Hangover [Black Jackals]

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Atsumus Kopf dröhnte und ein hämmerndes Pochen durchfuhr in regelmäßigen Abständen seine Schläfen, als würde jemand neben ihm stehen und mit voller Wucht immer und immer wieder auf diese eine Stelle drücken, so hart, dass es ihm glatt den Magen umdrehte. Übelkeit stieg in ihm auf und er war sich zu 100% sicher, dass er sterben würde. Hier und jetzt, wo auch immer er sich gerade befand, würde er ganz bestimmt den Löffel abgeben.

»Scheiße...«.

Stöhnend kam dieses eine Wort über seine trockenen Lippen. Ein übler Geschmack sammelte sich auf der pelzigen Zunge und er musste hart schlucken, um sich nicht auf der Stelle zu übergeben. Er legte ein wenig den Kopf in den Nacken, den Mund weiterhin geöffnet, die lichtempfindlichen Augen geschlossen und wartete darauf, dass es einfach vorbeigehen würde, als er plötzlich eine Regung auf seinem Oberkörper spürte.

Was war das?

Irgendetwas hatte sich über seine Brust geschoben und lag nun schwer auf ihr. Atsumus Herzschlag beschleunigte sich rasant und das stetige Pochen hinter seinen Augen nahm weiter zu. Trotzdem zwang er sich dazu die schweren Lider zu öffnen und bereute es bereits im selben Augenblick. Das Licht der Mittagssonne ließ ihn aufstöhnen und blendete so stark, als würde er direkt auf eine brennende Glühbirne starren. Er hob seinen zittrigen Arm, um sich davor zu schützen und unterdrückte ein weiteres Mal die wieder aufsteigende Übelkeit, welche langsam aber stetig seine Speiseröhre hinaufkroch und nur mühsam durch ein weiteres Schlucken zurückgedrängt werden konnte.

»Gott... lass es einfach vorübergehen...« murmelte er ächzend, während sein Sichtfeld langsam an Struktur gewann und sich erste Umrisse seiner Umgebung auftaten. Er blinzelte ein paar Mal und konnte nun endlich erkennen, was so schwer auf seiner, wohlgemerkt nackten, Brust lag: Ein Arm. Und es war definitiv nicht sein Arm. Schließlich schütze er sich mit einem ihnen vor dem grellen Licht und der andere schien seitlich ausgestreckt unter diversen Kissen und Decken begraben zu sein.

Shit!

Dem Arm folgend kreuzten schon kurz darauf wild abstehende, schwarze Locken sein Sichtfeld, gefolgt von Sakusas schlafenden und etwas blassen Gesicht.

Nein.... Nein, nein, nein, nein, nein!

Atsumus Magen machte einen Salto und sein Herz rutschte zwei Etagen tiefer, doch das Bild blieb dasselbe: Neben ihn lag definitiv sein Teamkollege und heimlicher Crush Sakusa Kiyoomi!

Normalerweise würde ihn dieser Anblick wahrscheinlich freudiges Herzklopfen bescheren und ihn auf Wolken schweben lassen, vor allem da er schon seit einigen Monaten versuchte bei Sakusa zu landen. Doch momentan konnte er nur spüren, wie sich Panik in ihm breit machte, was hauptsächlich daran lag, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, was letzte Nacht passiert war. Und diese Panik verstärkte sich gleich noch einmal, als er bemerkte, dass sie sich höchstwahrscheinlich in einem Hotelzimmer befanden.

Fuck!

Mit panischem Blick huschten seine Augen durch den Raum, nahmen die leeren Flaschen auf dem Tisch und die herumliegende Kleidung wahr und bestätigten damit seine schlimmsten Vermutungen.

Oh Gott, sie hatten es echt getan und er konnte sich an nichts davon erinnern! So hatte er das ganz und gar nicht gewollt. Was war, wenn er irgendetwas Dummes getan hatte? Was war, wenn Sakusa ihn hassen und nie mehr wiedersehen wollte?!

»Uhm...«.

Atsumus hysterischer Gedankenstrudel wurde von Sakusas Murmeln unterbrochen und wie von der Tarantel gestochen schob er den Arm des Anderen von seinem Oberkörper und brachte rasch einige Zentimeter Abstand zwischen sie.

Ok, ganz cool bleiben. Jetzt bloß nichts Falsches sagen!

»Ugh...mein Kopf...« stöhnend fuhr sich Sakusa an die Stirn und richtete sich langsam auf. »Wo bin ich?« murmelte er orientierungslos und ließ seine Augen durch den Raum gleiten, bis er schließlich an Atsumu hängen blieb. »Miya?!«. Erschrocken riss der Schwarzhaarige die Augen auf und rutschte ein Stück zurück.

»Uhm...hey... Omi-kun« lachte Atsumu nervös und fuhr sich durch die Haare. »Ähm... was ist passiert?«.

»Was passier-... keine Ahnung, sag du es mir« entgegnete Sakusa verwirrt. »Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass wir mit dem Team was trinken waren...«.

»Ahja...stimmt! Ich erinnere mich wieder! Bokuto hat auf dem Tisch getanzt. Das war ziemlich lustig!«.

»Fandest du...« entgegnete Sakusa nur und schüttelte den Kopf, was sich jedoch als keine gute Idee rausstellte, da dieser sofort wieder zu Dröhnen begann. »Wie auch immer... warum liegen wir in einem Bett?«.

»Uhm...ja...also... es ist bestimmt...dafür gibt es bestimmt eine harmlose Erklärung, also nicht, dass ich irgendwas...du weißt schon und so. Es ist ganz sicher nichts in diese Richtung passiert« verhaspelte Atsumu sich, während Sakusas Gesicht immer finsterer wurde.

»Wovon redest du bitte, Miya? Das versteht ja kein normaler Mensch!«.

»Ah... was ich sagen wo-«.

»Vergiss es... ich geh' erstmal ins Bad. Vielleicht kannst du bis dahin wieder vollständige Sätze bilden« unterbrach Sakusa ihn abwinkend und schlug die Bettdecke zur Seite. Noch etwas wacklig auf den Beinen ging er ins Badezimmer und kaum hatte sich die Tür geschlossen, ließ sich Atsumu zurück auf das Bett fallen.

»Miya, du Vollidiot!« schimpfte er sich Haare raufend aus, als auch schon die Badezimmertür wieder geöffnet wurde und ihn aufspringen ließ. »D-das ging aber schnell« lachte er nervös, während Sakusa mit angeekelten Gesichtsausdruck zurück in den Raum trat.

»Ugh... ja. Hinata liegt schlafend im Badezimmer«.

»Was?«.

»Ja und er hält die Kloschüssel in den Armen... was ehrlich gesagt ziemlich widerlich und unhygienisch ist. Außerdem riecht es extrem nach Erbrochenen...«.

»Echt...« antwortete Atsumu langsam und erst jetzt fiel ihm auf, dass Sakusa vollkommen bekleidet vor ihm stand. Und auch er selbst schien sich lediglich von seinem Oberteil befreit zu haben.

Dann haben wir also doch nicht...

Von dieser Erkenntnis erleichtert und ernüchtert zugleich, fuhr er sich stöhnend an den Kopf und spürte einen riesigen Stein von seinem Herzen purzeln.

»Falls du dich auch übergeben musst, geh bitte ins Badezimmer« kommentierte Sakusa seine Reaktion nur, also plötzlich die Tür aufgerissen wurde.

»Hey, hey, hey! Guten Morgen. Ihr seid ja schon wach!« brüllte ihnen Bokutos gutgelaunte Stimme entgegen, welcher im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden wie das blühende Leben aussah. »Was für eine Hammernacht, oder? Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß, das müssen wir unbedingt öfters machen. Ich meine, Hinata hat es vielleicht ein bisschen übertrieben, aber das wird schon wieder. Ich war gerade eine Runde joggen und habe ihm auf dem Weg was gegen die Übelkeit besorgt. Dieses Zeug aus der Apotheke wirkt wahre Wunder. Wie geht es euch so? Habt ihr gut geschlafen? Ihr saht ziemlich süß aus heute Morgen, so aneinander gekuschelt« lachte er und sah zu Atsumu rüber. »Hätte ja nicht gedacht, dass du dich en-«.

»Ahpapapapah!«. Alarmiert sprang der blonde Zuspieler aus dem Bett und schnappte sich den plappernden Bokuto. »Gut, dass du was geholt hast. Hinata geht es wirklich gar nicht gut, das wird er ganz sicher brauchen. Wieso bringst du es ihm nicht gleich?« fragte er nach, ignorierte dabei das Hämmern in seinem Kopf und schob seinen Teamkollegen Richtung Badezimmer. 

Dabei bemerkte er gar nicht, wie sich Sakusa von ihnen abgewandt hatte, eine Hand an die wild pochenden Brust gedrückt und die Ohren so rot, als hätten sie Feuer gefangen.

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