal sein lassen. Das ist kein Problem, hörst du?"
Ich schüttelte nur den Kopf. Auf einmal hatte ich einen Kloß im Hals. Vor meinem inneren Auge tauchte mein Vater auf. "Scheiße", flüsterte ich. "Scheiße, ich will dich so sehr."
Ich ignorierte das Bild und sah stattdessen Derek an. Oh Gott, er war so schön.
Er sah mich noch mal kurz an, dann schien er sicherer, dass ich es wirklich wollte. Also setzte er sich und zog mich auf seinen Schoß. Der Kuss wurde noch intensiver als vorher.
Ich ließ meine Hand auf seinem Nacken hin und her streichen und sagte, um es noch einmal zu bestätigen, auch mir selbst gegenüber: "Es ist in Ordnung. Ich will es auch."
Derek lächelte und ließ sich auf den Rücken fallen, zog mich mit sich, und ich spürte seine Hände unter meinem Hoodie. Sie fummelten an meinem BH herum. "Warte", sagte ich, "ich helf dir."

Es war der schönste Tag in meinem Leben.
Kurz darauf hatte Derek den Unfall.

Hört ihr denn auf zu atmen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt