Coming Out

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Bobs Sicht

Bob wusste gar nicht wo er anfangen sollte. Er hatte zwei lange Listen mit Namen abzuarbeiten, wollte eigentlich unbedingt noch etwas in sein Tagebuch schreiben, um etwas von dem Chaos loszuwerden, das ihn gerade beschäftigte und auch noch das Reisetagebuch anfangen.

Er hatte definitiv weniger als zwei Stunden Zeit, für das alles und entschied sich zunächst für sein Tagebuch, weil er das nicht schreiben konnte, wenn die Anderen dabei waren, also öffnete er es und fing an zu schreiben. Er schrieb von Justus Plan, daß sie vorgaben ein Paar zu sein, von Peters Küssen und Flirtereien, die immer dann stattfanden, wenn sie unter Leuten waren, aber auch von dem Moment im Bett, wo sie alleine waren, von der Unsicherheit, die er auf der einen Seite empfand und die Sehnsucht auf der anderen Seite. Von der Angst verletzt zu werden und der Überlegung sich doch endlich seinen Freunden gegenüber zu outen.

Die Viertelstunde, die er sich selbst fürs Schreiben gegeben hatte, verflog regelrecht, er hätte noch so viel schreiben können, in seinem Kopf war noch soviel mehr Chaos, aber er konnte auch schlecht mit leeren Händen später dastehen, wenn er doch Recherchieren sollte.

Schweren Herzens legte er sein Tagebuch beiseite und startete sein Laptop, während er hochfuhr verkabelte er es mit dem Netzstecker.

Die Recherche fiel ihm heute unglaublich schwer, er war müde und fror immernoch, sich zu konzentrieren fiel ihm ungewöhnlich schwer. Er war gerade eine halbe Stunde beschäftigt, als es an die Tür klopfte kurz, kurz, lang, lang, kurz, kurz. Das war Justus!

Bob grinste und ging zur Tür. „Du bist aber schnell fertig“, meinte Bob zur Begrüßung, „da kann ich nicht mithalten, ich bin noch am Anfang.“

„Schon klar Bob, bei so einem kleinen Hotel gab es für mich nicht viel zu tun gerade, die meisten sind noch mit dem Essen beschäftigt, aber ich dachte mir, bei dir sieht es ganz anders aus.“

„Stimmt schon Just, für die Recherche gibt es im Moment, mehr zu tun, als mir gerade lieb ist“, gab Bob zu.

Justus setzte sich aufs Bett und schaute Bob genau an, bevor er eröffnete: „Gutes Stichwort, Bob. Ich würde gern mal mit dir reden.“

„Über Recherchen?“, fragte Bob zweifelnd.

„Nein, eher über das Thema, was dir lieb ist“, korregierte Justus.

Bob wurde es direkt noch unbehaglicher und er überlegte, wie er das überspielen konnte. Doch ehe ihm etwas einfiel, sprach Justus schon weiter: „Bob, ich habe nachgedacht. Heute morgen im Bus das war echt, oder?“

„Was meinst du?“, hakte Bob nach, doch er war sich ziemlich sicher zu wissen, auf was Justus hinauswollte, aber er wollte Zeit gewinnen.

„Bob, das weißt du doch genau. Ich meine dein, ich komme mir albern vor, daß ich mich noch nicht getraut habe mich zu outen.“

Bob fühlte sich ertappt, er wollte was sagen, konnte es aber nicht. Er schluckte, biss sich auf die Unterlippe und wandte sich von Justus ab und seinen Recherchen wieder zu.

Justus stand auf, ging zu Bob und nahm ihn in den Arm. Bob musste plötzlich mit den Tränen kämpfen. „Es tut mir Leid“, schluchzte Bob.

„Dir muss überhaupt nichts Leid tun, mir tut es Leid, ich war ein total schlechter Freund, ich habe nicht mitbekommen, daß du ein Problem hast und offensichtlich hast du mir nicht genug vertraut, um zu mir zu kommen“, sagte Justus und klang etwas traurig.

„Es ist nicht so, daß ich nicht nur mit dir nicht geredet habe. Ich habe mit niemanden geredet“, erklärte Bob.

„Ich finde nicht, daß es das besser macht“, sagte Justus und löste die seltene Umarmung wieder.

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