10 - Rose

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Obwohl ich längst fertig mit allem war, schaute ich mich noch einmal genau um. Die Lichterketten waren angeknippst, die Küchenplatte geputzt, all die feinen Ketten die ich vor hatte zu tragen hingen um meinen Hals und der Tisch war gedeckt. Ein letztes Mal stellte ich mich vor den Spiegel, und spielte etwas nervös an den Armbändchen herum und strich sorgfältig über die weiße Bluse mit dem etwas spektakulären Ausschnitt.

Eigentlich gab es keinen Grund nervös zu sein. Es waren nur meine Eltern, Kai und das Sushi was ich selbst gemacht hatte. Aber was, wenn es ihnen nicht schmecken würde? Oder wenn meine Eltern Kai nicht mögen würden? Bevor ich noch einmal durch den Raum schlendern konnte um noch einmal alles durchzugehen, klopfte es. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es noch fast eine halbe Stunde war, bis ich die drei eigentlich eingeladen hatte. Das konnte aber eventuell auch ein Segen sein, und mich vor meiner Nervosität ablenken.

Zügig lief ich zur Tür und öffnete sie, um Kai davor zu sehen. Er stand da, in grauer Jogginghose und einem dreckigen weißen T-Shirt. Was zur Hölle war denn jetzt schief gegangen? Es ist arschkalt draußen!

Kai war bekifft. Er war komplett zugedröhnt. Nicht nur seine roten Augen verrieten das, sondern seine gesamte Körperhaltung. „Hey Baby.", sagte er und ging einfach an mir vorbei rein in die Wohnung. Nachdem er seine Schuhe in die Ecke gekickt hatte, und seine Sporttasche, die er mit sich trug, auf den Boden geschmissen setzte er sich auf die Couch (und zerstörte die Kissenanordnung). Ich konnte bloß Zwei Mal verwirrt blinzeln. Passierte das hier gerade wirklich? War er wirklich bekifft zu mir gekommen, an dem Tag wo er meine Eltern kennenlernen sollte? Ich meine, ich wusste, dass er oft, oder zumindest manchmal kiffte und das war auch etwas, neben den normalen Zigaretten, was mich von Anfang an, an unserer Beziehung genervt hatte. Seine Worte, dass er damit nicht einfach aufhören konnte aber dass er niemals vor mir komplett zugedröhnt sein würde, haben mich erstmal darüber hinwegsehen lassen. Doch das jetzt... Ernsthaft, was sollte das?!

Nachdem ich aus dem Shock-Stadium raus war, sagte ich laut, aber gefast: „Kai, was soll die scheiße!" Er zuckte mit den Schultern und schaute weiter ins nichts. „Lass mich doch.", sagte er schließlich. „Was soll das, lass mich doch?! Ist es das, was ich mit unserer Beziehung auch machen soll, Kai? Sie einfach lassen?" Nun sah er mich zum ersten Mal an diesem Abend richtig an. „Warum überreagierst du denn direkt so?", fragte er, und allein die Tatsache, dass er es sagte, ohne mit der Wimper zu Zucken und mit der Gelassenheit des Jahrtausends, brachte mich völlig zur Weißglut. „Was das soll?", fragte ich, mittlerweile schreiend. „Ich sag dir was das soll: der Tag heute ist für mich wichtig. Weil du mir wichtig bist und meine Eltern mir auch wichtig sind und ich will, dass sie dich mögen. Ich habe so viel Arbeit reingesteckt und du verhälst dich wie der größte Arsch des Jahres!"

Wieder starrte er nur gerade aus. Ich wusste nicht mal was ich tun sollte? Wie ging man mit einem festen Freund um der sich verhielt wie ein trotziger Teenager?

„Weißt du Rose, ich bin manchmal ein Arsch, damit musst du leben." Und damit griff ich ihn am Arm, zog ihn hoch und schleifte ihn ins Bad. Dort machte ich die Dusche an und stellte sie auf die maximale Kälte und machte mich schließlich daran, sein T-Shirt auszuziehen. „Oh Rose, jetzt auf einmal willst du mehr machen, oder wie?" Ich hätte ihm am liebsten eine gescheuert, doch konnte mich gerade noch beherrschen. „Zieh dich aus und geh unter die Dusche.", befahl ich. „Und komm ja nicht wieder bevor du nicht das Gefühl hast, dass sich in deinem Kopf nicht wenigstens ein bisschen was geändert hat." Frustriert verließ ich das Badezimmer. Ich hätte wirklich heulen könne. Ich konnte meinen Eltern ja nicht einfach absage, wollte ich ja auch gar nicht. Ich könnte aber Kai auch nicht einfach wegschicken. In meiner Verzweiflung ging ich zu seiner Sporttasche und wühlte eine Weile darin rum, bis ich eine zerknitterte Jeans fand, und ein noch faltigeres schwarzes Shirt. Das müsste gehen. Ich schmiss die Klamotten mit einem Handtuch ins Bad und hoffte, dass Kai nüchtern genug war, um zu verstehen, dass ich wollte, dass er das anzog.

when life gives you lemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt