20 - Monica

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Skeptisch betrachtete ich die Skizze vor mir. Alles daran störrte mich; die Farbe des Bleistiftes den ich benutzte hatte, der Körperbau der Firgur die ich gezeichnet hatte und dass es für mich so schien, als würde das Oberteil nicht so aussehen, als würde es richtig sitzen. Ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass das keine schlechte Skizze, und erst recht kein schlechter Entwurft war, und trotzdem hätte ich am liebsten nochmal komplett neu mit dem Entwurf angefangen, doch ich hatte keine Zeit.

Ich hatte für alles irgendwie viel zu wenig Zeit, oder auch gar keine Zeit. Schon jetzt schlief ich weniger als ich es gewohnt war, und auch wenn ich ganz damit aufhören würde (also mit Schlafen) würde ich es trotzdem nicht schaffen, all meine Verpflichtungen unter einen Hut zu kriegen und zufrieden zu sein. Die meiste Zeit verbrachte ich definitiv in der Boutique. Dort wartete immer irgendeine Aufgabe auf mich, und wenn sie nur daraus bestand, die Schaufensterpuppe neu Einzukleiden, oder Reisverschlüsse zu nähen. Hinzu kam natürlich die Uni. Oh mein Gott, die Uni. Schon bei dem Gedanken daran, fielen mir mindestens Zehn Themen ein zu denen ich mich noch informieren musste um auf dem neusten, und damit idealen Stand zu sein und Skizzen zu verschiedenen Themen die ich anfertigen müsste. Das bekam ich gerade so hin. Den sozialen Kontakt mit Mitschülern konnte ich aber komplett vergessen. Es war Ende Dezember und mittlerweile hatten sich die sozialen Gruppen gefunden, und meine soziale Gruppe bestand während der Uni aus mir, meinem Karamell Machiato und eventuell den Hausaufgaben die ich nachholen musste. Noch störrte es mich nicht richtig, was dem Punkt geschuldet war, dass ich kaum in der Uni war, doch es ist mir aufgefallen. Stefan war ja leider nicht an meiner Uni, sonst hätte ich wenigstens mit einem Freund prahlen können der nicht ausserhalb der Uni war, doch daraus wird wohl nichts. Die Stunden, die ich in dem kleinen Kino arbeitet, musste ich verkürzen woraufhin ich mir schon einen Vortrag von meiner Mum anhören musste. Denn für sie war das nur noch mehr der ultimative Beweis, dass Modedesign der falsche Weg war. (Ihr zu sagen, dass mein Zeitmangel dem geschuldet war, dass ich wertvolle Praxiserfahrung sammelte und schon Erfolg durch meine Präsentation hatte, verstand sie nicht.) Und leider fand ich neben den „Pflichtveranstaltungen", wie dem Wichteln, auch wenig Zeit für meine Freunde oder Sam.

Es glich überhaupt einem Wunder, dass ich mich jetzt gerade in Sams Wohnung befand. Allerdings war ich nur hier, weil Sam mich sozusagen aufgegabelt hatte. Am Freitag saß ich, über meine Hausaufgaben gelehnt, in einem Cafe auf dem Campusgelände als Sam vorbeikam und mich darüber informiert hatte, dass wir vor zwei Stunden eigentlich verabredet waren. Ich habe mich dafür so schlecht gefühlt und mich unzählige Male entschuldigt, doch Sam hatte mich nur in den Arm genommen, mir über die Haare gestrichen, und gesagt dass wir jetzt zu ihm gehen würden und er würde was leckeres Kochen. Während Sam kochte, saß ich vor meinen Büchern und lernte.

Das ging auch den ganzen Samstag so weiter, da hatte ich dann zum ersten Mal das Gefühl, wenigstens nicht mehr ganz so weit mit dem Stoff hinterherzuhinken, als ich einen E-Mail von einer Mitschülerin bekam, in der sie mir sagte, was die letzte Woche passiert ist. Und nun war Sonntag, kurz nach Mittag, und ich saß immer noch bei Sam und betrachtete meine Skizzen mit denen ich nicht zufrieden war.

Ein genervtes Stöhnen entkam mir, und ich schielte auf meinen Planer in den ich mir alle Aufgaben geschrieben hatte, um sie später abhaken zu können.

Ich spürte zwei Arme die sich von hinten um mich schlangen und ein Kuss auf meiner Wange. „Ich weiß ja, dass du super viel zu tun hast und ich bewundere dich wirklich für deinen Ehrgeiz", daraufhin hätte ich ihn gern unterbrochen und gesagt, dass das kein Ehrgeiz war, sondern einfach nur Angst von der Uni geschmissen zu werden, doch ich wartete lieber auf das Aber „aber wollen wir nicht vielleicht spazieren gehen oder so? Oder irgendwas anderes an der frischen Luft? Ich hätte auch noch ein Gutschein von einem Restaurant."

when life gives you lemonsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt