Teil 30: Traumata

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Ein wenig der Schwere, die sich noch eben in Liam's Gesicht befunden hat, verschwindet augenblicklich und macht einer Leichtigkeit platz, die alle etwas aufatmen lässt.
Bald wissen wir hoffentlich mehr und können diesen beschissenen Albtraum mit Füßen treten.

"Wir sind bald da und dann ziehe ich dir dafür die Eier lang", entgegnet Liam kopfschüttelnd und legt dann auf.

Kurz sieht er noch einmal mit gehobenen Mundwinkeln zu mir, greift sich das Snickers und zieht es dann vor wieder zu schweigen.

Das Einzige, das man eine Weile zwischen uns hört ist das Rascheln des Papiers und sein genüssliches Kauen.
Ich nehme mir das Mars und reiße die Verpackung mit meinen Zähnen auf, damit ich das Lenkrad nicht los lassen muss.

"Du hast dir doch nur das Snickers genommen, damit ich nicht wieder einen Grund habe zu denken, dass du langweilig bist", necke ich meinen Beifahrer bevor ich in meinen klebrigen Schokoriegel beiße.

Mit gehobener Augenbraue sieht er mich an.

"Was bitte ist an einem Mars langweilig?"

"Alles", entgegne ich ihm.

"Die schwarze Verpackung, die Tatsache, dass die Erfinder so unoriginell waren und ihr Produkt nach einem Planeten benannt haben anstatt sich etwas eigenes auszudenken und schlussendlich die Krönung, dass Schokolade und Karamell ein viel zu eintöntiges Geschmackserlebnis ist. Wo bleibt die salzige Überraschung?"

"Du bist wirklich unglaublich", äußert Liam, während er sanft mit dem Kopf schüttelt.

"Redest gerade ein sehr beliebtes Produkt an die Wand und kaust dabei genüsslich darauf herum. Wirklich sehr überzeugend."

"Heee", beschwere ich mich.

"Das verdammte Ding besteht fast nur aus Zucker und Schokolade. Wie sollte ich es nicht mögen?"

"Also heißt das doch eigentlich, dass DU langweilige Dinge magst nur weil sie lecker sind, oder?" schlussfolgert er und sieht mich erwartungsvoll an.

Das es in seiner Aussage nun nicht mehr nur um Süßigkeiten geht, hätte in diesem Moment sogar ein Blinder mit Krückstock bemerkt.

"Liam...ich...", beginne ich, werde allerdings von meinem Handy unterbrochen.

"Würdest du?" bitte ich ihn höflich und zeige dabei auf mein Handy, dass in der Mittelkonsole liegt.

Er nickt und greift es sich um rasch auf den grünen Hörer und den Lautsprecher zu drücken.

"Ja?" sage ich sofort.

"Mirabella, meine Güte. Wo zur Hölle steckst du?"

Natürlich. Meine Mutter.

"Hi Mum, schön von dir zu hören, nachdem ich - über zwei Stunden schon fort bin."

Ich triefe dabei vor Sarkasmus.

"Du bist nicht in der Position Scherze zu machen, Fräulein", giftet sie so agressiv, dass Liam sich ein Schmunzeln verkneifen muss.

"Ich mache keine Scherze", entgegne ich so ruhig ich kann.

"Deine Schwester meinte, dass du nur mit jemandem reden wolltest. Wo bist du?"

"In einem Auto."

"MIRABELLA!"

"Ja, Mum, ich weiß wie ich heiße."

Sarkasmus die Zweite. Check.

"Gott, ich dachte eigentlich, dass ich dich besser erzogen habe, aber dein Verhalten heute Abend ist ja nicht auszuhalten. Dein Vater wird abgrundtief enttäuscht von dir sein."

Bitter Vanilla LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt