Die Baumschrate

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! Achtung !
Dieses Kapitel enthält viel Gewalt und obszöne Ausdrücke.


"Ich hoffe, wie sehen uns nie wieder." Marielle drehte sich um und wolle gehen. Sie tat nur einen Schritt, da hatte Tarjo ihren Arm gepackt. Als sie seine zornigen Augen sah zuckte sie zusammen. Sie hätte es sich denken können. Er würde sie nicht so einfach gehen lassen. Nein, nicht nachdem sie so kalt mit ihm gesprochen hatte.
"Was willst du noch?" fragte sie nun ebenfalls gereizt.
"Ich... du kannst nicht einfach gehen. Nicht so, Kleine."
"Nicht wie?" Sie spürte wie noch mehr Wut in ihm anstieg. Doch bei Marielle war es dasselbe, sie würde es nicht mehr ertragen. Sie würde nicht mehr ertragen, wie er mit ihr umging. So als wäre sie eine.. eine... eine Menschenfrau. "Ich gehöre dir nicht. Ich bin dir nichts schulig. Lass mich in Frieden du... du Bastard." Bei dem Schimpfwort musste er plötzlich Lächeln. Sie schlug ihn. Hart, die Hand zur Faust geballt. Schließlich wand sie sich aus seinem Griff und stolperte weg. "Ich will dich nie wieder sehen. Nie wieder. Hast du mich gehört? Nie wieder." In diesem Moment meinte sie es Tod ernst. Sie wollte den Menschen nie wieder sehen. Sie empfand Hass und Wut. Er war eingebildt, stur und manchmal brutal. Er konnte so brutal sein. Sie hatte das Bild vor Augen, wie er über Rilla gebeugt war. Das grausige Lächeln, während er ihre blutigen Lippen und Brüste betrachtete. Das würde sie nie vergessen. Arie hatte es bisher verdrängt. Doch nun fluteten diese Bilder ihr Bewusstsein. Tarjo konnte so brutal sein... er war eben ein Mensch.
Sie stolperte erneut, diesmal über den Saum ihres weißen Kleides. Beinahe wäre sie gefallen, doch... Marielle landete sanft, direkt in den Armen eines kräftigen Mannes.  Es war nicht Tarjo, doch als sie in das Gesicht des Fremden blickte, wünschte sie sich es wäre das des Söldners. So schnell konnten sich Wünsche ändern.
"Na welcher Fisch ist mir da ins Netz gschwommen?" sagte der Mann und sein roter Schnauzbart bewegte sich beim sprechen.
"Schau mal, Poup." der, der anscheinden Poup hieß trat hinter einem der Bäume hervor.
"Ein schönes Fischchen. Klein und Zart." Poup war groß und dürr. Er war bestimmt über fünfzig und seine großen Glubschaugen betrachteten die Nymphe gierig. Er war ein hässlicher Mann.
Ein dritter Kerl kam dazu ebenfalls groß und dürr, er hatte dieselben Glubschaugen. Er war jünger und wahrscheinlich Poups Sohn. Die Ähnlichkeit war verblüffend, doch dieser Kerl strahlte mehr Grausamkeit aus.
"Gib sie Mal her." Meinte er und packte Arie an den Haaren und zog sie dem Schnauzbärtigen aus den Armen, so als wäre sie ein kleines Kind.
"Ein wirklich hübsches Ding hast du da geangelt, Zutor." Zutor lachte und leckte sich die Lippen, den Schnauzer gleich mit. Marielle schrie und schlug um sich, doch die Hand in ihren Haaren war standhaft. In der zwischen Zeit hatte Tarjo sein Schwert gezogen und ballte die Fäuste.
"Lass sie los!" er deutete mit der Klinge auf Poups Sohn. Der lachte nur und packte Marielle am Hals. Sie keuchte und schnappte verzweifelt nach Luft. Die Situation hatte sich so schnell gewandelt. Sie hatte es noch nicht einmal realisiert.
"Was wollt ihr?" Sein Zorn auf Marielle hatte sich in Luft aufgelöst. Nur galt sein Hass den drei Kerlen.
"Was wollen wir, Jungs?" lachte Zultor und sah zu den anderen.
"Wir wollen eigentlich nichts ... naja, die Süße hier wäre nicht schlecht." Poups Sohn streckte seine Zunge raus und entblößte braune faulige Zähne. Er leckte Marielle über die Wange. Eine Träne lief der Nymphe übers Gesicht, die nahm er gleich mit. "Frischfleisch." rief er zutiefst befriedigt. Er nahm die Hand aus Marielles Haar und umfasste eine ihrer Brüste. "Diese Waldschlampen sind zum ficken gut, ich sag's euch."
"Wenn du nicht sofort deine dreckigen Hände von ihr nimmst, breche ich sie dir. Sofort!" Tarjo war zwar allein, doch er würde sich trotzdem allen dreien entgegenstellen. "Junge, lass die Dryade in Ruhe. Wir wollen keinen Streit. Komm schon, Jordan..." Poup redete seinem hässlichen Jungen gut zu. Der alte Mann schien nervös zu sein. Wahrscheinlich hatte er Angst, Angst vor der Dummheit seines Jungen. Dieser jedoch schien sich von seiner Mission nicht ablencken zu lassen.
"Willst du nicht teilen? Wir sind doch hier alle Brüder, oder etwa nicht?" um seine Aussage zu unterstreichen packte nun Marielles Kinn und drehte es zu Tarjo. "So ein süßes Gesicht. Was diese Lippen wohl alles machen können. Hast du sie schon ausprobiert? Wie war sie?" Tarjo wäre beinnahe auf ihn gestürzt, doch Zutor kam ihm zuvor. Die Faust der kräfigen Mannes schlug  heftig auf Jordans Schädel. Der Schlag streckte ihn nieder und Marielle fiehl mit ihm. Die Dryade wand sich wie eine Schlange und sprang auf. Ohne zu zögern eilte sie zu ihrem Beschützer. Es dauerte eine Weile, bis Jordan sich erholt hatte. Auf seiner Wange bildete sich schleichend ein dunkelblauer Bluterguss.
"Tut mir Leid Poup, aber dein Sohn dreht sonst durch. Der Junge muss noch viel lernen." Poup nickte und damit war die Sache erledigt. Zoltan wandte sich an Tarjo.
"Ich bitte vielmals um Verzeihung. Jordan ist noch grün hinter den Ohren. Er weiß nicht, was angebracht ist und was nicht." Zutor schien der Vernünftigste von den dreien zu sein. Doch Tarjo würde auf seine Freundlichkeit nicht hereinfallen.
"Wenn einer von euch Marielle noch einmal anrührt, töte ich ihn."
"Ich verstehe. Das hast du bereits klar gemacht, mein Freund---"
"Ich bin nicht dein Freund." unterbrach ihn der Söldner wütend. "Was wollt ihr?" eine Hand lag schützend um Marielles Taille, in der anderen hielt er sein Schwert. Er bereit, bereit für jede Auseinandersetzung.
Poup trat vor:" Wir waren auf der Straße unterwegs und haben eine Kutsche gefunden. Ihr Zustand war eher... unbrauchbar. Es waren keine Leichen da und wir haben uns Sorgen gemacht. Wir wollen unsere Brüder und Schwestern nicht ohne Schutz in diesem Wald lassen. Zum Glück haben wir dich gefunden. Aber ich frage mich, was du mit dieser Dryade machst. Warum ist sie bei dir?" er lächelte freundlich. Zu freundlich.
"Wir brauchen keinen Schutz. Geht und lasst uns alleine." er zog die Nymphe noch näher zu sich.
"Das ist aber Schade." schaltete sich Zutor wieder ein. "Wir haben uns viel Mühe gemacht, bei der Suche nach Überlebenden. Und jetzt willst du keine Hilfe. Das verletzt mich. Wie sieht es mit dir aus Poup?"
"Mich aus, Zutor. Mich auch." Poups Hand wanderte langsam zum Heft seines Dolches. Tarjo bemerkte es sofort. Der Dürre trat einen Schritt vor und seine Glubschaugen glänzten.
"Wir wollen nur helfen." versprach der Schnauzbart. Nichtmal ein naives Kind hätte ihnen geglaubt. Der Söldner bereitet sich auf einen Kampf vor und schob Marielle hinter sich. Die Nymphe zitterte am ganzen Körper, stille Tränen liefen ihr wie Wasserfälle über die Wangen. Sie wollte wegrennen, doch sie konnte nicht. Sie würde in Tarjos Nähe sicherer sein. Was wenn die Männer sie verfolgen würden? Deshalb blieb sie lieber wo sie war. Jordan kam auf die Beine und schüttelte den Dreck von seinen Kleidern. Er starrte Zutor kurz böse an, dann konzentriert sich der hässliche Junge auf Marielle. Mit dem Mund formte er eine ekelerregende Geste. Was für ein grässlicher Mann.
"Ihr wollt wirklich keine Hilfe?" fragte Zutor und legte ebenfalls die Hand auf einen Gegenstand am Gürtel.
"Nein." Die Situation hätte nicht angespannter und gefährlicher sein können.
"Verpisst euch!" Die Stimmer des Söldners klang eher wie ein Knurren.
"Das werden wir nicht tun... mein Freund..." Zutor zog sein Kurzschwert und... plötzlich sprang die Nympfe in die Luft und rief überglücklich. "Riàg'hor." Tarjo wusste nicht was es bedeutete, er konnte sich auch nicht auf dei Worte konzentrieren, dann im nächsten Moment sauste eine rießige Hand hinab und packte Poup. Die Hand sah nicht aus wie eine Hand, es waren eher Äste und Zweige. Knorrige finger umschlangen den dürren Körper im Ganzen. Das Knacken von brechenden Knochen war zu hören und ein bis ins Mark erschütternder Schrei. Danach landete Poup mit einem dumpfen Aufprall am Boden. Blut tränkte das karge Fundament der Straße.  Zutor machte auf der Stelle kehrt und wollte in den Wald fliehen, doch eine zweite Hand stürtze aus dem Wald auf ihn nieder. Er wurde ebenfalls in die Höhe gerissen. Er stach mit seinem Kurzschwert auf die Äste ein. Er versuchte es, doch bald lage neben Poup der leblose Körper des Schnauzbärtigen. Das laute knarren und knacken von Holz ertönte und ein riesiges Geschöpf trat auf die Starße. Es war im Wald beinnahe unsichtbar gewesen, doch jetzt erkannte Tarjo deutlich die baumähnliche Kreatur. Eine zweite stampfte aus dem Wald und bei jedem Schritt erzitterte die Erde. Tarjo fühlte sich so wehrlos, wie noch nie in seinem kurzen Leben. Seine Augen wanderten von Poup und Zutor zu den Baumwesen. Er würde sie Bestien nennen, hätten sie ihm nicht geholfen. Marielle klatschte fröhlich in die Hände und rief erneut: "Riàg'hor."  Sie wischte die Tränen weg und sofort liefen ihr neue übers Gesicht. Diesmal waren es Tränen der Freude. Eines der furchteinflößenden Baumwesen wollte nach Tarjo greifen. Der junge Mann sprang zurück und konnte gerade noch ausweichen. Er ging weiter Rückwärts und stolperte über Poups schlaffen Arm. Der Söldner fiel und landete in einer Blutlache. Er blieb sitzen, denn sein Erstaunen raubte ihm den Verstand.
"Nein!" rief Marielle und wedelte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit der Baumwesen zu erregen. "Lasst ihn. Bitte lasst ihn in Ruhe. Er hat mich gerettet. Er ist ein guter Mensch. Er ist.. ein Freund."
Und so schnell können sich Gefühle ändern.

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